Sonderauktion
Sonderauktion Nachlass Prof. Dr. Kurt Liebermeister
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Auktion19.05.2010
Max Klingers zeigte seine Vielseitigkeit nicht nur als Maler und Radierer, sondern auch in den farbigen Skulpturen, in denen er die Tradition der Antike aufleben ließ und die seinen Ruhm als führender Künstler des Symbolismus und Wegbereiter der Moderne begründeten. Mit der Bronze „Die neue Salome" (1903, Taxe 12.000 - 16.000 Euro) und der Beschäftigung mit den Themen Sehnsucht, Leidenschaft, Liebe, Erotik und Tod etablierte sich Max Klinger als herausragender Künstler des Symbolismus. Die Verwendung von farbigem Marmor folgte der Auffassung von der Vielfarbigkeit antiker Statuen und setzte neue Maßstäbe in der Bildhauerkunst. Ähnlich kühn war Klingers Darstellung eines neuen Typs der sich ihrer sexuellen Macht bewussten Frau. Salome tritt als Halbfigur auf, unter sich die Häupter von Johannes und - abweichend vom Neuen Testament - des Herodes. Die „neue" Salome wurde 1894 vom Leipziger Stadtrat gegen die kritischen Stimmen, die von „Verstoß gegen die guten Sitten" sprachen, für das Museum angekauft.
Unter den Werken moderner Malerei seien besonders zwei Werke von Francis Bacon erwähnt, zum einen die Farbaquatinta-Radierung „Porträt Michel Leiris" (1978, Taxe 10.000 - 15.000 Euro). Mit dem Schriftsteller und Philosophen verband den Maler eine tiefe Freundschaft. Bei dem Bildnis richtet er die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Auge des Porträtierten - ein Beweis dafür, dass Bacon die Gattung der Porträtmalerei einem radikalen Wandel unterzogen hatte. Bei 6.000 bis 8.000 Euro aufgerufen wird außerdem Bacons Farblithografie „Study for Portrait of John Edwards" (1987). Der Besitzer zweier Pubs im Londoner East End wird hier als athletischer Akt wiedergegeben, dessen Profil sich deutlich abhebt. Der vierzig Jahre Jüngere war für Bacon Geliebter, Freund, Fotograf und Modell für zahlreiche Bilder. Die Farblithographie basiert auf einem großformatigen Gemälde von 1986 mit dem Titel „Studie für ein Porträt von John Edwards", das auf der Münchner Ausstellung im Haus der Kunst zu sehen war und möglicherweise dort das Interesse des Sammlers Liebermeister fand.
Von Ernst Wilhelm Nay stammt ein durch Cezanne und die Kubisten inspiriertes Aquarell „Dans la campagne" (1947, Taxe 23.000-25.000 Euro); mit den sinnlich-träumerischen Motiven lässt der Künstler den Krieg endgültig hinter sich. Eine unbetitelte Collage des Biennale- und Documenta-Teilnehmers Emilio Vedova aus dem Jahr 1964 ist auf 25.000 bis 28.000 Euro geschätzt. Vedova zählt zur ersten Nachkriegsgeneration, die sich als Verfechter der informellen Malerei behauptete. Seine Werke greifen die Dynamik des Futurismus wie auch die Formgeflechte von Wols und Pollock auf. Vedovas Bilder tragen oft als Tondo, Scheibe oder in Form von Assemblagen einen starken Objektcharakter. Diesem Prinzip folgt auch die aus zwei Lagen Papier bestehende Collage. Ihre Bemalung mit Tusche entfaltet im Zusammenwirken von spontanem Bewegungsrhythmus und Licht einen ästhetischen Reiz, der durch den politischen Bezug Gewicht erhält. Vedova, der als Partisan im Krieg gegen die Faschisten kämpfte, verknüpfte die Entrüstung über Missstände in seiner Malerei stets mit einer moralischen Dimension. Diese Arbeit ist im Atelier des Bildhauers Arno Breker entstanden; die eingeklebten Ausschnitte von Berliner Tageszeitungen beziehen sich auf die Teilung der Stadt, das Informelle der Malerei wird zum Abbild der historischen Situation der Stadt und ihrer Zerrissenheit.
Möbel und Textilien
Auch französische Jugendstil-Möbel befinden sich in der Kollektion von Liebermeister, etwa zwei Etagèren (1905, Taxe 2.000 - 3.000 bzw. 2.000 - 2.500 Euro) von Louis Majorelle. Besonders interessant sind ein Schreibtisch und ein Stuhl aus Rosenholz (um 1900, Taxe je 3.500 - 4.000 Euro) von Eduard Colonna: Ein identischer Stuhl befindet sich im Metropolitan Museum New York; er wurde für den Pavillon Samuel Bing auf der Pariser Weltausstellung 1900 entworfen. Darüber hinaus wird ein Stuhl mit geschweifter Rückenlehne von Hector Guimard für 3.500 bis 4.000 Euro angeboten (um 1903) sowie - ebenfalls von Guimard - eine Kamineinfassung aus weißem Marmor,
die ursprünglich für das Castel Béranger gedacht war (1905, Taxe 4.000 - 6.000 Euro). 1903 ersann Charles Rennie Mackintosh zwei Eichenstühle für die Willow Tea Rooms, die nun bei Neumeister bei je 6.000 bis 7.000 Euro aufgerufen werden.
Im Angebot moderner Möbel finden sich Sitzgelegenheiten wie ein Lounge-Chair von Charles
und Ray Eames (1956, Taxe 1.800 - 2.000 Euro), zwei Bertoia-Stühle aus Stahldraht (1950/52,
Taxe 600 - 700 Euro) sowie zwei Bänke in reduziertem Design von 1952 (Taxe 1.000 - 1.200 Euro), ein Sottsass-Armlehnsessel „Eastside" aus Schichtholz mit mattierten Stahlfüßen (1983, Taxe 800- 1.000 Euro) sowie ein Armlehnstuhl von Warren Plattner (1966, Taxe 900 - 1.000 Euro) mit passendem Couchtisch (1966, Taxe 1.200 - 1.500 Euro).
Seltenere Fundstücke auf dem Kunstmarkt sind historische Textilien, die in der Sammlung Lieber-meister mit rund 40 Losen zu Taxen zwischen 400 und 2.800 Euro vertreten sind und die den Auftakt zur Auktion machen. Neben überwiegend italienischen Seidengeweben der Spätrenaissance werden mehrere liturgische Gewänder in teils sehr gutem Erhaltungszustand angeboten, etwa eine Kasel des 15. Jahrhunderts. Das aufwändig figural gestickte Kaselkreuz und der -stab wurden in Köln herge-stellt, während der Samtgrund mit Granatapfelmuster aus Italien stammt (Taxe 2.500 - 2.800 Euro). Aus sogenannter bizarrer Seide mit phantastischen Architekturprospekten, Blumenranken und Lambrequins gefertigt ist eine französische Kasel (um 1710; Taxe 1.000 - 1.200 Euro).