Städel-Werke
Die Chronologie der Bilder Städel-Werke vom 14. bis 21. Jahrhundert
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Ausstellung28.10.2010 - 24.07.2011
Der erste Teil der Ausstellung veranschaulicht den Wandel der Kunst zwischen dem Spätmittelalter und der Französischen Revolution. Diese Zeitspanne zwischen 1300 und 1800 lenkt den Blick auf tiefgreifende Veränderungen in Europa, deren Konsequenzen auch in der Kunst erkennbar werden. Auf goldgrundige Tafelbilder des späten Mittelalters folgen niederländische und italienische Werke des 15. Jahrhunderts, darunter Jan van Eycks Lucca-Madonna (um 1437) oder Giovanni Bellinis Madonna mit Kind, Johannes dem Täufer und der Heiligen Elisabeth (1490–1500). Mit oder ohne religiösen Bezug zeugen sie vom Aufbruch der Malerei als selbständige und selbstbewusste Kunstgattung. Deutsche Maler der Renaissance und Reformationszeit wie Albrecht Dürer oder Hans Holbein d. J. sind mit hochkarätigen Werken vertreten. Vom Ende des 16. bis zum 18. Jahrhundert reizten die Künstler von Manierismus, Barock und Rokoko die Möglichkeiten ihrer Kunst aus: Den einen ging es um Theatralik, Licht und Farbe, den anderen um das Erreichen eines klassischen Ideals der Ausgewogenheit. In der Ausstellung vertretene Höhepunkte dieser Zeitspanne sind Rembrandts Die Blendung Simsons (1636), Antoine Watteaus Einschiffung nach Kythera (um 1709–1710) oder Tiepolos Heilige der Familie Crotta (um 1750). Das besondere Hängungskonzept veranschaulicht nicht nur eine stringente Entwicklung der europäischen Kunstgeschichte, sondern eröffnet zusätzlich einen vergleichenden Blick auf ungewöhnliche Nachbarschaften innerhalb der chronologischen Hängung. So sind van Eycks Lucca-Madonna und der in unmittelbarer Nähe hängende Evangelist Markus (1448–1451) von Andrea Mantegna herausragende Beispiele für die künstlerischen Innovationen, welche die wirtschaftlichen Zentren nördlich und südlich der Alpen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hervorbrachten. Während in Italien die Regeln der Zentralperspektive neu entdeckt wurden und Leon Battista Alberti die Errungenschaften seiner Zeitgenossen in einer der ersten theoretischen Abhandlung der Kunstgeschichte niederschrieb, experimentierten flämische Künstler um van Eyck erstmalig mit Techniken der Ölmalerei. Die Gestaltung der innerhalb der beiden Gemälde abgebildeten Architektur zeigt, dass Mantegna die mathematisch korrekte zentralperspektivische Raumkonstruktion beherrschte – van Eyck hat den Thronraum der Maria dagegen aufgrund seiner Erfahrung und den Erfordernissen einer symbolischen Bildordnung entsprechend gestaltet.
Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich der Epoche der Moderne. Das „bürgerliche Zeitalter“ war geprägt von Säkularisierung, Industrialisierung und technischem Fortschritt. Revolutionen und Kriege stürzten die politischen Machtgefüge Europas. Die verschiedenen Kunstströmungen setzten sich mit der neuen Lebenswirklichkeit auseinander. Der Realismus wollte sie wahrheitsgetreu samt ihrer negativen Seiten abbilden, andere Strömungen thematisierten eher den Rückzug aus einer immer komplexer werdenden Außenwelt – ins traute Heim, in die Natur oder in die Tiefe der menschlichen Psyche. Innerhalb der Ausstellung setzt die Präsentation des 19. Jahrhunderts und der klassischen Moderne mit Joseph Antons Kochs 1803 entstandener Landschaft mit dem Dankopfer Noahs ein und schließt mit Georg Poppes An der Gartenmauer (1943). Berühmte Meisterwerke der Sammlung wie Max Liebermanns Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus (1881), Ernst Ludwig Kirchners Varieté (1909/26) oder Max Beckmanns Stillleben mit Saxophonen (1926) werden hier gezeigt. Dennoch unterscheidet sich „Die Chronologie der Bilder“ grundsätzlich von einer Meisterwerkeschau: Sie thematisiert vor allem die Bandbreite künstlerischen Schaffens verschiedener Epochen und damit die „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“. Parallel zur traditionellen Salonmalerei, die sich bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte, entstanden Avantgardebewegungen wie der Impressionismus und der Expressionismus. Diese Avantgarde bestimmt als vermeintlicher „Standard“ unsere heutigen Sehgewohnheiten und lässt eine große Zahl von Künstlern, die zu Lebzeiten eine wichtige Rolle im Kunstgeschehen spielten, in den Hintergrund treten. Die chronologische Hängung zeigt Salonstücke wie Junges Mädchen nach dem Maskenball (1906) von Jacques-Émile Blanche in nächster Nachbarschaft zu Ernst Ludwig Kirchners Akt mit Hut (1910/20). Hier lassen sich trotz gegensätzlicher künstlerischer Auffassungen überraschende Übereinstimmungen in der Gestaltung des weiblichen Körpers ausmachen. Welten liegen dagegen zwischen zwei nebeneinander hängenden Darstellungen von Adam und Eva: Während der Symbolist Franz von Stuck die Versuchung des Bösen betonte, unterstrich Otto Mueller den Einklang von Mensch und Natur.
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