Bettina Airaksinen
Der Maler JONATHAN OTTEN - vorgestellt von Bettina Airaksinen
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Ausstellung09.01.2010 - 03.02.2010
Wichtig ist ihm, wie erwähnt, die Farbe Weiss: die Farbe Gottes, der Vergebung, des Vergessens. Weiss, so sagt man, löscht die Vergangenheit aus. Was ihm nicht mehr wichtig erscheint am Ende des Malprozesses, wird damit wieder herausgenommen. Am Ende, das ist tatsächlich die Stärke seiner Malerei, die er nur mit wenigen besonders begabten Malern teilt, auf die ich noch zu sprechen komme, steht bei seinen Malereien sozusagen ein sela, denn es wirkt alles so, als müsste es so sein, hätte nie anders sein können.
Seine Malerei spricht auch zu Menschen aller Kulturen und Religionen, jeder versteht sie. Sie baut keine Schwellen auf, obwohl sie auf viel Überlegung gründet. Vielleicht wirkt sie deshalb am Ende so geschlossen, so stimmig. Den gesamte Hintergrund seines, wie er es selbst nennt „spirituellen“ Schaffens kann ich hier nicht benennen, aber einiges anklingen lassen, was ihm zur Inspiration dient.
Jonathan Otten beschäftigt sich, um nur ein Gebiet herauszugreifen, mit Reimundus Lullus, dem 1234 auf Mallorca geborenen und 1315 nach Folter und Kerkerhaft gestorbenen gelehrten Scholastiker und Erfinder, dessen später so benannte „lullische Kunst“ der Zahlenkombinations - mystik bei Juden und Mohammedanern zu seinen Lebzeiten keinerlei Anklang fand, jedoch später von Papst Sixtus IV, Reuchlin und Knorr von Rosenroth aufgegriffen und zum Gegenstand ernster Forschung gemacht wurden und so dem Christen – und Judentum doch noch nahe gebracht wurden. Diese Forscher gründeten auch auf der jüdischen Kabala, die ebenfalls eine reiche Zahlenmystik tradierte.
Die Kabala (hebräisch: Überlieferung) bedeutet die von Gott empfangene Lehre, die in talmudischer Zeit neben dem schriftlichen Gesetz der Juden bestehende und Tradition der mündlichen Überlieferung, auch die halachische Tradition genannt.
Später verstand man darunter nur noch die mystische Religionsphilosophie des jüdischen Mittelalters, die aus der älteren Geheimlehre hervorging und sich vom 13. Jahrhundert nach Christus an zu einem eigenen System herausbildete. Mystisch unter anderem deshalb genannt, weil das Aussprechen gewisser Worte – wozu auch die Nennung besonders verschlüsselter Zahlen gehörte – Wundertaten vollbringen sollte.
Athanasius Kircher, Bischof Bruno und vor allem Leibnitz billigten diese Quellen der Weisheit dem Grunde nach. Reimundus Lullus hatte bereits eine merkwürdige Beweis - Maschine konstruiert, welche mystische Zahlentheorie und orientalische Kabala zusammenbrachte, um „unwiderlegliche Ergebnisse“ hervor - zubringen. Leibnitz` Erfindung, hiervon angeregt, beruhte auf einer mechanischen Methode, durch systematische Kombination der allgemeinen Grundbegriffe der aristotelischen Kategorien und scholastischer Postpredikamente, die unfehlbare Lösungen für allgemeine wissenschaftliche Aufgaben finden sollte.
Aus all dem Denken, Pröbeln und Verwerfen entstand bei Leibnitz doch noch ein weltanschaulich unverdächtiges und höchst nützliches Instrument: die erste Rechenmaschine der Welt mit den vier Grundrechenarten... Und bei Jonathan Otten, was ist bei ihm das Resultat von alledem, so möchte man fragen?
Nun, Sie können es hier in kleiner Auswahl sehen: wunderbar geschlossene Malerei.
Soll man nun einen jungen Künstler „einordnen“, soll man nach Parallelen und Affinitäten suchen, ihm mit anderen Malern vergleichen? Nun, nur wenn es wirklich solche Parallelen gibt und wenn deren Benennung zu seinem Besten ist und seine Bedeutung unterstreicht. Im Katalog zur Ausstellung moderner Kunst auf der Antikes 2009 habe ich über ihm geschrieben, man möge ein Auge auf ihn haben, denn er werde einmal ein grosser Maler. Es gibt keinen Anlass, hiervon etwas zurückzunehmen.
Mit Peter Stein (der übrigens 1948 an die Freie Akademie Den Haag ging) hat Jonathan Otten einen ähnlich freskohaften Farbauftrag gemeinsam, mit dem fantastischen Genfer Jean – Francois Liegme seine ebenso mutig wie sicher gebauten Flächenkompositionen bei höchst lebendiger Pinselführung, mit dem Basler Marcel Schaffner dessen textil anmutenden, im ganzen mural wirkenden Farbverschrappungen und -überdeckungen, mit Hammam Jedidi das Leichte über dem Festen, das Tiefe über dem Schwebenden: alles sehr geistige Künstler, die nicht vom Gegenständlichen abstrahierten, sondern, unter Zuhilfenahme einfacher und konventioneller Malzutaten, geistig - spirituelle Wahrnehmungen abstrahierend materialisierten.
Auch mit bedeutenden deutschen Malern finden sich auffällige Affinitäten, die man, da er seinen „Mentoren“ und Kongenialen nie begegnet ist und mit ihnen auch in keinem Austausch stand, wohl nicht anders erklären kann, als mit einem urtümlichen bildnerischen Talent, das sich in jedem seiner Werke Bahn bricht.
Fritz Winters frühe Kompositionen, die heute 250 000.- Euro bringen – Otten hat ihn eingeholt. Oder man betrachte nur einmal Host Antes` „Hiob“ von 1960 oder seine Malerei „Braut – für Lucas Cranach“ aus demselben Jahr, - man wird sprachlos sein.
Zu dieser Zeit hatte Antes sich noch nicht figurativ maniriert, war als Erschaffer dieser wunderbaren Bilder schwer auszumachen. Die mentalen Quellen sprudelten noch unkanalisiert, ganz wie bei Jonathan Otten.
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British Museum, London Rembrandt Werke "Schlafende junge Frau" 1655/56 "Bildnis...
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09.01.2010 - 03.02.2010