Sonderauktion
Sonderauktion Nachlass Prof. Dr. Kurt Liebermeister
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Auktion19.05.2010
Den gesamten Nachlass des großen Jugendstil-Sammlers Prof. Dr. Kurt Liebermeister versteigert das Auktionshaus NEUMEISTER. Liebermeister, der 2009 im Alter von 90 Jahren verstarb, war emeritierter Ordinarius für medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Technischen Universität München. Seine etwa 470 Objekte umfassende Sammlung beinhaltet unter anderem Jugendstil- und Art Deco-Objekte, wertvolles Muranoglas, Schmuck, Textilien, Möbel und Malerei sowie eine Bibliothek zur angewandten Kunst.
Kapitel Glas, Schwerpunkt der Auktion
Liebermeister fand schon früh zu seiner Vorliebe für die Zeit des Jugendstils; bereits in den 50er Jahren erwarb er erste Objekte. Sein Interesse spannte sich von Tiffany über Gallé bis hin zu fran-zösischen Keramiken von Delaherche oder Pate-de-verre-Glas von Dammouse und Décorchemont. Aus seinen Schätzen konnten später die Ausstellungsmacher der Villa Stuck für zwei Schauen (1969, 1973) und des Bayerischen Nationalmuseums schöpfen. Auch im Katalog „Weltkulturen und moderne Kunst", der anlässlich der Olympiade im Jahr 1972 erschienen war, sind Objekte des Sammlers erwähnt. Sein Faible für Italien und speziell für Venedig - er besaß eine Zweitwohnung auf der Giudecca - spiegelt sich auch in einem Schwerpunkt Murano-Glas. Allein hiervon werden rund
140 Nummern zu Taxen von 120 bis 8.000 Euro aufgerufen. Vor Ort erwarb Liebermeister viel zeitgenössisches Venini-Glas, er hatte sogar zwei Jahre lang in einem eigenen Münchener Geschäft die Generalvertretung für Venini in Deutschland.
Abgesehen von seinem untrüglichem Blick für Qualität zeichnet den Sammler Liebermeister aus, dass er von bestimmten Künstlern oder Werkstätten nicht nur Einzelobjekte erwarb, sondern mit ganzen Werkreihen Schwerpunkte setzte, beispielsweise mit den fein gestreiften Vasen „Tessuto" aus mattiertem farblosen Glas von Carlo Scarpa (Entwürfe um 1940, Taxen 800- 1.600 Euro) oder mit dessen minimalistischen Kugelvasen aus korallrotem Opakglas, etwa einer Flasche von 1929/30 für 600 bis 800 Euro, oder mit den auffälligen Kakteen von Napoelone Martinuzzi für Venini (1926-30; Taxe 3.000 - 3.500 bzw. 2.500 - 3.000 Euro) sowie mit dem kunstvollen Glasobjekt „Baum mit Obelisk" (1926-30; Taxe 4.000 - 5.000 Euro). Liebhaber des frühen Murano-Glases können zudem eine ganze Kollektion von Umberto Bellotto (1920 - 1930; Taxen 1.800 - 3.300 Euro) erwerben, ebenso die zart-modernen Formen von Vittorio Zecchin (1921- 1920; Taxen 50 - 3.600 Euro) oder von Vittorio Capellin (1925 - 1931; Taxen 1.000 - 2.300 Euro). Ebenfalls für Venini schuf und signierte Fulvio Bianconi sieben Figuren aus der Commedia dell´ Arte (1948, Taxen 1.000 - 2.200 Euro) aus farbiger Glasmasse mit Farbeinschmelzungen.
Bei den Glasobjekten bezaubern elegante, bis zu 45 Zentimeter hohe Blütenkelchgläser von Tiffany (1896 - 1903; Taxen 3.000 - 10.000 Euro) sowie delikat gearbeitete Vasen von Emile Gallé mit geschnittenem, geätztem und intarsiertem Dekor, allen voran die „Orchidée Brun" (1900/05, Taxe 12.000 - 15.000 Euro) mit geschnittenem Dekor. Ebenfalls höchst dekorativ wirken die Schalen in Blütenform von Albert Dammouse (Pate-de-verre, 1905 - 1910, Taxen 3.000 - 9.000 Euro) sowie eine wunderschöne tief gemuldete Schale (Durchmesser 17 cm) aus hellgrün marmorierter Glasmasse mit reliefiertem Dekor: Ein Schmetterling und Weinlaubranken zieren die 1905 bis 1910 entstandene, auf 3.000 bis 3.500 geschätzte Schale. Auch die Pate-de-verre-Gläser von Francois-Emile Décorchement (1903 - 1930, Taxen 300 - 9.000 Euro) mit floralen Motiven sowie elegante Lalique-Vasen, beispielsweise die bauchige Vase „sauterelles" in Blau von 1921 mit reliefierten Heuschrecken für 3.000 bis 3.500 Euro lassen Sammlerherzen höher schlagen.
Porzellan/Keramik
Den Reigen hochkarätiger Objekte schließen Keramiken und Porzellane von Gio Ponti aus der Manufaktur Ginori in Doccia, die auch den ausländischen Markt begeistern werden. Als wahres Prachtstück seien hier die 60 Zentimeter hohe, auf 15.000 bis 18.000 Euro geschätzte Deckelvase
„La passegiata archeologica" aus dem Jahr 1925 mit antikisierenden Figuren und Architekturen oder auch das 14teilige Teeservice „Il circo" (um 1928, Taxe 5.000 - 6.000 Euro) genannt, das mit seinen stilisierten Zirkusszenen für heitere Atmosphäre sorgt. Kaffeefreunde können dank dem Service „Modern S" aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Nymphenburg stilgerecht einladen; für einen Schätzpreis von 6.000 bis 8.000 Euro wird der ungewöhnlich farbstarke Entwurf mit Anemonenblüten von Max Rossbach (1900-02; 114 Teile) aufgerufen.
Geradezu hinreißend ist auch eine Kollektion von 30 Stück Eierschalenporzellan aus der Manufaktur Rozenburg, Den Haag, darunter viele Teile mit Dekor des hoch geschätzten Samuel Shellink
(1900 - 1914; Taxen 800 - 10.000 Euro). Angeboten werden üppig bemalte Tassen mitsamt Untertassen (1901 - 1914; Taxen 800 - 2.500 Euro) sowie Kannen und Vasen unterschiedlichster Formen (1900 - 1912; Taxen 1.600 - 10.000 Euro), deren formale Vorbilder in Asien zu suchen sind. Dazu kommen feine durchbrochene französische Porzellane mit Emaille-Technik von Camille Naudot, etwa Muschelschale, Becher und Anbietschale mit Dekor aus Weinranken zu einem Schätzpreis von 4.000 bis 4.500 Euro sowie Objekte von André-Fernand Thesmar, der eine zauberhafte Puderdose mit buntem Cloisonné-Emaildekor geschaffen hat (1895, Taxe 4.000 - 4.500 Euro) und französische Keramiken um 1900 von Auguste Delaherche zu Taxen von 600 bis 2.400 Euro oder Émile Decoeur, etwa eine Kanne mit reliefierten Blättern und Hopfenfrüchten (1903/07, Taxe 3.500 - 3.800 Euro).