Postmoderne
Sigmar Polke. Frühe Druckgrafik
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Ausstellung02.03.2016 - 22.05.2016
Frankfurt am Main, 10. Februar 2016. Mit einer konzentrierten Auswahl von dreißig Werken präsentiert das Städel Museum vom 2. März bis 22. Mai 2016 die frühe Druckgrafik Sigmar Polkes (1941–2010). Polke zählt zu den herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Kunstszene des 20. Jahrhunderts. Für seine druckgrafischen Werke aus den Jahren 1967 bis 1979 wählt er mit Offset- oder Siebdruckverfahren handwerklich weniger anspruchsvolle und künstlerisch eher triviale Techniken, mit denen er scheinbar zufällige, irritierende Kommentare zu Kunst und Gesellschaft transportiert und verbreitet. Andere Arbeiten Polkes überraschen durch die ungewöhnliche Zusammenstellung verschiedenster Drucktechniken und Materialitäten: So kombiniert er beispielsweise einen Siebdruck mit Blindprägungen und Stanzungen oder setzt haptische Oberflächenstrukturen ein. Für die Fertigung eines Offsetdrucks ist ein Künstler stets auf gelernte Drucker angewiesen. Umso nachdrücklicher konzentriert sich Polke in seiner druckgrafischen Arbeit auf die Auswahl von Motiv und Material. In einer Zeit, die vom Wachstumsglauben und von gesellschaftskritischen Unruhen geprägt ist, bleibt Polke seinen durch Beobachtung, Witz und Ironie getragenen Botschaften auch in der Druckgrafik treu. Das gedruckte Bild, massenmedial verbreitet oder vom Künstler fotografisch inszeniert, bildet eine wesentliche Grundlage seiner künstlerischen Arbeit. Die Präsentation in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung zeigt eine ebenso hochwertige wie fokussierte Auswahl der frühen Druckgrafik Sigmar Polkes und befragt diese auf ihre besondere Qualität.
Der 1941 im schlesischen Oels (Oleśnica) geborene Sigmar Polke absolvierte zunächst eine Glasmalerlehre, bevor er sein Studium der Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf begann. Schon während seiner Studienzeit (1961–1967) unter Gerhard Hoehme und Karl Otto Götz ging Polke in seinen Gemälden auf Distanz zur vorherrschenden Tendenz zur Abstraktion. Sein Interesse galt nicht der ungegenständlichen malerischen Geste, sondern einem künstlerischen Umgang mit den damals aktuellen verfügbaren Bildwelten des aufstrebenden westdeutschen Wirtschaftswunders. Zusammen mit seinen älteren Kommilitonen Konrad Lueg und Gerhard Richter führte Polke 1963 in einem Düsseldorfer Möbelhaus die Aktion „Demonstration für den Kapitalistischen Realismus“ durch. Während die Pariser Kunstszene in den 1960er-Jahren durch den zunehmenden Einfluss der amerikanischen Pop-Art in den Hintergrund trat, wurden die konsumorientierte Warenwelt und die kleinbürgerliche Nachkriegsidylle der BRD, wie sie sich in Illustrierten und Werbung spiegelten, für Polke zur Grundlage eines außerordentlich reflektierten und dabei nichtsdestotrotz spielerisch wirkenden Schaffens.
Auch in seinen druckgrafischen Arbeiten greift der junge Künstler auf vorgefundene Bildwelten zurück. So diente ihm etwa eine einfarbige Zeitungsreklame als Vorlage für sein erstes druckgrafisches Werk, Freundinnen I (1967). Diesen Zeitungsdruck hat er bereits 1964/65 für Übertragungen in ein Gemälde verwendet. Der dort imitierte, eigenhändig Punkt für Punkt gemalte Raster wird in der Druckgrafik durch die Wahl des Offsetverfahrens erzeugt. Die gerasterte Struktur tritt durch die Vergrößerung des Motivs verstärkt in den Vordergrund. Die für Polke typischen Rasterpunkte dominieren auch seinen Beitrag zum 1967 erschienenen druckgrafischen Mappenwerk Grafik des kapitalistischen Realismus: das in Siebdrucktechnik ausgeführte Wochenendhaus.
Neben vorgefundenen Bildern aus Printmedien verwendet Polke für seine Drucke auch eigene Fotografien wie die eines zum Stern geformten, mit einer Polaroidkamera aufgenommenen Zollstocks (Zollstocksterne, 1970), experimentell verarbeitete Negative (Selbstbildnis, 1971), sichtbar lädierte Vergrößerungen (Fernsehbild [Kicker], 1971) oder die während einer Reise nach Amerika im Stadtbild fotografierten New Yorker Bettler (1974). Im Unterschied zu den künstlerischen Techniken des Holzschnitts, der Radierung oder Lithografie wählt Polke mit Offset und Siebdruck in der Gebrauchsgrafik übliche Drucktechniken, die sehr viel höhere Auflagen erlauben. Vor diesem Hintergrund überrascht es besonders, dass er 1972 für eine Reihe von Schuldrucken des Landes Nordrhein-Westfalen einen Siebdruck aufwendig mit Blindprägung und Stanzung versehen ließ und die einzelnen Exemplare der Auflage durch die individuelle Überarbeitung mit Glitzerfarben zu Unikaten aufwertete. In Zusammenarbeit mit der „Griffelkunst-Vereinigung Hamburg“ entstehen 1973 mehrere Editionen, für die Polke als Druckträger hochwertige Buchbinderpapiere wählt, die sich durch mitunter haptische Oberflächenstrukturen auszeichnen. Im Druck werden die Papiere mit Bild- und Textebenen kombiniert. Die aufwendig umgesetzten Resultate dieser überblendeten Schichten verunsichern den Betrachter und lassen ihn bei allen vielversprechend erscheinenden Verweisen letztlich doch im Ungewissen. Polkes kalkulierter Umgang mit Bildern und Textzitaten aus der Physik, Biologie, aber auch Mythologie mündet in ein kreatives Spiel, das in subjektiven Bahnen um Wissenschaft und Mysterium kreist.
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02.03.2016 - 22.05.2016
SIGMAR POLKE. FRÜHE DRUCKGRAFIK
Kuratorin: Dr. Jutta Schütt, Leiterin Graphische Sammlung ab 1750
Ausstellungsdauer: 2. März bis 22. Mai 2016Ort: Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt Information: www.staedelmuseum.de, info@staedelmuseum.de, Telefon +49(0)69-605098-0, Fax +49(0)69-605098-111