Auktionen Heidelberg
Mit entblößter Brust und à la Turque Juni 2017
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Auktion09.06.2017
Zu den Sternstunden eines Auktionshauses zählen nicht nur die Wieder-Entdeckung außergewöhnlicher Kunstobjekte, sondern auch das Auffinden zugehöriger, alter Dokumente.
Das Heidelberger Auktionshaus Kunst & Kuriosa wurde Anfang des Jahres mit der Bewertung und Vermarktung einer Gemälde-Sammlung beauftragt, die mit zwei Überraschungen aufwartet. Unter den vielen, teils sehr qualitätsvollen Werken des 17.–19. Jh., darunter z.B. ein Herren-Porträt des Rotterdamer Cornelis Picolet (1626–1679) mit einer Expertise von Walther Bernt aus dem Jahre 1978, fanden sich zwei herausragende Werke, eine "Flora" von Johann Heinrich Tischbein (1722–1789) sowie eine junge Frau mit türkischem Kopfputz, die nach aktuellem Gutachten von Dr. Rainer Stüwe vom Venezianer Giovanni Tiepolo (1696–1770) aus dessen Würzburger Zeit stammt.
Zu dem gut erhaltenen Tischbein-Gemälde fanden die Mitarbeiter des Auktionshauses in der Hausbibliothek des Nachlasses einen originalen Katalog der Jubiläums-Versteigerung von Rudolf Bangel, die am 10. Mai 1920 in Frankfurt mit der Sammlung der Fürsten zu Erbach-Schönberg ein großes nationales und internationales Echo fand. Das Tischbein-Porträt wurde unter der Los-Nr. 52 aufgerufen und erzielte damals 14.100 RM, den unter den 68 angebotenen Sammlungs-Exponaten zweithöchsten Preis nach einem Rubens-Gemälde. Das Gemälde mit den Maßen 72,5 x 61 cm zeigt das Halbporträt einer jungen Dame mit leicht geöffnetem Mund und entblößter linker Brust. Mit der Blumengirlande in der Linken und Blüten auf dem Kopf erinnert sie an die Blumengöttin Flora, allerdings deutet die Freizügigkeit der Darstellung eher auf eine jugendliche Mätresse. Das Gemälde gelangt mit einem Limit von € 8.000 zum Aufruf.
Die Arbeit von Giovanni Battista Tiepolo zeigt den betont nahe an den Betrachter heran gerückten Kopf einer jungen Dame mit Kopfschmuck à la Turque im Halbprofil, die mit der subtil ausgearbeiteten Frische des Inkarnats und den sanften, leicht feuchten Augen erstaunlich lebendig wirkt. Das Gemälde mit den Maßen 44 x 33 cm geht mit € 9.000 an den Start.
Passend zu den Gemälden sind Möbel des Barocks, u.a. ein Braunschweiger Stollenschrank um 1730 (Limit € 900) und eine Kommode um 1780, ebenfalls aus Braunschweig (€ 750), desweiteren eine große theologische Bibliothek des 16.–18. Jh. mit zahlreichen Raritäten, inkl. Werke zur Philosophie, Medizin, Naturwissenschaften, dabei 4 Bde. J.V. Sicklers "Der teutsche Obstgärtner" von 1796–1800 (€ 250) sowie Reiseberichte und Landkarten im Angebot.
Bei den zahlreichen Porzellanen sei eine Sammlung von fünf seltenen Meißner Apostel-Figuren des frühen 20. Jh. erwähnt (€ 650–800), bei den Asiatica ein Bronze-Weingefäß "lei" aus der chinesischen Ming-Zeit (€ 800) und zwei sino-tibetische Buddhas des 18. Jh. aus Bronze (€ 400/800). Last not least wird das Angebot mit einem seltenen zaristischen Eisenbahner-Verdienstorden aus Gold mit Diamanten und Rubinen von 1887 abgerundet (€ 1.200).
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