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"Jugendstil. Made in Munich" in der Kunsthalle München | Münchner Stadtmuseum

Münchens Ruf als weltoffene Kulturmetropole mit herausragenden Ausbildungs- und Ausstellungsmöglichkeiten zog Ende des 19. Jahrhunderts Kunstschaffende aus ganz Europa an. In diesem für Innovationen offenen Klima erschien ab 1896 die Zeitschrift Jugend, deren Programm sich allen Lebensbereichen widmete. Bald sollte sie zur Namensgeberin für die neue Strömung werden. Schon die bunten Titelseiten der Zeitschrift, die unter anderem von Richard Riemerschmid (1868–1957), Bruno Paul (1874–1968) oder Hans Christiansen (1866–1945) stets in einem anderen Stil gestaltet wurden, führen vor Augen, dass es sich beim Jugendstil nicht um eine einheitliche künstlerische Bewegung handelt. Vielmehr wird deutlich, dass sich die Künstler*innen dieser Richtung mit den großen Fragen ihrer Zeit auf ästhetisch vielfältige Weise auseinandersetzten.

"Jugendstil. Made in Munich" stellt in zehn Kapiteln die wegweisenden Ideen und Inspirationsquellen vor, aus denen die in München ausgebildeten bzw. arbeitenden Künstler*innen ihren jeweiligen Stil entwickelten. Aspekte wie die Gleichstellung der Geschlechter, ein gesundes Leben im Einklang mit der Natur oder die Demokratisierung von Kunst und Gesellschaft bilden den Hintergrund, vor dem sich der Parcours entfaltet.

Der erste Raum versetzt die Besuchenden in ein Wohnhaus in der Schwabinger Georgenstraße und lässt sie in die (Wohn-)Welt um 1900 eintauchen. Das Interieur von Salon und Speisezimmer, das Riemerschmid für Carl von Thieme (1844–1924), einen Mitbegründer der Münchner Rück-Versicherung, entwarf, wird hier wieder zusammengebracht. Die Gestaltung ist ein Paradebeispiel für ein Streben nach Ganzheitlichkeit im Sinne eines Gesamtkunstwerks. Hier wird der gemeinsame Ansatz der Jugendstil-Künstler*innen deutlich, das Leben mit Hilfe von Kunst zu verschönern.

Das folgende Kapitel blickt zurück auf die Anfänge der neuen Kunst in München. 1897 wurde auf der "VII. Internationalen Kunstausstellung" im Glaspalast erstmals die Abteilung "Kleinkunst" zugelassen. Künstler*innen, darunter Otto Eckmann (1865–1902), August Endell (1871–1925) und Bernhard Pankok (1872–1943), taten sich zusammen, um dort modernes Kunstgewerbe zu präsentieren. Zwar hatten sie dafür nur zwei kleine, denkbar ungünstig gelegene Räume zur Verfügung, dennoch wurde ihre Zusammenschau von Möbeln, Textilien, Gebrauchsgegenständen, Gemälden und Grafiken ein Publikumserfolg. Ebenfalls dort zu sehen waren Textilarbeiten von Hermann Obrist (1862–1927), der das Münchner Publikum bereits ein Jahr zuvor mit unkonventionellen Stickereien in Staunen versetzt hatte. Seine von Berthe Ruchet (1855–1932) ausgeführten Entwürfe waren revolutionär. Höhepunkt der Ausstellung von 1896 war der Wandbehang mit Alpenveilchen (um 1895), der wegen seiner dynamischen Linienführung schnell als Peitschenhieb bekannt wurde. Dieses Haupt- und Initialwerk des Münchner Jugendstils wird in der Ausstellung der Kunsthalle seit langem erstmals wieder im Original zu sehen sein.

Als Gegenbewegung zu Industrialisierung und Urbanisierung keimte das Ideal eines umweltbewussten Lebens im Einklang mit der Natur auf. Die sogenannte Lebensreform wollte alle Bereiche des Alltags modernisieren – von korsettfreier Kleidung bis hin zu vegetarischer Ernährung. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen hatten auch Einfluss auf künstlerische Entwürfe. Der Tier- und Pflanzenwelt als wichtigster Inspirationsquelle des Jugendstils sind zwei Räume der Ausstellung gewidmet. Dabei wird deutlich, dass die Künstler*innen die Natur nicht nur abbildeten, sondern sie auch zunehmend stilisierten oder gar abstrahierten. Damit bereiteten sie den Weg in die Moderne. Dies lässt sich bereits in dem berühmten Fassaden-Ornament finden, das Endell für das Fotoatelier Elvira, einen wichtigen Ort der Münchner Frauenbewegung, entwarf.

Ein Themenraum über die Auseinandersetzung mit historischen Techniken und Stilen macht deutlich, dass die Jugendstil-Künstler*innen ihre Inspirationen auch in vergangenen Epochen fanden; dies zeigt sich in der gotischen Schlankheit des Vitrinenschranks (1898/99) von Bernhard Pankok oder auch in der klassizistischen Strenge der Speerschleudernden Amazone (1897) Franz von Stucks (1863–1928).

Das folgende Kapitel widmet sich Märchen, Mythen und Sagen, deren Geschichten und Figuren die Künstler:innen auf vielfältige Weise aufgriffen. Marionetten- und Schattenspiele galten dabei als besonders geeignet, um fantasievolle Welten lebendig werden zu lassen. In der Ausstellung wird unter anderem ein Bühnenbild des Schwabinger Schattentheaters gezeigt. Auch die kulturellen Importe aus außereuropäischen Ländern beflügelten die Fantasie der Kunstschaffenden. Der Begeisterung für die neu entdeckten Formen, Motive und Techniken lässt sich in allen Gattungen nachspüren. So etwa in Riemerschmids Schrank (1905) aus nach asiatischem Vorbild gebürstetem Holz.

Das Interesse an allem "Exotisch"-Außereuropäischen lag unter anderem in der Sehnsucht nach Ursprünglichkeit begründet. Diese zeigte sich gleichzeitig in einer neu erwachten Vorliebe für Heimat und Tradition. In der Stadt feierte man Bauernfeste oder entwarf Möbel und Gebrauchsgegenstände im ländlichen Stil. Diese "volksnahe" Ästhetik stand auch im Zusammenhang mit einem zunehmenden Bestreben, Kunstgewerbe für die breite Masse attraktiv zu machen. Das letzte Kapitel stellt jene revolutionären Entwürfe vor, die künstlerisches Design auch für eine größere Käuferschaft erschwinglich machen sollten: So entwarf Riemerschmid ab 1905 seine als Bausatz produzierten "Maschinenmöbel" und Bruno Paul entwickelte ab 1908 mit seinen "Typenmöbeln" modular ergänzbare Wohnungseinrichtungen. Diese innovativen, aufgrund ihrer schlichten Funktionalität als sachlich bezeichneten Tendenzen des Jugendstils haben bis ins heutige Design Gültigkeit.






  • Das Ende des 19. Jh. war geprägt von dem Erscheinen einer neuen Stilrichtung. Sie schien das...
  • 25.10.2024 - 23.03.2025
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    Montags geschlossen

     

    Im Rahmen des Abschiedsprogramms "Hin und weg" des Münchner Stadtmuseums ist der Museumseintritt in alle Ausstellungen bis 7. Januar 2024 frei.



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