Mosaik
Überraschende Forschungsergebnisse
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Presse18.06.2015
Ramanspektroskopie belegt antiken Ursprung von Wandmalereifragmenten in der Kleinen Neugierde im Schlossgarten Glienicke
Die Wiederherstellung der Kleinen Neugierde im Schlossgarten Glienicke in Berlin geht weiter erfolgreich voran. Die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Jahr 2013 begonnene Sanierung umfasst Putz-, Zimmerer-, Dach- und Klempnerarbeiten. Beseitigt werden zudem Feuchtigkeitsschäden der tragenden Kellerwände und Flügelmauern durch baukonstruktive Maßnahmen wie z. B. das Einbringen einer abdichtenden Ebene und die statische Sicherung der Dachkonstruktion. Restauriert werden zudem alle Fassadenoberflächen und Zinkgusselemente, die Holzkassettendecke, die farbige Raumfassung, die antiken Mosaike und Mosaikfußböden, die 1847/48 eingefügte florentinische Renaissance-Portalanlage sowie die antiken Marmorspolien und Wandmalerei-Fragmente. Die Arbeiten sollen bis zum Sommer 2016 abgeschlossen sein. Möglich wurden sie durch die großzügige Unterstützung der Cornelsen Kulturstiftung
Ramanspektroskopie
Im Rahmen der Restaurierungsarbeiten wurden im Naturwissenschaftlichen Labor der SPSG die Wandmalereifragmente untersucht. Zu klären war, ob es sich – wie aus kunstwissenschaftlicher Sicht vermutet – tatsächlich um antike Fragmente oder aber um Stücke aus dem 19. Jahrhundert handelt. Hinweise auf das Alter solcher Objekte können oft die verwendeten Materialien, insbesondere die Farbpigmente geben.
Für die Untersuchungen wurde u.a. die Ramanspektroskopie eingesetzt. Bei dieser Methode werden die Moleküle der Probe über Streuprozesse mit dem monochromatischen Licht eines Lasers zu Schwingungen angeregt. Eine genaue Analyse des Streulichtes erlaubt Rückschlüsse auf die charakteristischen Energien dieser Schwingungsprozesse und somit auf die Natur der Moleküle. Viele Substanzen lassen sich auf diese Weise eindeutig identifizieren. Den zugrundeliegenden physikalisch-chemischen Effekt hat 1928 der indische Physiker Sir Chandrasekhara Venkata Raman (1888-1970) erstmals beobachtet. Für seine Forschungen auf diesem Gebiet erhielt er 1930 den Nobelpreis für Physik.
Die Ramanspektroskopie hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Sie wird weltweit auch immer mehr zur Untersuchung von Kulturgütern und in der Konservierungsforschung eingesetzt. So können damit beispielsweise Pigmente, Farb- und Füllstoffe, Bindemittel, mineralische und organische Grundbestandteile sowie Umwandlungs- und Korrosionsprodukte in und auf Kunstobjekten untersucht werden. Die Analysen sind weitgehend zerstörungsfrei bzw. kommen mit minimalen Proben aus.
Ägyptisch Blau
Bei den naturwissenschaftlichen Untersuchungen der Wandmalereifragmente konnte das Pigment Ägyptisch Blau nachgewiesen werden. Dieses synthetische Pigment, ehemals wahrscheinlich aus Kalk, Quarzsand, Kupfermineralen und weiteren Zutaten hergestellt, wurde schon in der Zeit der frühen ägyptischen Dynastien sowie in der Antike von den Griechen und Römern häufig verwendet. Mit Beginn der Völkerwanderungszeit gerieten das Pigment und dessen Herstellungsverfahren jedoch mehr und mehr in Vergessenheit. Letzte vereinzelte Belege stammen aus dem 9. Jahrhundert. Insofern ist nun die antike römische Herkunft der Wandmalereifragmente in der Kleinen Neugierde nachgewiesen.
Geschichte der Kleinen Neugierde
Die Kleine Neugierde wurde 1796 vermutlich von Ephraim Wolfgang Glasewald(t) (1753-1817) als Antentempel in dorischen Formen mit korbbogig geschlossener Vorhalle und frühklassizistischem Nischenmotiv über dem Portal errichtet. Sie diente als Teepavillon mit Aussicht auf den Verkehr auf der Chaussee nach Potsdam. Auf Wunsch des Prinzen Carl von Preußen (1801-1883) und seiner Frau Prinzessin Marie von Sachsen- Weimar-Eisenach (1808-1877) baute Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) den Pavillon 1825/26 in strengerem Stil um. 1847/48 wurde eine florentinische Renaissance-Arkade als Fassade eingefügt und zugleich die Giebelzone ornamental verziert. Das Teezimmer wurde 1827 von Julius Schoppe (1795-1868) nach Schinkels Entwurf mit pompejanischen Dekorationen auf Papiertapeten ausgemalt, die 1937 restauriert und nach Kriegsverlust in den 1960er Jahren auf Glattputz nachgeahmt wurden. Die Vorhalle wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer Sammlung antiker Inschriftentafeln, Mosaiken, Wandmalereifragmente und Reliefs zu einer Art Lapidarium umgestaltet. An der Ostfassade wurden ebenfalls mehrere Relieffragmente und ein Säulenfragment eingelassen.
Nach dem zweiten Weltkrieg galt die Kleine Neugierde als zu 40 Prozent zerstört. Während der tiefgreifenden Wiederherstellung von 1961 bis 1963 wurde u.a. die Quaderung außen in Zementputz und die innere Ausmalung mit Dispersionsfarbe auf Kunstharzbasis erneuert. Die Außenfassung orientierte sich offenbar an dem rotbräunlichen Schlossanstrich von 1951, für den der Berliner Landeskonservator Hinnerk Schepers (1897-1957) votiert hatte. Die noch vorhandenen und erhaltenen antiken Fragmente wurden wieder eingesetzt. Die letzte Renovierung erfolgte zu „Schinkel 200“ um das Jahr 1981. Dabei wurde die Fassade überspachtelt und – wie auch die übrigen Bauten in Glienicke – mit jenem hellgelben Farbton überfasst, der auch auf den Glienicke-Veduten von Carl Daniel Freydanck (1811-1887) zu sehen ist.
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18.06.2015Presse »
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