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Kleine Serien große Folgen. Horst Janssen zum Achtzigsten

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Am 14. November 2009 wäre Horst Janssen (1929 – 1995) 80 Jahre alt geworden. Gemeinsam mit der Hamburger Kunsthalle ehrt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg den großen Hamburger Zeichner. Anlässlich des 80. Geburtstages des verstorbenen Künstlers zeigt das MKG mit über 130 Werken einen Querschnitt aus Janssens Schaffen und offenbart einmal mehr die erstaunliche Vielfalt des Künstlers, seinen Blick für Details und seinen ungehemmten Griff auf Freunde und Feinde, so sie nur seiner Kunst dienten und anregten. Angefangen von den Entwürfen für seinen ersten Auftrag – die Gestaltung der Glasfenster für die Bundesbahnverwaltung in Hamburg-Altona – bis zu den launischen Plakatentwürfen der neunziger Jahre. Hinzu kommen frühe angewandte Zeichnungen, Lithografien der fünfziger Jahre, Plakatserien der Sechziger, den Laatzen Bilderbogen mit skurrilen, satirischen Figurenkompositionen, die großformatige Grafikfolge von 1969 (Abschied von Verena), Briefumschläge, bezeichnete Briefe und Einladungen aus den 70ern, Vorarbeiten für ein Buch über Birgit Jacobsen (Fotos und Zeichnungen), den großen Totentanz (Radierungen), Plakatentwürfe der Achtziger und Arbeiten zum Thema Tod aus den Jahren um 1990. Gezeigt wird auch der dokumentarische Spielfilm „Janssen: Ego“ (1982 – 1989) von Peter Voss-Andreae. Vieles in der Ausstellung des MKG ist seit Jahrzehnten das erste Mal wieder zu sehen und hängt nun neben den großartigen Plakatentwürfen, die durch Stiftungen in den letzten Jahren ins Haus kamen.

Als Janssen nach dem Krieg aus Oldenburg nach Hamburg zu seiner Adoptivmutter Anna Janssen – „Tantchen“ – kam, gab es hier nur eine notdürftig wieder eingerichtete Kunsthochschule. Lehrer für Freies Zeichnen war Alfred Mahlau, ein begnadeter Zeichner, von dem Janssen das genaue Schauen und den präzisen und kontrollierten Umgang mit dem Arbeitsgerät lernte. Die Mahlau-Klasse von 1949 ist bis heute berühmt – zu ihr gehörten neben Janssen und vielen anderen Vicco von Bülow alias Loriot oder auch der als Lehrer in Hamburg sehr einflussreiche Lothar Walter. Mahlau war es, der Janssen erste Aufträge verschaffte, so den Entwurf eines Neujahrsgrußes für Bürgermeister Brauer oder die Gestaltung eines großen Glasfensters der Bundesbahn-Verwaltung in Altona.

Mitte der fünfziger Jahre fand Janssen zu ersten eigenen Ausdrucksformen; er wählte den Holzschnitt und die Lithographie, mit denen er zwar durchaus zeitgemäß aber nicht – dem Mainstream der Kunst folgend – gegenstandslos arbeitete. Seine Kunst ging vom Sehen aus und im Gesehenen suchte er das Skurrile, das Besondere, darüber warf er eine graphische Struktur, die beim Holzschnitt im Material und bei der Lithographie häufig in dicht geschriebenen Texten ihren Ursprung hat. Seine Eigenständigkeit als Künstler ist spätestens seit 1957 nicht zu übersehen.

In den sechziger Jahren kam der Erfolg: 1964 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Darmstadt, gefolgt von der Hamburger Edwin Scharff Medaille und einer großen Ausstellungstour, die 1965 in der Kestner- Gesellschaft in Hannover begann. Höhepunkt war der Große Preis auf der Biennale in Venedig 1968. Künstlerisch waren die sechziger Jahre zunächst von sehr dichten Blei- und Buntstiftzeichnungen bestimmt, die nach 1965/66 von festeren Linien und härteren Kontrasten abgelöst wurden.

1965 entdeckte Janssen das Plakat als neues, ausdrucksstarkes und vor allem auch öffentliches Medium. Schon vorher hatte er kaum eine Gelegenheit ausgelassen und jede Möglichkeit für einen Plakatentwurf genutzt. Nun jedoch entwickelte er einen eigenen unverwechselbaren Stil für diese Gestaltungsaufgabe. Er entschied sich für die Strichätzung als Drucktechnik, die keinerlei Grautöne zuließ und die gestochen scharfe Linie betonte. So erreichte er eine große plakative Wirkung, die auch innerhalb des damals sehr verbreiteten Künstlerplakates als etwas Besonderes auffiel.

Zu den Plakaten kamen die so genannten Bilderbögen für den Hamburger Buchhändler Hermann Laatzen. Diese in vergleichsweise hoher Auflage veröffentlichten Graphiken standen am Beginn von Janssens Suche nach dem großen Publikum. Er brilliert in originellen Einfällen, fügt Bild und Wort zu frechen Anspielungen und Rätseln zusammen und beginnt sich eine Fangemeinde jenseits des Freundeskreises aufzubauen. Abschließender Höhepunkt der Strichätzungen ist eine siebenteilige Serie über Die Trauer und die Hoffnung – zum Abschied von Verena, seiner dritten Frau.

Die siebziger Jahre zeigen den reifen Janssen und gelten vielen Freunden als Höhepunkt seiner Kunst. Er hat nicht mehr die Skurrilität der fünfziger und die Bissigkeit der sechziger Jahre, dafür entwickelt er eine Sicherheit und Virtuosität im Umgang mit dem Zeichenstift, die es ihm erlaubt, alles Gesehene und Gedachte mühelos, fast mitunter zu mühelos, auf das Papier zu bringen. Er wohnte jetzt in Blankenese, war als Künstler arriviert und von einem Freundeskreis umgeben, der für ihn sorgte, seine Kunst sammelte und publizierte. Diese wird nun zunehmend von seinen wechselnden Beziehungen dominiert, aus denen er Anregungen für Themen und sogar für stilistische Wandlungen schöpft.

Die siebziger Jahre sind die Zeit der großen Serien und Buchprojekte, aus denen einige hervorstechen, so die Radierfolgen „Hanno`s Tod“ von 1972, der „Totentanz“ von 1974 sowie die Ernst Jünger gewidmete Folge „Nigromontanus“ von 1980. Einen besonderen Stellenwert nimmt auch das Buch „Nocturno“ ein, das gemeinsam mit der Freundin und Geliebten Birgit Jacobsen entstand und das so unterschiedliche Genre wie Fotografie, Materialcollage, realistische Zeichnungen und dicht beschriebene Seiten vereint. Die Vorarbeiten für dieses Werk gehören zu den interessantesten Serien des Künstlers.


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