Das Bild Lotsucht des Künstlers Jonas Burgert hat etwas von einer Theaterszene. Es zeigt einen leuchtend orangefarbigen Kahn in einer düsteren Gasse, einige Figuren haben von dem stillgelegten Boot Besitz ergriffen, sind in existentiell anmutende Aktionen verstrickt. Drei Figuren sind wie Ruhepole inmitten des Geschehens: ein kleiner Junge, der selbstvergessen kauernd ein neongrünes Lot an der Angel hält, eine eigenartig mürbe Großstadtschöne, die das Geschehen vom rechten Rand des Bildes aus betrachtet, und ein grotesk maskierter Beobachter im Zentrum des Bildes, der isoliert über dem Geschehen zu stehen scheint, aus seltsam hohlen Augen eine Verbindung mit dem Betrachter aufbaut und so ein stilles, nicht gerade unbedrohliches Einvernehmen sucht.

So rätselhaft das Geschehen zwischen den Figuren sein mag, das eigentliche Geheimnis transportieren die Farben in Burgerts Bildern: In Lotsucht sind es vor allem die gebrochenen Töne, die das ganze Farbspektrum ausbreiten, ohne dem Bunten zu nahe zu kommen. Die Hausmauern und der Straßenbelag scheinen die Farbe aufzusaugen, sie nehmen alle Farben des Bildes wieder auf und begleiten so wie ein Echo das rätselhafte Geschehen atmosphärisch. Bei Lotsucht könnte man den Eindruck gewinnen, Zeuge einer Flucht zu sein, eines Aufbruchs in eine andere Welt, die existentielle Verhältnisse an die Stelle des Warenaustauschs setzt, Menschen wieder als Kreaturen behandelt und nicht als Konsumartikel. Mehr Entfernung zu Pop geht kaum.

Das Bild wurde der Hamburger Kunsthalle von den Jungen Freunden geschenkt und ist in der Sonderausstellung Weltempfänger. 10 Jahre Galerie der Gegenwart zu sehen. Es hängt vom 2. Oktober 2007 bis zum 6. April 2008 im dritten Geschoss der Galerie der Gegenwart.