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Restitution von einem Gemälde und zwei Skulpturen an die Erbinnen und Erben nach Jakob Goldschmidt

RESTITUTION VON EINEM GEMÄLDE UND ZWEI SKULPTUREN AN DIE ERBINNEN UND ERBEN NACH JAKOB GOLDSCHMIDT
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und das Bayerische Nationalmuseum haben ein Gemälde von Hans Wertinger (Pfalzgraf Philipp, Bischof von Freising, Inv. Nr. 12030) und zwei Nürnberger Skulpturen aus dem 16. Jahrhundert (Holzstatuetten „Adam und Eva“, Inv. Nr. 53/137 und 53/138) an die Erbinnen und Erben nach dem Berliner Bankier und Unternehmer Jakob Goldschmidt (1882 – 1955) restituiert. Das Gemälde war 1953 als Überweisung aus ehemaligem NS-Kunstbesitz an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen überwiesen und die Skulpturen waren im gleichen Jahr vom Bayerischen Nationalmuseum im Tausch erworben worden.

DER SAMMLER JAKOB GOLDSCHMIDT
Jakob Goldschmidt war in der Weimarer Republik einer der einflussreichsten Bankiers und galt als ein „Mittelpunkt der Finanzwelt“. Davon zeugten seine Stellung als maßgebendes Vorstandsmitglied der bedeutenden Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank) sowie die Mitgliedschaft in zeitweise über 100 Aufsichtsräten. Seit dem ersten Weltkrieg sammelte Goldschmidt Kunst in großem Umfang und er konnte eine bedeutende Kunstsammlung aufbauen. Als Mäzen unterstützte er die Berliner Museen und förderte die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Er stattete sein Landhaus in der Potsdamer Villenkolonie Neubabelsberg, das er 1921 erbauen ließ, mit zahlreichen Kunstwerken aus. Zudem erwarb Goldschmidt 1929 eine Villa in der Berliner Matthäikirchstraße, in der sich ebenfalls zahlreiche Kunstwerke befanden. Nachdem die Danat-Bank im Zuge der Weltwirtschaftskrise im Sommer 1931 zusammenbrach, wurde Goldschmidt von den Nationalsozialisten für die folgende Bankenkrise (mit-)verantwortlich gemacht. Im April 1933 musste er zunächst in die Schweiz emigrieren. Von dort floh er 1936 nach New York. Goldschmidt erlitt in Folge erhebliche finanzielle Nachteile, u.a. durch die Verpflichtung zur Zahlung der Reichsfluchtsteuer in Höhe von über 1,8 Millionen Reichsmark. 1940 wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit abgesprochen, ein Jahr später sein in Deutschland verbliebenes Vermögen von den Nazis eingezogen. Nur Teile seiner Kunstsammlung konnte er mit Unterstützung von Fritz Thyssen zunächst ins Ausland retten. Der Rest der Sammlung, der zwischenzeitlich auch als Kreditsicherheit verwendet wurde, verblieb in Deutschland und wurde dort insbesondere in zwei Auktionen 1936 und 1938 versteigert.

ZUR WEITEREN PROVENIENZ DER WERKE
Das Gemälde von Hans Wertinger hatte Julius Streicher, Gauleiter für Mittelfranken, bei dem Frankfurter, von Arthur Kaufmann geführten Auktionshaus Hugo Helbing im Juni 1936 erworben. Bei dieser Auktion kamen rund 300 Werke aus der Sammlung Goldschmidt anonym als „Kunstbesitz eines Berliner Sammlers“ zum Aufruf. Darunter waren auch die Skulpturen, die jedoch nicht verkauft wurden. Nach Kriegsende stellten amerikanische Streitkräfte das Gemälde von Wertinger im Haus von Julius Streichers Bruder Max Streicher im bayerischen Deggendorf sicher und verbrachten es zunächst in das nahegelegene Schloss Egg. Am 2. Oktober 1946 überführten sie das Werk in den Central Collecting Point nach München. Da kein Restitutionsantrag gestellt wurde, konnte sich der Freistaat Bayern das Gemälde 1953 auf Grundlage der alliierte Kontrollratsdirektive Nr. 57 vom 15. Januar 1948 zu Eigentum übertragen und danach an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen überweisen. Die 1936 nicht verkauften Skulpturen wurden im März 1938 vom Auktionshaus Lempertz in Köln erneut angeboten. Als nächste Provenienz ist der Kunsthändler Johannes Hinrichsen (vormals Berlin) in Bad Aussee bekannt, der sie vermutlich bei Lempertz ersteigert und an den Schweizer Kunstsammler und Rüstungsfabrikanten Emil Bührle weiterverkauft hatte. 1953 erwarb das Bayerische Nationalmuseum von Bührle beide Skulpturen im Tausch gegen Abgabe einer Pietà des 14. Jahrhunderts.

Es ist eindeutig belegt, dass sich die finanzielle Situation Goldschmidts durch die Herrschaft des NS zusehend verschlechterte. Jakob Goldschmidt war gezwungen, die Verwertung eines Teils seiner Kunstsammlung hinzunehmen. Die Auktionen wären ohne die Herrschaft des NS nicht erfolgt und sind daher als Ausdruck eines verfolgungsbedingten Vermögensentzuges zu bewerten. Vor diesem Hintergrund hat das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst der Restitution der Kunstwerke zugestimmt.

Statement Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst:
„Die Ergebnisse der Provenienzforschung sind eindeutig: Jakob Goldschmidt wurde in der NS-Zeit zu Unrecht verfolgt und durch den NS-Staat um sein Vermögen gebracht. Die Rückführung eines Gemäldes von Hans Wertinger sowie zweier Skulpturen aus dem 16. Jahrhundert an die rechtmäßigen Erbinnen und Erben ist uns daher mehr als eine Selbstverständlichkeit, es ist unsere ethische Verpflichtung! Mit der Restitution von unrechtmäßig entzogenen Kunstschätzen stellen wir ein Stück Gerechtigkeit wieder her und leisten einen entscheidenden Beitrag bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Herzlichen Dank an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und das Bayerische Nationalmuseum, die in mühseliger Recherchearbeit die Provenienz der drei Kunstwerke aus dem Besitz von Jakob Goldschmidt aufklären konnten.“

Statement Prof. Dr. Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen:
„Der Maler Hans Wertinger gehört zu den bedeutendsten deutschen Renaissance-Künstlern und war ein Porträtist von hoher Meisterschaft. Wir freuen uns, ein so kostbares Werk nun nach so vielen Jahrzehnten und infolge langer Recherchen als ein Erinnerungszeichen, das an eine grandiose einstige private Sammlung gemahnt, den Nachfahren der verfolgten Familie übergeben zu können.“








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    Bayerische Staatsgemäldesammlungen
  • Hans Wertinger, Pfalzgraf Philipp, Bischof von Freising, 1515 Lindenholz (Tilia sp.), 67 x 46,1 cm Foto: Sibylle Forster, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
    Hans Wertinger, Pfalzgraf Philipp, Bischof von Freising, 1515 Lindenholz (Tilia sp.), 67 x 46,1 cm Foto: Sibylle Forster, Bayerische Staatsgemäldesammlungen
    Bayerische Staatsgemäldesammlungen