Wayne Thiebaud
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Ausstellung29.01.2023 - 21.05.2023
Zu Beginn des neuen Jahres 2023 widmet die Fondation Beyeler dem aussergewöhnlichen, in Europa jedoch bisher nahezu unbekannten amerikanischen Maler Wayne Thiebaud (1920–2021) die erste Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum. In seinen Stillleben mit Alltagsgegenständen beschwört Thiebaud in betörenden Pastelltönen die Verheissungen des «American Way of Life». Gleichzeitig bezeugen seine erstaunlichen Porträts, multiperspektivischen Stadtansichten und Landschaften die Vielseitigkeit des technisch brillanten Malers. Anhand von 65 Gemälden und Zeichnungen aus öffentlichen wie privaten, vorwiegend amerikanischen Sammlungen präsentiert die Retrospektive die wichtigsten Werkgruppen des Künstlers und lädt dazu ein, seine einzigartige Malweise sowie seinen taktilen Umgang mit der Farbe zu entdecken. Der in den USA für seine Stillleben berühmte Thiebaud lotete die Möglichkeiten des malerischen Ausdrucks an der Grenze zwischen sichtbarer undimaginierterWelt aus und schuf so eine ganz eigene, zwischen Ironie, Witz, Nostalgie und Melancholie changierende Bildsprache.
Wayne Thiebaud gehört zu den führenden Vertretern der amerikanischen figurativen Kunst und steht damit in der Tradition von Malern und Malerinnen wie Edward Hopper und Georgia O՚Keeffe. Früh entdeckte er sein Interesse für Comics und Zeichentrickfilme, er arbeitete kurzzeitig in der Trickfilmabteilung der Walt Disney Studios und später als Werbegrafiker und kommerzieller Zeichner. Von 1949 bis 1953 studierte er Kunst an der San José State University und der California State University in Sacramento. Zeit seines Lebens war er in der Lehre tätig und bildete Generationen von Künstlerinnen und Künstlern aus. Thiebaud bewegte sich abseits der grossen Kunstmetropolen und malte unabhängig von den jeweils vorherrschenden Kunstbewegungen. Aufgrund seines Interesses an Objekten der Populärkultur wird er oft der Pop-Art zugerechnet –eine Einordnung, der er sich selbst jedoch stets verweigerte. In Anbetracht seiner eigenen Sichtweise auf die Ästhetik der Massenproduktion und seines Fokus auf die Malerei kann Thiebaud eher als ein Vorläufer der Pop-Art eingestuft werden. Er selbst bezeichnete Diego Velázquez, Paul Cézanne, Henri Rousseau und Piet Mondrian als Vorbilder, war aber als Cartoonist auch stark durch Werbegrafiker und Plakatmaler beeinflusst.
Viele den amerikanischen Lebensstil widerspiegelnde Motive aus dem Alltag, von Kaugummiautomaten über farbenprächtige Torten und in sich verschlungene Autobahnstrassen, oft in das Sonnenlicht der Westküste getaucht, finden sich in Thiebauds Gemälden. Auf den ersten Blick erscheinen seine Bilder geradezu plakativ und selbsterklärend. Bei genauerer Betrachtung stellt man jedoch bald fest, dass sie über eine weitere Ebene verfügen. So setzen sich die Kompositionen aus schier unzähligen Kombinationen oft intensiv leuchtender Farben zusammen, die das Motiv in den Hintergrund treten lassen. Für den Maler waren die Grenzen zwischen Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit fliessend, indem er durch den gezielten Einsatz der Farbe das Motiv einem Abstraktionsprozess unterzog. Im Vordergrund seines Interesses standen vielmehr die Möglichkeiten der Malerei und insbesondere der Farbe.
Die Ausstellung präsentiert in einzelnen Themen gewidmeten Räumen Thiebauds wichtigste Werkgruppen. Dazu gehören seine Stillleben, Figurenbilder, Stadtansichten und Flusslandschaften. Den Auftakt bilden drei seiner Schlüsselwerke: Student, 1968, 35 Cent Masterworks, 1970, und Mickey Mouse,1988. Thiebauds Mickey Mousezeigt die Verbundenheit des Künstlers mit der frühen amerikanischen Popkultur. Die Comicfigur Mickey Mouse ist gewissermassen der Gegenentwurf zum traditionellen westlichen Kanon der Kunst und verkörpert gleichsam die Quintessenz des «Pop». Mit Studentwiederum führte Wayne Thiebaud die Prinzipien der Porträtmalerei exemplarisch vor Augen. Zu sehen ist eine junge Frau, die den Betrachtenden auf einem Stuhl gegenübersitzt und diese intensiv anzuschauen scheint. Trotz ihres fixierenden Blicks verschwimmt ihre Individualität bei genauerem Hinsehen, die Wirkung der Farben überlagert die Wahrnehmung ihrer Person. Dieser distanzierte Eindruck verstärkt sich, je mehr man sich dem Bild nähert: Jegliche individuellen Züge der jungen Frau scheinen sich in Myriaden von Kombinationen strahlender Farben aufzulösen. Um Persönlichkeiten anderer Art geht es in 35 Cent Masterworks, in dem Thiebaudseine künstlerischen Vorbilder versammelt hat. Fein säuberlich arrangiert stehen dort zwölf bedeutende Werke der Kunstgeschichte in einem Zeitschriftenregal. Mondrians Tableau No. IV, Monets Seerosenund Picassos Nature morte à la guitaresind wie alle anderen Bilder für nur 35 Cent erhältlich, wie ein Preisschild verrät. Thiebaud, ein Kenner der Kunstgeschichte, hinterfragt in seinem Gemälde den «Wert» der Meisterwerke, die er eigentlich bewundert, auf humorvolle Art, und thematisiert zugleich das Verhältnis von Original und Reproduktion. Die Zusammenstellung der Bilder offenbart zudem eine Nähe zur Sammlung der Fondation Beyeler.
Ein ganzer Raum der Ausstellung ist der wohl bekanntesten Werkgruppe, den Stillleben, gewidmet. In allerlei Auslagen und auf Tellern hübsch präsentiert, reihen sich süsse Leckereien aneinander. Spielzeuge, Stofftiere und Eiscreme-Waffeln erinnern an die grössten Versuchungen aus Kindertagen. Pie Rows, 1961, zeigt verschiedene solcher Kuchenstücke, die sich neben-und hintereinander zu einem Muster fügen. In ihrer Verführungsmacht und Zuckrigkeit haben sie eine ebenso beruhigende wie überwältigende Wirkung auf die Betrachtenden. Thiebaud gelingt es so, die vermeintliche Harmlosigkeit der verbildlichten Lebensmittel und Gegenstände zu entlarven und diese in ihrer Verfügbarkeit als bedeutende Elemente unseres Konsumverhaltens kenntlich zu machen.
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Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr