Neuguinea
WALD / BAUM / MENSCH
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Ausstellung07.09.2011 - 28.05.2012
Bis in die jüngere Zeit hinein waren auch in unseren Breiten Landwirtschaft und Waldnutzung aufs Engste miteinander verknüpft: Der Wald lieferte nicht nur Brennstoff und Baumaterial für Städte und Dörfer oder den Schiffsbau. Aus Holz wurden praktisch alle Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Möbel, Geschirr, Werkzeuge und landwirtschaftliche Geräte gefertigt. Der Wald diente Rindern, Pferden, Schafen, Ziegen und Schweinen als Weidefläche. In den Wäldern sammelte die ländliche Bevölkerung Nüsse, Beeren, Pilze und Früchte, um ihre karge Nahrung zu ergänzen. Periodisch nutzten die Bauern sogar den Waldboden landwirtschaftlich. Köhler versorgten Salinen, Bergwerke, Eisen- und Glashütten mit Holzkohle. Den Holzbedarf waldarmer Gebiete an den Rändern Europas deckten seit dem Mittelalter auf dem Wasserweg Trift und Flößerei. Zur standesgemäßen Lebensführung adeliger Grundherren gehörte auch die Jagd, die mitunter mit verheerenden Folgen für Wälder und landwirtschaftlich genutzte Flächen betrieben wurde. Der Wienerwald als Jagdrevier der Habsburger wird in der Ausstellung an Hand von Jagdtrophäen, alten österreichischen Schützenscheiben sowie Statuetten von Kaiser Franz Joseph I. und Kronprinz Rudolf dargestellt. Von Kaiser Joseph II. wird ein Jagdrock gezeigt, der durch das Geweih eines Hirsches zerfetzt wurde und wohl deshalb erhalten blieb. In Nordamerika, wo eine adelige Grundherrschaft fehlte, hatte nach Ankunft der ersten weißen Siedler der Kampf um Jagdrechte und Landbesitz nicht nur negative Auswirkungen für die angestammten Bewohner dieses Erdteils; längerfristig wurden auch einzelne Tierarten ausgerottet und ausgedehnte Waldflächen unwiederbringlich vernichtet. Neben Holz und Rinde liefern Wälder und Bäume weltweit eine Unzahl für den Menschen unentbehrlicher Produkte wie Honig, Ahornzucker, Kakao, Palmwein, Kautschuk, Kokosnüsse sowie pflanzliche Heilmittel. Die Kultivierung der Maulbeerbäume zur Herstellung hochwertiger Seide in Japan stellt ein, übrigens bereits im 18. und 19. Jahrhundert unter anderem in Wien und Linz versuchtes, Beispiel spezifischer Nutzung bestimmter Baumarten dar. Objekte aus Holz und Bambus, wie die mittlerweile weltweit verwendeten Essstäbchen, sowie eine Vielfalt aus Rinde gefertigter Alltagsgegenstände, so etwa Körbe, Kleidung und Schuhe, veranschaulichen zusätzlich die Nutzung des Waldes als Rohstoffquelle.
Jahr für Jahr nimmt die globale Waldfläche infolge des steigenden Bedarfes an Industrieholz oder der Anlage großflächiger Monokulturen mit Ölpalmen oder Sojaplantagen dramatisch ab. Damit verbunden ist die fortwährende Einschränkung der Artenvielfalt auf der Erde. Dass der Mensch auch in der Vergangenheit keineswegs naturnah und im Einklang mit seiner Umwelt zu leben verstand, zeigt das historische Beispiel der Nasca-Indianer. So berühmt und hochgeschätzt diese Kultur heutzutage wegen ihrer Scharrbilder in der Wüste Perus auch ist, war es doch möglicherweise sie selbst, die durch unkontrollierte Rodung und Entwaldung ihrer Lebensumgebung, mit der die Bodenerosion einherging, im 7.–8. Jahrhundert den eigenen Untergang besiegelte. Mit der massiven Abholzung der Palmbaumwälder entzogen sich auch einige Jahrhunderte später die Bewohner der Osterinsel eigenhändig die Lebensgrundlage. Gegenwärtig zerstört ein aus Asien eingeschleppter Käfer in den Wäldern Nordamerikas Millionen von Schwarz-Eschen und bedroht damit unter anderem ernsthaft die Korbflechtkultur lokaler Indianer. Ein Gemälde von Bwalya Dominique aus dem Jahr 1999 zeigt die Vernichtung von Wald und Natur im Osten der Demokratischen Republik Kongo durch bewaffnete Gruppen, die ihr Treiben durch die in den Industrieländern begehrten Bodenschätze finanzieren. Der Abbau der riesigen Bauxit-Vorkommen zur Aluminiumerzeugung im ostindischen Bundesstaat Orissa veranlasste im Februar 2010 die Nichtregierungsorganisation Survival International, die lokalen Khond-Völker mit dem fiktiven Volk der Na’vi im Film „Avatar“ zu vergleichen, die durch die Verteidigung ihrer waldreichen Lebensumgebung der Ausbeutung eines für die Menschheit wertvollen Metalls im Wege stehen. Nach einer Empfehlung der indischen Waldkommission, wonach der Bauxit-Abbau Ökosystem und Wasserversorgung „drastisch verändern“ würde, stoppte das indische Umweltministerium einstweilen den Abbau des Erzes. Die von der massiven Abholzung ihrer Lebenswelt bedrohten Surui-Indianer im Westen Brasiliens versuchten 2009 auf der UNO-Klimakonferenz die Industrieländer davon zu überzeugen, dass ein lebender Wald mehr wert ist als ein toter. Unter dem Begriff des „Bruttosozialglücks“ versucht seit dem Ende der 1970er Jahre das Königreich Bhutan per Gesetz, die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Bewohnern des Himalaya-Staates das Grundrecht auf individuelles Glück im Glück der Allgemeinheit zu gewährleisten. Dazu zählt auch der Schutz der Wälder.
Während in unseren Breiten die nachgeforsteten und artenarmen Wälder relativ robust auf natürliche und menschliche Einflüsse reagieren, droht durch Übernutzung und fortschreitende Zerstörung der tropischen Regenwälder und der subarktischen Nadelwälder der Wald als Naturressource großflächig verloren zu gehen. Eine langfristige Erhaltung der Wälder wird wohl nur gelingen, wenn die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse dieser und kommender Generationen in Einklang gebracht werden.
Das Abenteuer der Menschen nimmt mit den Wäldern seinen Anfang und findet wohl ohne sie auch sein Ende.
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