Body and Soul.
Body and Soul. Menschenbilder aus vier Jahrtausenden
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Ausstellung21.03.2010 - 19.09.2010
Das Spiel zieht Kinder und Erwachsene gleichermaßen an. Dieses Kapitel der Ausstellung versammelt Objekte aus unterschiedlichsten Zusammenhängen des Spiels, wie etwa Nô-Masken, die im traditionellen japanischen Nô-Theater zur Steigerung der „geheimnisvollen Anmut“ (yûgen) eingesetzt wurden. Spiel als Bestandteil von Festen erlaubte es den Beteiligten, für einen Moment gesellschaftliche Regeln zu brechen und sich in heiteren Zeiten an die Grundkonstanten des menschlichen Seins zu erinnern. So sollte ein kaum zwei Zentimeter kleiner silberner Totenkopf die Gäste von Trinkgelagen im Späthellenismus spielerisch daran erinnern, wie vergänglich der Überfluss und das Leben sind. Nicht zuletzt zeigen auch Künstler eine starke Affinität zum Spiel, wie Lyonel Feininger, der sich mit seiner Spielzeugstadt, die er für seine Kinder geschnitzt und bemalt hat, in die Welt des Kinderspiels begibt und gleichzeitig die enge Welt deutscher Kleinstädte karikiert.
Kampf ist ein Phänomen, das alle Völker teilen. Die antike Mythologie kennt viele historische und mythische Kampfdarstellungen, die in der Renaissance wieder aufgegriffen wurden. Eine Marmorskulptur des Mailänders Christoforo Solari von 1516/17 zeigt Herkules, einen der populärsten antiken Sinnbilder für siegreichen Kampf, als Bezwinger des Riesen Cacus. Der Sieg wird hier zur heroischen Pose stilisiert. In den allen Religionen soll das Gute über das Böse siegen, wobei Schutzgottheiten und Heilige den Menschen zur Seite stehen. Die Darstellung des triumphierenden Erzengels Michael auf dem niedergeworfenen Satan ist ein Beispiel für das Motiv des ewigen Gefechts zwischen Gott und Teufel. Anders als bei Herkules bedingt hier allerdings nicht die physische Überlegenheit den Sieg, sondern die Macht Gottes, die in den Attributen des göttlichen Boten repräsentiert ist: das Flammenschwert und das Schild mit dem christlichen Kreuzeszeichen zeichnen den Engel als einen Vertreter überirdischer göttlicher Kräfte aus.
In der Kunstgeschichte führt ein langer Weg von der idealisierenden Herrscherdarstellung bis zum demokra- tischen, letztlich wohlfeilen fotografischen Konterfei für Jedermann. Das Bild vom „Ich“, das in der Kunst- geschichte durch das Portrait repräsentiert wird, zeigt körperliche Merkmale und vermag Stellung, Charakter, Persönlichkeit, gar das Wesen des Portraitierten zu enthüllen. Im Zuge der Aufklärung regte das körperliche Erscheinungsbild Johann Caspar Lavater zu vergleichenden physiognomischen Studien an, in denen er einen Zusammenhang zwischen Schädel- und Gehirnform, sowie Charakter und Geistesgaben konstruierte. Eine Portraitstudie von Daniel Chodowiecki, einem der bekanntesten deutschen Illustratoren des 18. Jahrhunderts, diente somit als Studienobjekt für den „Physiognomiker“. Das Kapitel Individualität zeigt außerdem Objekte wie die zwei Meter großen weiblichen Figuren (um 1904) von Richard Lucksch mit nervös gedrehter Körperhaltung, die als Fassadenschmuck eines Sanatoriums für Nervenkrankheiten den neuen Frauentyp der Neuzeit darstellen.
Das Phänomen der Verehrung ist allen Kulturen immanent. So versammelt das Kapitel Verehrung Objekte mit Kultstatus, stellvertretend für Personen und Ideen. Die Bandbreite reicht von der Volkskunst über die Antike bis zum politischen Kult und schließt auch die Marien- und Christusverehrung ein. Dass auch reine, unvergäng- liche Schönheit verehrenswürdig war und ist, repräsentiert der Kopf eines knabenhaften Engels, dessen androgyne Gesichtszüge den Charakter seines überirdischen Wesens offenbaren. Das berühmte Plakat „Viva Ché“, das das Konterfei des Revolutionärs von Ernesto "Che" Guevara in Schwarz auf roten Grund inszeniert, steht für den gegenwärtigen Personenkult. Als moderner Schmerzensmann wird der Revolutionär weltweit verehrt. Er litt für seine Ideale und wurde von seinen Widersachern ermordet. »Che« starb ungefähr im selben Alter wie jener Jesus von Nazareth.
In allen Kulturen und Zeiten ist der Tod und mit ihm auch das Sterben ein zentrales Thema. Grabbeigaben und Schmückung der Toten belegen, dass der Tod nicht als Endpunkt, sondern als Bindeglied zu einem neuen individuellen Leben oder Übergang der in einen anderen Seinszustand verstanden wird. Unmittelbarer Ausdruck des Todes wurde der Schädel: Bereits im 9. Jahrtausend v. Chr. sind Schädelkulte im Vorderen Orient nachzuweisen. Er findet sich als Reliquie in kunstvoll verzierten Reliquaren der christlichen Kirche des Mittelalters und dient seit der Renaissance als Vanitasmotiv, das die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens im Vergleich zur Unsterblichkeit der Seele symbolisiert. Der kürzlich verstorbene Modedesigner Alexander McQueen machte den Schädel als traditionelles Freibeutersymbol zu seinem Erkennungszeichen und ließ ihn u.a. auch auf Seidenschals drucken.
Ausstellungsarchitektur: Holger Wallat
Katalog: Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, 128 Seiten, mit ca. 75 farbigen Abbildungen, 20 Euro, heraus- gegeben von Sabine Schulze und Texten von Nora von Achenbach, Gabriele Betancourt, Jürgen Döring, Angela Graf, Frank Hildebrandt, Rüdiger Joppien, Olaf Kirsch, Christine Kitzlinger und Sabine Schulze.
Audioguides: Für Besucher stehen drei Audioguides zur Verfügung: Eine Einführung mit über 80 Objektbe- trachtungen, eine musikalische Reise mit Musikstücken und Liedern zu 17 ausgewählten Objekten und eine Hör- und Spielführung für Kinder und Erwachsene unter dem Titel „Augenspiel“ mit Musik und spannenden Suchaufgaben.
Der Katalog wurde ermöglicht mit Unterstützung der Justus Brinckmann Gesellschaft
Kuratorin: Prof. Dr. Sabine Schulze
Pressekontakt: Michaela Hille, Telefon: 040/428 134 - 53 53, Telefax: 040/428 134 - 28 34
E-Mail: michaela.hille@mkg-hamburg.de oder presse@mkg-hamburg.de
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21.03.2010 - 19.09.2010