digitalen Revolution
Korakrit Arunanondchai (Bangkok, 1986)
„Vor der digitalen Revolution wurden Bilder und Spuren der Vergangenheit als Erinnerungen bezeichnet. Sie spiegelten Momente wider, die wir tatsächlich erlebten und bezogen sich auf Erfahrungen, die wir in der Realität machten. Heute wird unsere Erinnerung vor allem von Bildern geprägt, die über elektronische Kommunikationsmedien geteilt und verbreitet werden.“
Nicolaus Schafhausen
Das Museion präsentiert die erste Einzelausstellung von Korakrit Arunanondchai (Bangkok, 1986) in Italien. Im Zeichen von Buddha und auch Steve Jobs: Im multidisziplinären Schaffen des thailändischen Künstlers mischen sich mit großer Selbstverständlichkeit Vergangenheit und Gegenwart, Phantasie und Wirklichkeit, Wissenschaft und Spiritualität. Die Rezeption der westlichen Kunstgeschichte und – vor allem – die individuelle und kollektive Erinnerung in der Epoche digitaler Kommunikation sind die Themen, mit denen sich dieser Künstler auseinandersetzt. Der Standpunkt ist dabei der eines „digitalen Eingeborenen” und kulturellen Emigranten aus Thailand, das Arunanondchai 2009 in Richtung USA verlassen hat.
Korakrit Arunanondchai studierte an der Rhode Islad School of Design (2009) und an der Columbia University (2012) und war mit seinen Arbeiten in vielen Gruppenausstellungen vertreten, wie im Sculpture Center in New York, oder im Institute of Contemporary Arts in London. Einzelausstellungen zeigte er – unter anderen – im Palais de Tokyo (Paris, 2015) und im MoMa PS1 (New York, 2014). Kurz nach der Eröffnung der Ausstellung im Museion nimmt Korakrit Arunanondchai ab dem 04/06 an der renommierten Berlin Biennale (bis zum18/09) teil. Bis zum 05/06 ist er auf der Sydney Biennale vertreten.
Die Ausstellung wird im Erdgeschoss des Museion mit drei großen History Paintings (Poetry Floor) eröffnet, Gemälden auf Jeansstoff, die der Künstler in mehreren Schritten bearbeitet hat, indem er unter die Oberfläche aus Jeansstoff einen Digitaldruck legte, der die Leinwand während eines Verbrennungsvorgangs zeigt. In diesen prozesshaften Arbeiten mischen sich Verweise auf den abstrakten Expressionismus mit den Verfahren der digitalen Kunst in der Ära von Photoshop – und das alles wird von einem Künstler umgesetzt, der das Malen mit Microsoft Paint gelernt hat.
Der Parcours setzt sich mit Videos und Installationen fort und darunter befinden sich im vierten Stock des Museion auch bislang unveröffentlichte Arbeiten. Dabei schafft der Künstler eine mitreißende und ergreifende Atmosphäre: Dank besonderer Folien verwandeln sich die Glasfassade und die Deckenbeleuchtung in bunte Oberflächen, die den gesamten Ausstellungsraum in Rot, Gelb und Blau einfärben. Die gleichen Farben setzt der Künstler in seiner von den boop painters (Busen-Maler) der thailändischen TV-Show „Thailand’s got Talent” inspirierten Bodypainting-Installation ein.
Die Ausstellung dreht sich um das auf einer großen led wall projizierte Video Painting with History in a Room Filled with Men with Funny Names 3, das den Raum dominiert. Das Video stellt den Epilog einer 2012 von Korakrit Arunanondchai begonnenen Arbeit dar und ist daher Teil einer Serie – eine Art Bildungsroman über die Lehrjahre eines Künstlers, der seine Bilder auf Leinwänden aus Jeansstoff malt (The Denim Painter) und damit ein fiktives Double des Künstlers.
Die Figur wird von der Globalisierung geformt, vereinigt in sich aber gleichzeitig die soziale und spirituelle Realität Thailands. Zwischen Fiktion und Wirklichkeit, sowie orientalischer und westlicher Ästhetik verläuft ein Weg der Wiedergeburt, der Suche und der Läuterung. Der Rhythmus und die Art des Ausdrucks sind die des Videoclips. In der „Erziehung“ der Hauptfigur spielt die Auseinandersetzung mit den Meistern der Malerei des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle und reicht daher vom westlichen abstrakten Expressionismus von Jackson Pollock bis zu den Anthropometrien von Yves Klein, über die thailändische Moderne, bis zur Gruppe Gutai aus Japan.
Es ist kein Zufall, dass die funny names, auf die sich der Titel dieser Arbeit bezieht, sowohl die Namen westlicher Künstler sind, deren Aussprache für orientalische Ohren einen merkwürdigen Klang annimmt, als auch die Namen thailändischer Künstler, die für Menschen aus dem europäischen und amerikanischen Kunstbetrieb unaussprechlich sind. In einem raffinierten Spiel mit Aneignungen und Remix-Verfahren wird die westliche Malerei somit „aufgesaugt” und dabei jeder Sakralität entkleidet.
Auf den gleichen Themenbereich bezieht sich auch der lange Ausstellungstitel „Painting with history 3 or two thousand five hundred and fifty nine years to figure stuff out“ (Malen mit der Geschichte 3 oder 2559 Jahre, um das Zeug zu verstehen). Die Jahreszahl bezieht sich auf den buddhistischen Kalender, dessen Jahr 1 dem Jahr 543 v. Chr. des gregorianischen Kalenders entspricht. Das „buddhistische“ Jahr 2559 entspricht also dem „westlichen“ Jahr 2016, in dem die Ausstellung in Bozen stattfindet.
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Dienstag bis Sonntag: 10.00 – 18.00 Uhr
Donnerstag: 10.00 – 22.00 Uhr / Freier Eintritt: 18.00 – 22.00 Uhr / Gratisführung: 19.00 Uhr
Kunstgespräche: Samstag und Sonntag, 14.00 – 18.00 Uhr
Ruhetag: MontagEintrittspreise
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