DRUCKFRISCH
Der Innsbrucker Wagner-Verlag und der Buchdruck in Tirol
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Ausstellung13.06.2014 - 26.10.2014
Die Offizin Wagner hatte schon früh auf Kalender und Zeitungsdruck gesetzt. Schreibkalender, die den Rahmen für tagebuchartige Aufzeichnungen bilden, sind erste Vertreter der Massenliteratur. Ab 1814 produziert der Verlag die für lange Zeit wichtigste Zeitung in Tirol – den „Boten für Tirol und Vorarlberg“ (existiert bis heute als „Amtsblatt“ und feiert im Juni sein 200-jähriges Bestehen), ab 1854 die „Innsbrucker Nachrichten“. Verkaufsschlager sind auch Neujahrsentschuldigungs- und Einladungskarten, Sterbebilder, Wallfahrtsgrafik und Plakate. Beim Programm legt das Unternehmen Schwerpunkte auf Wissenschaft, Tirolensien, Tourismus und Alpinismus.
1888 wird der Betrieb in der Pfarrgasse von einem verheerenden Brand verwüstet. Das „Goldene Buch“ als eines der wenigen geretteten Bücher ist Zeugnis davon. In dem über 200 Seiten dicken Buch sind die Lehrlinge und Lossprechungen der Gesellen der Offizin Wagner zwischen 1767 und 1897 verzeichnet. Die Buchhandlung wandert nach der Katastrophe in die Museumstraße ab, die Druckerei findet in der Erlerstraße eine neue Heimat. Bis zum Jahr 1916 leiten vier Generationen der Familie Schumacher die Druckerei und den Wagner-Verlag durch die wechselnden Anforderungen aufgrund von neuer Konkurrenz, Zensur oder verstärkter Politisierung.
Im Dienste der Wissenschaft
Ein markanter Einschnitt in der Geschichte des Unternehmens Wagner ist die Teilung der Firma durch Eckart von Schumacher 1916. Druckerei, Verlag und Buchhandlung werden voneinander getrennt. Der Verlag wird auf sein Wissenschaftsprogramm reduziert und kann sich unbeschadet durch die NS-Zeit retten, während die Druckerei zum NS- Gauverlag umfunktioniert wird.
Die Ausstellung behandelt im 20. Jahrhundert nur mehr dem Verlag, der 1935 von der Tiroler Graphik übernommen wird und im regionalen Wissenschaftsbereich seine Bedeutung halten kann. Ein breiteres Publikum soll zwischenzeitlich durch die Auflage von populären regionalen Autoren wie Anni Kraus oder Hermann Holzmann angesprochen werden. 1975 meldet die Tiroler Graphik Konkurs an. Mit der niederösterreichischen Druckereifamilie Grasl findet sich schließlich ein Eigentümer, der die Finanzierung und das Überleben des Verlags sicherstellt. 2010 übernimmt der Verleger Markus Hatzer das Traditionsunternehmen. Die bekannteste Buchreihe sind heute die Schlern-Schriften. Unzählige Standardwerke zur Tiroler Geschichte sind in den vergangenen 90 Jahren im landeskundlichen Jahrbuch „Tiroler Heimat“ erschienen.
Das Handwerk
Das Handwerk des Buchdruckens und –bindens zeigt die Schau im Ferdinandeum anhand historischer Werkzeuge. Buchbindergeräte, Prägewerkzeuge, Schärfmesser, Ledereinbände und Materialien wie Brokat- und Kleisterpapier sind ausgestellt. Bis weit ins 19. Jahrhundert werden Bücher oftmals ohne Einband ausgeliefert, es obliegt dem Käufer, in welche Bindung er den Buchblock bringen will. Die Industrialisierung bedeutet starke Veränderungen im Buchdruckwesen. Kniehebelpresse, Schnellpresse und Rotationsmaschine ermöglichen ein rascheres, weniger personalaufwendiges Druckverfahren und Massenproduktion.
Zukunft Buch?
Seitdem digitale Medien unseren Alltag bestimmen, wird immer wieder über das Aussterben des Buches oder der Tageszeitung spekuliert. Ist das Buch mit dieser Schau endgültig im Museum angelangt? Wird es als Informationsträger überleben? Kann sich die Verlagsbranche als Vermittlerin von Qualitätstexten positionieren? Niemand kann heute eine seriöse Prognose für die Zukunft abgeben. Fest steht, dass heute mehr Bücher denn je produziert und wohl auch verkauft, zusätzlich unzählige Texte nur mehr digital verbreitet werden. Die Ausstellung soll spürbar machen, dass Bücher wunderschön sein können, Kunstwerken gleich kommen, eine eigene Aura haben, bewegen und emotional berühren. Die Präsentation will zur individuellen Auseinandersetzung mit dem Thema Medienlandschaft sowie zu neuen Forschungen anregen. Eine wissenschaftliche Tagung im Oktober wird ExpertInnen aus Deutschland, dem Trentino, Südtirol und Österreich zusammenbringen. Führungen – für den Individualbesucher, die Familie, zu Spezialthemen, bzw. mit Musik – eine Lesung mit Christoph W. Bauer, zwei Konzerte, Workshops und ein Angebot für Schulen stehen bis 26. Oktober auf dem Programm.
BEGLEITPUBLIKATION
Zur Ausstellung erscheint der Katalog „Druckfrisch. Der Innsbrucker Wagner-Verlag und der Buchdruck in Tirol“ mit Vorworten von Wolfgang Meighörner sowie Mercedes Blaas und Markus Hatzer. Die Beiträge von Christoph Ampferer, Verena Feichtner, Alexander Fohs, Franz Gratl, Hansjörg Rabanser, Thomas Röder, Roland Sila, Junia Wiedenhofer und Andreas Winkler setzen sich mit der Geschichte des Wagner-Verlags, dem Buchdruck in Tirol, dem Handwerk, dem Notendruck und den Schlern-Schriften auseinander. Die Publikation beinhaltet zahlreiche Fotos und einen umfangreichen Objektekatalog. 284 Seiten, ISBN 978-3-7030-0856-6, Preis € 29,90
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„Durch die Schrift und den Buch- Druck hat eigentlich der menschliche Geist erst die Welt...
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13.06.2014 - 26.10.2014
Mi – Mo 9 – 17 Uhr (letzter Einlass 16.30 Uhr) T +43 512 / 59489-611
www.tiroler-landesmuseen.atEINTRITTSPREISE
Kombiticket für alle Häuser der Tiroler Landesmuseen: € 10 / erm. € 7 Familienkarte: € 20; Führungsbeitrag: € 2
Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren, Schulklassen, Museumsvereinsmitglieder und mit Innsbruck Card
Ermäßigter Eintritt für StudentInnen, SeniorInnen, Gruppen ab 10 Personen, JUFF-Familienpass InhaberInnen, Ö1- Clubmitglieder, ÖBB Vorteilscard … 5