Rupertinum
Auf/Bruch. Vier Künstlerinnen im Exil
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Ausstellung01.07.2017 - 29.10.2017
Das Museum der Moderne Salzburg startet eine Reihe über Künstler_innen mit Exilhintergrund, die wiederentdeckt und neu positioniert werden sollen. Unter dem Titel Auf/Bruch werden in der ersten Ausstellung drei Fotografinnen – Ellen Auerbach, Grete Stern und Elly Niebuhr – sowie die Künstlerin und Pädagogin Friedl Dicker- Brandeis vorgestellt.
Salzburg, 30.6.2017. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verließen Tausende von Kulturschaffenden Deutschland, ab dem „Anschluss“ 1938 auch Österreich. Die unfreiwillige Auswanderung bedeute- te für die Exilant_innen nicht nur Verlust und Isolation, sondern auch die Notwendigkeit, unter völlig neuen Bedingungen zu arbeiten und sich gleichsam neu zu erfinden. Während sich die vier aus jüdischen Familien stammenden Künstlerinnen Ellen Auerbach, Grete Stern, Elly Niebuhr und Friedl Dicker-Brandeis, die alle im Bereich der Gestaltung tätig waren, in ihren jeweiligen Disziplinen professionalisierten, wurden sie durch die Emigration zu beruflichen und persönlichen Neuanfängen gezwungen. Teils durch die Umstände genötigt, teils aus dem Bedürfnis heraus, das Erlebte zu verarbeiten, entwickelten sie im Exil jeweils eine neue künstlerische Sprache.
„Nach der Auseinandersetzung mit dem Werk von Charlotte Salomon in Leben? Oder Theater? (2015) und der Beschäftigung mit Formen des ästhetischen und politischen Exils in der Ausstellung Anti:modern (2016) rücken wir mit dieser Ausstellungsreihe weitere Künstlerinnen mit Exil- hintergrund in den Fokus“, erläutert Sabine Breitwieser, Direktorin des Museum der Moderne Salzburg. In der Ausstellung sind rund zweihundert Werke zu sehen, die verdeutlichen, wie unterschiedlich der Auf/Bruch ins beziehungsweise im Exil bewältigt wurde. Die ausgestellten Arbeiten umspannen die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg bis zu den 1960er-Jahren und dokumentieren somit die Zeitgeschichte mehrerer Jahrzehnte. Die Ausstellung begleitet die vier Frauen gleichsam auf den Stationen ihres Exils und breitet ihre künstlerischen Biografien im Spannungsfeld von Einschrän- kung und Entfaltung, Verlust und Inspiration aus. „Die Ausstellung zeigt exemplarisch, dass sich Exil und Emigration im Werk von Künstler_innen durch Diskontinuität, Verluste, Auf- und Abbrüche und fremdbestimmte Neuanfänge abzeichnen“, so Kuratorin Christiane Kuhlmann. „Ein gutes Beispiel für den Wandel der Bildsprache durch das Exil ist das Werk von Friedl Dicker-Brandeis. Beeinflusst von der Psychoanalytikerin Annie Reich wechselte sie auch das Medium: Auf die Architektur-, Möbel- und Textilentwürfe der 1920er-Jahre folgte jetzt figurative Malerei, in der sich die Exilerfahrung niederschlägt“, erläutert Kuratorin Beatrice von Bormann.
Grete Stern (1904 Elberfeld, DE – 1999 Buenos Aires, AR) und Ellen Auerbach (1906 Karlsruhe, DE – 2004 New York, NY, US) begannen ihre fotografische Karriere in Berlin. Beide absolvierten nach einem klassischen Kunststudium eine fotografische Ausbildung im Berliner Atelier von Walter Peterhans, der später als erster Professor für Fotografie ans Bauhaus in Weimar berufen wurde. Gemeinsam gründeten die beiden Frauen 1929 das Studio ringl+pit, das sich auf Werbefotografie spezialisierte und trotz der unkonventionellen Bildsprache in diesem Bereich etablierte. 1933 gingen sie ins Exil, Auerbach über Tel Aviv nach New York, Stern zuerst nach London, dann 1936 nach Buenos Aires. Dort waren sie jeweils auf sich allein gestellt und entwickelten neue Arbeitsformen, um zu überleben. Die Bandbreite der gezeigten Arbeiten aus dem Museum Folkwang in Essen reicht von der frühen Werbefotografie über Porträtaufnahmen bis hin zu zwei besonderen Fotoserien: Die von 1948 bis 1952 entstandene Serie der Sueños, Fotomontagen für eine argentinische Frauenzeitschrift, zeugt von Grete Sterns intensiver Beschäftigung mit Ängsten von Frauen und deren gesellschaftlicher Rolle. Ellen Auerbach hingegen setzt sich in ihrer Serie Mexican Churches (1954) mit der Atmosphäre katholischer Kirchen in Mexiko auseinander. Ihr technischer Rückgriff auf die Methode des Carbrodrucks, ein damals bereits veraltetes und handwerklich schwieriges Farbdruckverfahren, lässt die Darstellungen von Christus- und Märtyrerfiguren besonders drastisch erscheinen.
Friedl Dicker-Brandeis (1898 Wien, AT – 1944 Auschwitz, PL) betrieb nach ihrer vielseitigen Ausbildung, unter anderem in den Werkstätten am Bauhaus in Weimar, ein erfolgreiches Atelier für (Innen-)Architektur in Wien, zeitweise gemeinsam mit dem Architekten Franz Singer. Zahlreiche Entwürfe ihrer innovativen Raumlösungen, wandelbaren Möbel und Textilien sind in der Ausstellung zu sehen. Der Einfluss der reformpädagogischen Bewegung auf ihre Arbeit wird in dem Phantasius-Spielzeugkasten (um 1925) mit hölzernen Einzelteilen zum Zusammensetzen von Tieren erkennbar. Dicker-Brandeis, die 1931 der kommunistischen Partei beigetreten war, wurde 1934 inhaftiert. In den beiden Gemälden Verhör I und Verhör II (1934–1938) verarbeitete sie dieses Erlebnis. Im selben Jahr floh sie nach Prag und wandte sich der realistischen Malerei und dem Kunstunterricht für Kinder zu. Ihre letzten Arbeiten entstanden im Konzentrationslager Theresienstadt. 1944 wurde Dicker-Brandeis nach Auschwitz deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.
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01.07.2017 - 29.10.2017
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