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Naiven Kunst

Kunsthaus Zürich zeigt «Magritte, Dietrich, Rousseau. Visionäre Sachlichkeit»

Naiven Kunst

Kunsthaus Zürich verlängert «Magritte, Dietrich, Rousseau. Visionäre Sachlichkeit» bis 2. September

Die bis zum 8. Juli geplante Präsentation von 56 Werken der gegenständlichen Malerei zwischen 1890 und 1965 läuft weiter bis zum 2. September.

Vom 9. März bis 8. Juli 2018 präsentiert das Kunsthaus Zürich rund 55 Werke der gegenständlichen Malerei zwischen 1890 und 1965. Das Visionär- Sachliche ist diesen Positionen gemein – aufzuspüren am Vorabend der Moderne bei Böcklin und Vallotton, bei den sogenannten «Naiven», den Vertretern der Neuen Sachlichkeit sowie in surrealistischen Werken von Dalí und Magritte. Mit seiner neuen Ausstellung erinnert das Kunsthaus an eine Strömung, die für die Malerei der Klassischen Moderne neben der Abstraktion unentbehrlich war – die gegenständliche Kunst.

DIE ENTWICKLUNG DER MODERNEN MALEREI
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, als sich die moderne Malerei zu entwickeln begann, nimmt die Betonung der künstlerischen Mittel gegenüber der inhaltlichen Dimension an Bedeutung zu: Édouard Manet misst dem Malerischen, der «Peinture», grosse Wichtigkeit bei. Und Paul Cézannes Farbflecken, die «Taches», sollen vollends nicht mehr die Realität abbilden, sondern dem Bild selber Wirklichkeit verleihen – ein Konzept, das noch den von Cézanne ausgehenden Kubismus prägt. Sammlungskonservator Philippe Büttner hat Werke von rund 20 Künstlern zusammengebracht, die einen ganz anderen Weg gegangen sind. Ihnen gemeinsam ist eine sachlich-visionäre Haltung. Sie setzen nicht auf die Mitteilungskraft der «Peinture», sondern wollen dem Auge weiterhin verständliche, illusionistisch gemalte Bildräume anbieten. Arnold Böcklin – dem frühesten in der Ausstellung vertretenen Künstler – geht es schon nicht mehr um Realismus, sondern um das Primat der Vorstellungskraft. Landschaft und Szenerie seines Bildes «Frühlingserwachen» von 1880 sind im Ansatz leicht begreifbar und zugleich traumhaft-visionär: Malerisch-präzise wird die andere Wirklichkeit des Mythischen hervorgerufen.

PSYCHOLOGISCHE BRÜCHE
Félix Vallotton ignoriert in «La Malade», seinem 1892 in Paris gemalten ersten Hauptwerk, den Impressionismus und zehrt mit makelloser Feinmalerei noch von der narrativen holländischen Interieur-Malerei des 17. Jahrhunderts. Mit den psychologischen Brüchen jedoch, die er zwischen den dargestellten Figuren spürbar macht, montiert er einen suggestiven neuen Blick in die scheinbar altertümliche Malerei. Später wird er als Landschaftsmaler seinen kühlen Blick auf die phantasmagorische Hyper-Präsenz von Naturphänomenen richten. Vallotton war zugleich einer der Entdecker des «Naiven» Henri Rousseau, dessen Dschungelmalerei er 1891 in einem Artikel begeistert lobte. Rousseau malt in akkurater Konturierung Blatt um Blatt und staffelt aus säuberlich aufgezählten und zusammengefügten Einzelteilen eine Welt von hypnotischer Fremdheit. Statt «Peinture» glänzen hier sich verselbständigende Formrhythmen und szenische Muster des Übergangs vom Bekannten zum Fremden. Sie machen aus der Malerei, obwohl sie vordergründig zu schildern scheint, eine neuartige Alternative zur realistisch gesehenen Welt.

NAIVE KUNST IM KANON DER MODERNE
Die Geschichte der naiven Kunst – die in der Ausstellung mit Spitzenwerken u. a. von Henri Rousseau, Camille Bombois und Henri Bauchant vertreten ist – wurde im Kunsthaus 1937 und 1975 im Detail erzählt. Ihre Aufnahme in den Kanon der Moderne verdankt sie zu grossen Teilen dem deutschen Sammler und Händler Wilhelm Uhde (1874–1947), aus dessen Besitz eines von Rousseaus Gemälden in der Kunsthaus-Sammlung stammt. Auch die Neue Sachlichkeit ist in der Ausstellung vertreten. Sie ist Beispiel für die Rückkehr zum Gegenständlichen und die Abkehr von der Avantgarde nach der brutalen Zäsur des Ersten Weltkriegs. Zugleich birgt das vordergründig Sachliche – wie dies etwa Niklaus Stoecklin und Adolf Dietrich zeigen – nicht selten auch eine Verfremdung, die sich aus einer fast hypnotischen Verdichtung des Schauens speist. Besonders eindrucksvoll gelingt dies Dietrich, der seinen schlichten, ländlichen Motiven auf bezaubernde Weise eine gesteigerte Präsenz verleiht.

BEWUSSTE VERSUS UNBEWUSSTE WELT: DER SURREALISMUS
Eine ganz eigene Reaktion auf den Ersten Weltkrieg zeigten die Dadaisten und Surrealisten. Ihnen zufolge hatten sich Gesellschaft und Politik im Krieg massiv desavouiert, die Surrealisten suchten daher nach dem Ausdruck unbewusster Welten. Jenseits aller Konventionen und Verdrängungen sollte nun das unklassifizierte Menschsein aufgesucht werden, wie es sich in Träumen und unkontrollierter Gestaltung äussern mochte. Einige Surrealisten wie Joan Miró setzten dabei stark auf die Entfaltung des Malerischen. Andere aber bauten auf eine sorgfältig hergeleitete Verständlichkeit der traumartigen Bilder: Salvador Dalí leuchtete mit altmeisterlicher Präzision in noch nie gesehene Ecken des Unbewussten, René Magritte aber verwendete eine vorgeblich ganz gegenständliche Malerei, um über eine Tour de Force der Sinnvermeidung das friedliche Zusammenleben von Form und Inhalt ad absurdum zu führen und es so neu zu dynamisieren.






  • 09.03.2018 - 02.09.2018
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    Kunsthaus Zürich »

    MuseumSa/So/Di 10–18 Uhr
    Mi–Fr 10–20 Uhr

     



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  • Salvador Dalí Femme à tête de roses, 1925 Öl auf Holz, 35 x 27 cm Kunsthaus Zürich © Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí / 2018 ProLitteris, Zürich
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