MKG restituiert Kidduschbecher an Nachkommen des jüdischen Sammlers Max Hahn
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Presse07.11.2018
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg gibt Kidduschbecher an Nachkommen des jüdischen Sammlers Max Hahn zurück
Unterzeichnung des Restitutionsvertrags durch Senator Dr. Carsten Brosda, Prof. Dr. Sabine Schulze, Direktorin des MKG, Udo Goerke, Geschäftsführer des MKG, und Prof. Dr. Michael R. Hayden, Enkel von Max Raphael Hahn
Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) restituiert einen silbernen Kidduschbecher aus jüdischem Besitz, der 1939 während der NS-Zeit beschlagnahmt wurde. Der Becher stammt aus der Judaika-Sammlung des Unternehmers und Kunstsammlers Max Raphael Hahn (1880-1942) aus Göttingen. Am 7. November 2018 übergab das MKG im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg den Kidduschbecher an den kanadischen Mediziner und Genetiker Prof. Dr. Michael Hayden, Enkel von Max Raphael Hahn, im Beisein weiterer Familienmitglieder. Mit Hilfe historischer Fotos und einer Beschreibung im Sammlungsinventar aus dem Familiennachlass konnte der sogenannte Jakobsbecher – benannt nach seinen alttestamentarischen Darstellungen von Jakobs Traum – unter den mehr als 3.000 Silberobjekten im MKG identifiziert werden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich insgesamt noch rund zwei Tonnen des Silbers, das 1939 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden war, in der Obhut der Hamburger Finanzbehörde. Bis 1958 konnte ca. eine Tonne Silber den einstigen Besitzern oder ihren Erben zurückgegeben werden. Die verbliebenen Stücke verteilte Hamburg nach einer Ausgleichszahlung an die Jewish Trust Corporation ab 1960 auf die Hamburger Museen.
Seit 2014 zeigt das MKG seine Silberbestände in der Ausstellung „Raubkunst? Provenienzforschung zu den Sammlungen des MKG“ und diskutierte 2016 in einem Symposium mit Fachleuten, wie die Museen mit diesem sensiblen Sammlungsgut umgehen sollen. Ein offener Umgang der Museen mit dem Silber aus jüdischem Besitz, so das Resümee, soll die Öffentlichkeit sensibilisieren und an ein Kapitel der Enteignungsgeschichte erinnern, das für Millionen von Menschen steht, die Opfer des Holocaust wurden, über die bekannten Schicksale einzelner Personen oder Familien hinaus. Die öffentliche Präsentation in der Ausstellung soll den Opfern und Erben außerdem das Finden gesuchter Silbergegenstände erleichtern. So wurde auch Prof. Dr. Michael Hayden durch die Ausstellung auf die Silberbestände des MKG aufmerksam und meldete sich mit einem Rückgabegesuch. Das MKG konnte den gesuchten Kidduschbecher anhand von Dokumenten aus dem Familiennachlass identifizieren und gibt ihn anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht am 9./10. November 1938 zurück.
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Viele Objekte, die ihren Besitzerinnen und Besitzern während der NS-Zeit geraubt wurden, befinden sich bis heute den Depots unserer Museen. Dies stellt uns vor die Frage nach dem richtigen Umgang mit diesen Objekten, die nicht rechtmäßig im Besitz der Museen sind, die aber zugleich keinem rechtmäßigen Besitzer zugeordnet werden können. Daraus ergibt sich eine große Verantwortung. Diese wollen wir annehmen und offen mit den Verbrechen der Vergangenheit umgehen, die Objekte bewahren und der Forschung zur Verfügung stellen. Die heutige Rückgabe des Kidduschbechers ist Teil dieser Verantwortung. Sie ist auch ein Beleg dafür, wie wichtig die Provenienzforschung ist. Die Silberobjekte aus jüdischem Besitz im MKG erinnern uns an das Leid, das seinen Besitzerinnen und Besitzern zugefügt wurde. Vor diesem Hintergrund ist die Rückgabe des Kidduschbechers an Familie Hayden zunächst eine Selbstverständlichkeit. Aber es sind gerade diese vermeintlichen Selbstverständlichkeiten, die uns an die Verbrechen erinnern, die passiert sind. Ich danke den Nachfahren der Familie Hahn dafür, dass sie nach Hamburg gekommen sind, um den Becher anzunehmen.“
Prof. Dr. Sabine Schulze, Direktorin des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg: „Die Geschichte dieses Kidduschbechers zwingt uns zu einem kritischen Blick auf die Vergangenheit der eigenen Institution. Das können wir nur tun, indem wir Sprachlosigkeit überwinden und berichten über Demütigung, Verfolgung, Entrechtung und Verpflichtung. Wir sind betroffen über das Schicksal der Familie Hahn, das stellvertretend steht für das Leid aller jüdischen Mitbürger in der Epoche des Dritten Reichs. An diese großenteils anonymen Opfer deutscher Gewaltherrschaft zu erinnern, gehört für mich zum Bildungsauftrag unseres Museums. Diese Übergabe ist ein kleiner Beitrag der Versöhnung und für mich persönlich ein sehr bewegender Moment.“
Michael R. Hayden, Enkel von Max Raphael und Gertrud Hahn: „Amazing news! Dass dieser Kiddusch-Becher nach 80 Jahren nun wieder in den Besitz unserer Familie gelangt, ist ein sehr bewegender Moment für mich und meine Familie. Deutschland und die Stadt Hamburg erfüllen damit ihre moralische Pflicht. Versöhnung löscht den Schmerz zwar nicht aus, aber ich kann persönlich Frieden finden und meine deutschen Wurzeln annehmen. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber wir können aus ihr lernen. Darum ist die Aussagekraft der restituierten Museumsgegenstände viel wichtiger als ihr materieller Wert. Restitution ist ein weiterer Schritt in Richtung Versöhnung und Würde. Dafür bin ich zutiefst dankbar.”
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