FERDINANDEUM
Nur Gesichter? Porträts der Renaissance
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Ausstellung13.05.2016 - 28.08.2016
Ob Kaiser oder Reformator, Akteure des Schwazer Bergbaus oder wohlhabende Bürger des 16. Jahrhunderts – sie alle sind zeitlos gegenwärtig durch ihre Porträts. Wie ihre Gesichter tatsächlich ausgesehen haben, wissen wir nicht. Wir kennen ihre Züge nur durch Bilder, die ein Wechselspiel entfalten, zwischen Anspruch und sozialer Wirklichkeit, zwischen Maske und Gesicht. „Nur Gesichter?“ veranschaulicht, wie Bildnisse in der beginnenden Neuzeit als Instrument der Selbstinszenierung genutzt wurden. Die Ausstellung lässt die Aura der längst vergangenen Präsenz der Reichen und Mächtigen der Renaissance wieder aufleben.
INNSBRUCK. Der Humanist Erasmus von Rotterdam verglich das Leben mit einem Schauspiel, in dem jeder eine Maske trägt oder eine Rolle spielt. In diesem Sinne wird das Ferdinandeum während der großen Ausstellung „Nur Gesichter? Porträts der Renaissance“ zur Bühne. Im Rampenlicht der Schau im Ferdinandeum stehen die Werke bedeutender Künstler: Bernhard Strigel gilt als der wichtigste Porträtist Kaiser Maximilians I., während Jakob Seisenegger als Hofmaler Ferdinands I. Ruhm erlangte. Hans Maler fand am Innsbrucker Hof und in Schwaz einen zahlungskräftigen Kundenkreis. Die Bildnisse von Marx Reichlich spiegeln die Brixner Gesellschaft um 1500 wider.
„Die Schau im Ferdinandeum thematisiert kultur- und sozialgeschichtliche Aspekte des frühneuzeitlichen Porträts und zeigt, dass die Renaissance zentrale Weichen für die folgenden Jahrhunderte gestellt hat“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. Daher habe er vor drei Jahren die Bitte an die Kolleginnen geäußert, diesen Bestand pointiert in einer Ausstellung aufzubereiten. Er fährt fort: „Die Tiroler Landesmuseen verwahren und pflegen einen großartigen Renaissance-Bestand, der in großem Umfang in dieser Ausstellung gezeigt wird. Aber das Thema ist zu groß, um es nur mit einem Museumsbestand zu bearbeiten. Ich bedanke mich bei den vielen Museen und Privatsammlungen im In- und Ausland, die dieses Projekt mit hochkarätigen Leihgaben unterstützen.“
Selbstinszenierung
In der Renaissance erlebte das Porträt seine erste Hochkonjunktur. Durch die Abkehr vom religiös motivierten Stifterbildnis des Mittelalters gewann das autonome Porträt als eigenständige Bildgattung in der Frühen Neuzeit zunehmend an Bedeutung. Regenten, Adelige und Patrizier gebrauchten ihr Bildnis als wirksames Mittel der Selbstinszenierung. Durch Kleidung, Schmuck, Wappen und Inschriften unterstrichen sie ihren gesellschaftlichen Rang. Die Requisiten dienten der Ausstaffierung des Selbst. Auftraggeber und Maler spielten eine wichtige Rolle in diesem Jahrmarkt der Eitelkeit. Die Renaissance-Porträts zeigen keine authentischen Gesichter, vielmehr spiegeln sie soziale Normen und Erwartungshaltungen wider. Sie vermitteln das komplexe Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in Zeiten höfischer Herrschaft und kirchlicher Vormundschaft. „Die Bilder zeigen, was ihre Auftraggeber wollten: Geltung, Erinnerung und Präsenz. Durch Gesichtsausdruck, Haltung, Pose und Requisiten unterstrichen sie ihre Macht und Position in der Gesellschaft“, betont Mag. Claudia Mark, Kuratorin der Ausstellung. Die Selbstinszenierung wurde bis in den Tod und darüber hinaus betrieben. Ein in Kupfer gestochenes Porträt des toten Martin Luther und das im Ferdinandeum befindliche Totenbildnis Kaiser Maximilians I. veranschaulichen, dass Bilder des „letzten Gesichts“ stets auch politische Aussagen transportieren.
Zahlreiche Exponate und bedeutende Künstler
Die rund 130 in der Schau ausgestellten Werke, darunter 52 Gemälde, 24 Druckgrafiken, Zeichnungen, Schmuckstücke, Münzen sowie Porträtmedaillen, stammen von vorwiegend in Tirol tätigen und süddeutschen Künstlern wie Jakob Seisenegger, Marx Reichlich, Hans Maler, Bernhard Strigel, Albrecht Dürer, Hans Burgkmair dem Älteren, Christoph Amberger, Jörg Breu dem Älteren, Hans Wertinger oder Lucas Cranach dem Älteren und dem Jüngeren. Die Bestände der Tiroler Landesmuseen werden durch Leihgaben bedeutender Museen und Privatsammlungen ergänzt. Gezeigt werden Werke aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem Courtauld Institute of Art in London, dem Kunsthistorischen Museum Wien, der Albertina, dem Belvedere, dem Städel Museum in Frankfurt a. Main, der Staatsgalerie Stuttgart oder der Staatlichen Graphischen Sammlungen in München.
Das Abbild des Brixner Domherren Gregor Angrer aus der Sammlung der Tiroler Landesmuseen ist eines der ausdrucksstärksten Porträts der Ausstellung. Die Gesichtspartie mit den prägnant blickenden Augen und dem fest geschlossenen Mund unterstreicht den Charakter des Dargestellten. Das Werk Marx Reichlichs wirkt lebendig und tritt in einen Dialog mit dem Betrachter. Reichlich agierte um 1500 vor allem in Brixen. Er ist noch mit weiteren Werken in der Ausstellung vertreten – u. a. mit der „Dame mit Maiglöckchen und Stiefmütterchen“, eine Leihgabe der Coutauld Gallery. Reichlich war der begehrteste Porträtmaler der vermögenden Brixner Bevölkerung. Der ursprünglich aus Schwaben stammende Hans Maler ließ sich um 1510 dauerhaft in Schwaz nieder. Er konnte von dort aus zwei Kundenkreise bedienen. Er malte in Schwaz, wo sich eine reiche Bergbauelite etabliert hatte, die ihrem neu erworbenen Reichtum und ihrem sozialen Aufstieg mittels Porträts Ausdruck verleihen wollte. Maler war aber auch am Innsbrucker Hof angesehen und fertigte zahlreiche Porträts für die Habsburger an. Er porträtierte einige der mächtigsten Persönlichkeiten Europas, die mit ihren Porträts in der Ausstellung vertreten sind: Ferdinand I. von Österreich, Anna von Ungarn, Anton Fugger, den Leiter eines weltweit agierenden Handelsunternehmens und reichsten Mann der Welt.
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13.05.2016 - 28.08.2016
FERDINANDEUM
Archäologie, Kunst vom Mittelalter bis in die Gegenwart, Musikinstrumente
DI - SO, 9 - 17 UHR
BIBLIOTHEK DI - FR, 10 - 17 UHRMUSEUMSTRASSE 15
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