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Nude Visio

Nude Visions. 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie

Nude Visio

Das Abbild des unverhüllten menschlichen Körpers strahlt seit jeher eine große Anziehungskraft aus. Die Ausstellung Nude Visions lädt den Besucher ein zu einer Reise durch eine Sammlung von Körperbildern aus 150 Jahren. Zu sehen sind mehr als 250 Originalfotografien, Bücher und Mappenwerke mit gedruckten Aktstudien, darunter Meisterwerke aus jeder Epoche: Von Fotografien aus dem 19. Jahrhundert, die sich an Vorbildern der Antike und Renaissance orientieren, bis zu surrealistischen Experimenten und der Mode- und Lifestyle-Fotografie. Die Ausstellung illustriert den Wandel von Schönheitsidealen und Moralvorstellungen und offenbart einmal mehr die stetige Gratwanderung zwischen Aufklärung, Anregung und Schaulust.

Franz Hanfstaengl Eugenie von Klenze, um 1855 26,5 x 20,9cm, Salzpapier Münchner Stadtmuseum

„Ohne Zweifel vermag nichts den Blick so auf sich zu lenken, wie der nackte menschliche Körper". Diese Äußerung des Fotojournalisten Kurt Freytag von 1909 hat bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Die Ausstellung macht sich diesen Umstand zunutze und beschäftigt sich mit der historischen, ästhetischen und weltanschaulichen Entwicklung von Körperbildern in der Fotografie. In sieben Kapiteln widmet sich die Schau der Bedeutung und der Funktion des unverhüllten menschlichen Körpers in der Fotografie und erzählt die Geschichte des Mediums: „Akademien und Exotik des 19. Jahrhunderts", „Kunstfotografie um 1900 (Piktoralismus)", „Avantgarden der 20er und 30er Jahre", „Künstlerische Positionen nach 1945", „Freikörperkultur", „Der männliche Akt" und „Der Glamourakt". Erste kolorierte Daguerreotypien wohlgerun-deter Damen mit geröteten Wangen von 1855 treffen auf die ungeschönte voyeuristische Selbstdarstellung des Fotografen Frank Stürmer von 2004. Diese beiden Fotografien markieren die Eckpfeiler der Ausstellung, die anhand von mehr als 250 bedeutenden Werken den Wandel der Aktfotografie über sechzehn Jahrzehnte beleuchtet.

Aktfotografie ist immer auch ein Verhandeln zwischen Zeigen und Verhüllen. Die Ausstellung offenbart die Ambivalenz des Sichtbaren und des Unsichtbaren, der Scham und der Schaulust, der Legitimation und der Provokation. Der Umgang mit Nacktheit ist eng geknüpft an die jeweilige gesellschaftliche Situation, die Moralvorstellungen und an das Schönheitsideal einer Epoche. Das Motiv des Aktes bewegt sich dabei immer zwischen der kunsthistorischen Tradition und der Reaktion auf zeitgenössische Impulse, die durch den Fotografen interpretiert werden. So führt beispielsweise die Emanzipationsbewegung der Frauen zu neuen Sichten auf den weiblichen wie männlichen Körper, etwa im Werk von Herlinde Koelbl. Was am Anfang des 20. Jahrhunderts noch Anstoß erregte, moralische Bedenken und heikle Debatten auslöste, treibt heute kaum noch einem Zeitgenossen die Schamesröte ins Gesicht. Nicht nur die Motive haben sich verändert, auch die Reproduzierbarkeit der Bilder und ihre Verbreitung in Medien nehmen Einfluss auf die Wahrnehmung und Bedeutung von Nacktheit in der Gesellschaft.

Am Anfang der Geschichte der Aktfotografie stehen die so genannten „Akademien", die im 19. Jahrhundert Malern, Zeichnern und Bildhauern als Studienvorlagen dienten und sich an kunsthistorischen Vorbildern der Antike und Renaissance orientierten. Zunehmend emanzipierte sich die Aktfotografie aber bald von der bloßen Vorlage für die Malerei und Skulptur und entwickelt eigene künstlerische Ambitionen: In der symbolistisch geprägten Kunst des FindeSiècle entdecken Fotografen den Akt als Abbild von Seelen-stimmungen und Sehnsüchten. Im naturwissenschaftlich orientierten ausgehenden 19. Jahrhundert diente der menschliche Körper zu Bewegungsstudien, wie bei den berühmten Serienaufnahmen des menschlichen Bewegungsablaufs von Eadweard Muybridge.

Während am Anfang der Fotografie historisch inszenierte Szenen und Arrangements noch im geschützten Atelier entstehen, entstehen nach 1870 die ersten Freilichtakte. Wilhelm von Gloeden, Guglielmo Plüschow und andere nutzen das Licht im mediterranen Süden, um ihre Visionen eines irdischen Arkadien zu inszenieren. Im Zuge der Lebensreform-Bewegung seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, die vor allem in Deutschland immer mehr Zuspruch findet, entwickelt sich die Aktfotografie zum Reklameträger der Freikörperkultur. Die ornamental angelegten Reigen nackter Körper, die beispielsweise Gerhard Riebicke vorzugsweise in der heimischen Landschaft aufnimmt, werden zum Symbol für die Befreiung von den moralischen Zwängen der Zivilisation und Industrialisierung. Die Ästhetik des athletischen Körpers in sportlicher Betätigung oder tänzerischer Bewegung geht über in das heroische Körperideal des National-sozialismus und findet sich später wieder im Körperkult des Bodybuilding.


Ausstellung






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