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Kunst in der Ostschweiz im Banne des 2. Weltkriegs

Himmel

Kriegszeiten treffen Künstler hart. Wer denkt schon an Kunst, wenn das Leben existentiell bedroht ist? Auch wenn die Schweiz während des 2. Weltkriegs von Kampfhandlungen weitgehend verschont blieb, war die Situation für die Bevölkerung nicht einfach. Nahrungsmittelknappheit, Flüchtlingsströme aber auch die unsichere Nachrichtenlage bestimmten den Alltag im Land. Künstlerinnen und Künstler reagieren in ihrem Schaffen, aber auch in ihrem alltäglichen Verhalten ganz unterschiedlich auf besondere Situationen. Die Ausstellung „Der Himmel brennt am Horizont“ wirft ein Schlaglicht auf die Zeit und zeigt auf, wie Kunstschaffende mit der schrecklichen Wirklichkeit des nahen Kriegs umgingen.

Der Ausstellungstitel „Der Himmel brennt am Horizont“ ist einem Landschaftsbild von Adolf Dietrich entlehnt. Bei der 1939 entstandenen Abendstimmung schweift der Blick über den Untersee. Der Himmel ist fast schwarz. Nur über dem deutschen Ufer scheint der Horizont in Flammen zu stehen. Selbst wenn Dietrich lediglich eine winterliche Gewitterstimmung malte, so liegt es nahe, den gleissenden Himmel als ein Fanal für kommenden Schrecken und Zerstörung zu lesen. Das zerstörende Feuer ist bedrohlich nahe, gleich hinter der Grenze. Es verheert die nachbarschaftlichen Landstriche und niemand weiss, ob und wann es überspringt.

Dietrich malte dieses Bild schon im Frühjahr 1939, noch vor dem eigentlichen Kriegsausbruch im September. Schon zu diesem Zeitpunkt war die heraufziehende Katastrophe für jeden aufmerksamen Zeitgenossen erahnbar. Im Werk vieler Künstlerinnen und Künstler spiegelt sich direkt oder indirekt die bedrohliche Stimmung. Hedwig Scherrer oder Frans Masereel engagierten sich mit ihren Werken schon vor dem Ausbruch des Kriegs gegen den sich abzeichnenden Wahnsinn. Robert Wehrlin, der den Krieg in einem Aussenbezirk von Paris überlebte, reagierte in Zeichnungen, grafischen Blättern und Gemälden ganz direkt und bissig auf die kriegerischen Ereignisse: sein Glück, dass diese Werke bis Kriegsende niemand sah! Ernst Graf verarbeitete in seinen Aquarellen die Schrecken des Flüchtlingselends und die Zerstörung des Menschbilds durch den Krieg.

Nicht bei allen Künstlerinnen und Künstlern zeigte sich eine unmittelbare inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Kriegsthema. Die Einschränkungen des Alltagslebens und die Gedrücktheit der Stimmung fanden aber indirekt Eingang in die Bilder. Die Farbpalette des jungen Carl Walter Liners färbte sich während des Kriegs dunkel und im Werk von Carl Roesch verschwanden die fröhlichen Badebilder der Dreissigerjahre und machten Platz für behäbige Bauernmotive und traditionelle Ausblicke in die nächste Umgebung.
Einen unmittelbaren Einblick in den Alltag der Schweizer Bevölkerung geben Fotografien von Hans Baumgartner und Theo Frey. Während Hans Baumgartner als Privater seine Eindrücke der Allgegenwart des Soldatischen oder aber in seiner Funktion als Lehrer intime Eindrücke des Alltags der Bevölkerung auf dem Land festhielt, war Theo Frey als Reporter mit offiziellem Auftrag der Armee unterwegs. In dieser Funktion dokumentierte er den sogenannten „Rütlirapport“ aber auch die Flüchtlingsströme am Ende des Kriegs. Karikaturen aus dem Nebelspalter von Bö, dem Appenzeller Carl Böckli, sowie eine Serie von Porträts von wichtigen Persönlichkeiten aus der damaligen Kulturwelt von Ernst Emil Schlatter runden das Bild des Ostschweizer Alltags in den Kriegsjahren ab.

Die Ausstellung „Der Himmel brennt am Horizont“ ist mehr Stimmungsbild denn Dokumentation. Sie will und kann keinen umfassenden Überblick geben, sondern lässt anhand von Einzelpositionen aus der Ostschweiz lediglich aufscheinen, wie diffus und schwierig die Zeit damals gewesen sein muss. Ihre Aktualität erhält die Ausstellung dadurch, dass viele Themen – der Krieg am Horizont unserer Wahrnehmung, die Flüchtlingsströme, die Frage nach der Identität des Schweizerischen - wenngleich in veränderten Dimensionen bis heute nichts an Brisanz verloren haben.






  • 17.01.2015 - 30.08.2015
    Ausstellung »
    Kunstmuseum Thurgau »

    Sommerhalbjahr
    1. Mai bis 30. September
    Täglich 11 – 18 Uhr

     

    Winterhalbjahr
    1. Oktober bis 30. April
    Montag bis Freitag: 14 – 17 Uhr
    Samstag, Sonntag und Feiertage: 11 – 17 Uhr

    Über Weihnachten/Neujahr bleiben die Museen und alle Betriebe der Kartause Ittingen geschlossen.

    Preise
    Eintritt
    pro Person SFr. 10.00



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  • Robert Wehrlin: Le Mauvais Peintre, um 1940. Sammlung Jacques Wehrlin, Paris
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    Kunstmuseum Thurgau
  • Carl Walter Liner: Hottingerstrasse im Winter, 1944.Kulturstiftung Heinrich Gebert, Appenzell.
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    Kunstmuseum Thurgau
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    Kunstmuseum Thurgau