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Kunsthaus Zürich

Frisch restauriertes Gemälde des Futuristen Giacomo Balla

Kunsthaus Zürich

Nach achtmonatiger Restaurierungsarbeit präsentiert das Kunsthaus Zürich das futuristisches Meisterwerk «Velocità d’Automobile + Luce + Rumore» (Geschwindigkeit eines Autos + Licht + Geräusch) von Giacomo Balla wieder dem Publikum. Die dynamische Komposition, zu deren Erhalt unter anderem ein Algenklebstoff erforderlich war, ist wieder in der Sammlung ausgestellt.

Das Gemälde «Velocità d’Automobile + Luce + Rumore» malte Giacomo Balla um 1913 im Stil des Futurismus. Sein Ziel: Geschwindigkeit auf eine zweidimensionale Fläche malen. Als Mitbegründer des Futurismus griff Balla (1871–1958) die radikalen modernen, technischen und dynamischen Inhalte des von Marinetti formulierten «Futuristischen Manifests» (1909) auf und übersetzte diese in eine adäquate Bildsprache. Beeinflusst von fotodynamischen Aufnahmen, sollte ein Gesamteindruck erzeugt werden, der alle Sinne gleichzeitig anspricht. Das Werk, dessen deutscher Titel «Geschwindigkeit eines Autos + Licht + Geräusch» lautet, wurde 1951 im Anschluss an die ein Jahr zuvor stattfindende Ausstellung «Futurismo e Pittura Metafisica» im Kunsthaus Zürich direkt vom Künstler erworben und war seither fast ununterbrochen ausgestellt.

MIT DEM ALTER BRÜCHIG
Durch die «trockene» und sehr matte Malweise mit zu wenig Bindemittel setzte trotz musealer Bedingungen schnell ein Alterungsprozess ein. Unzählige kleinste Malschichtverluste, Farbausbrüche und aufstehende Farbschollen alarmierten die Restauratoren des Kunsthauses. Im Frühling musste das für die Aus-einandersetzung mit Mobilität und Perspektive wichtige Werk aus der Sammlungspräsentation des Kunsthauses entfernt werden.

FLOTT MACHEN FÜR DEN PUBLIKUMS-TÜV
Von März bis Oktober 2016 war die 87 x 130 Zentimeter grosse Leinwand im Restaurierungsatelier. Substanzerhalt und die Vorbeugung weiterer Schäden waren bei der Bearbeitung prioritär. Die mit Leimfarben gemalte Oberfläche musste grossflächig stabilisiert und gesichert werden, ohne dass sich eine Sättigung und Verdunkelung der Farbe ergab und ohne dass Glanzstellen entstanden. Anschliessend wurden kleine Fehlstellen farblich integriert um den Gesamteindruck ästhetisch zu verbessern. Trotz Restaurierung bleibt es ein heikles Werk, das auch in Zukunft nur selten auf Ausstellungen reisen sollte.

KONSERVIERUNG MIT NATURPRODUKTEN
Balla malte sein Bild mit weisser und schwarzer Leimfarbe direkt auf die ungrundierte Leinwand. Das Schwarz, das sich aus Kohleschwarz, Zinnoberrot, Chromgelb und Zinkweiss zusammensetzt, gebrauchte er sehr verdünnt und beliess die Leinwand an etlichen Stellen sichtbar. Das Weiss bzw. die Grautöne im Bild sind grösstenteils deckender vermalt. Eine umfassende Untersuchung des Erhaltungszustandes mittels Stereomikroskop offenbarte, dass nicht nur lokale Bereiche, sondern ganzflächige Partien der schwarzen Malerei einer Festigung bedurften. Die umfangreiche Testphase wurde aufgrund der sehr heiklen und empfindlichen Oberfläche zunächst auf eigens dafür hergestellten Probefeldern (Dummys) ausgeführt, bevor am Original gearbeitet wurde. Diese Dummys wurden dem Original nachempfunden, indem verdünnte schwarze Leimfarbe auf eine Leinwand aufgestrichen wurde. Letztlich stellte sich für die Festigung der matten Malerei eine Kombination aus JunFunori und Störleim als geeignet heraus. Bei JunFunori (reines Funori) handelt es sich um einen aus Algen hergestellten Klebstoff, der sehr gute Ergebnisse bei der Festigung matter Malschichten erzielt und traditionell in der japanischen Papierrestaurierung Verwendung findet. Diese Mischung wurde mit einem Ultraschallvernebler, der aus dem flüssigen Klebstoff feinsten Sprühnebel erzeugt, in mehreren Durchgängen auf die gefährdeten Bereiche aufgesprüht. Für die weissen, etwas pastoseren Farbbereiche reichte die Klebkraft dieser Mischung nicht aus. Sie wurden unter dem Mikroskop gezielt mit dem Pinsel bearbeitet. Kleine Verletzungen in der Leinwand wurden wieder verklebt und Fehlstellen in der Malschicht retuschiert.

Viola Möckel, Restauratorin am Kunsthaus, setzte dies «Objekt der Begierde» wieder in Stand. Für die Analysen der Malmaterialien zeichnete das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaften SIK-ISEA verantwortlich. Die Restaurierungsarbeiten konnten dank der grosszügigen Unterstützung der Helvetia Versicherungen realisiert werden.

KUNSTVERMITTLUNG: FÜHRUNG IM JANUAR
Mit «Velocità d’automobile + Luce + Rumore» bringt Giacomo Balla seine Begeisterung für das Automobil als Synonym der Modernität und als Symbolfigur für die Bewegung, des sich ständig Veränderlichen zum Ausdruck. Mit gemächlicher Geschwindigkeit können Besucherinnen und Besucher ihre Wahrnehmung für Autos, Licht und Geräusche wieder vor dem Original schulen. Die Restaurierungsschritte können unter www.kunsthaus.ch nachverfolgt werden. Am Samstag, 21. Januar 2017 um 15 Uhr findet eine öffentliche Führung statt (im Sammlungseintritt inbegriffen).






  • 15.11.2016
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    Kunsthaus Zürich »

    Offen: Fr–So/Di 10–18 Uhr, Mi/Do 10–20 Uhr.

    Erwachsene: CHF 22.–/17.– (reduziert)
    Gruppen ab 20 Pers.: CHF 17.–

     

     



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  • Giacomo Balla Velocità d’Automobile + Luce + Rumore, 1913 Leimfarbe auf Leinwand, 87 x 130 cm Kunsthaus Zürich © 2016 ProLitteris, Zürich
    Giacomo Balla Velocità d’Automobile + Luce + Rumore, 1913 Leimfarbe auf Leinwand, 87 x 130 cm Kunsthaus Zürich © 2016 ProLitteris, Zürich
    Kunsthaus Zürich
  • Detailansicht vom oberen Bildrand – Kratzer mit Farbverlust Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
    Detailansicht vom oberen Bildrand – Kratzer mit Farbverlust Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
    Kunsthaus Zürich
  • Auf den Dummys konnten mögliche Veränderungen, die die Festigungsmittel hervorriefen, beobachtet werden Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
    Auf den Dummys konnten mögliche Veränderungen, die die Festigungsmittel hervorriefen, beobachtet werden Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
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  • Durchführung der Festigung mittels Ultraschallvernebler Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
    Durchführung der Festigung mittels Ultraschallvernebler Foto: Viola Möckel, Kunsthaus Zürich
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