Farben in Gestalt
In Farben zu leben ist für mich eine Lebensgrundlage. Und ich mag es gewaltig. Kleine Dinge kann ich ganz nett finden, aber ich brauche sie lebensgroß, wie du und ich. Farbige Menschen um mich, das ist ein wunderbares Gefühl. Meine Arbeiten zeigen menschliche Gesichter und Figuren, meist Frauen. Sie entstehen aus mir heraus. Das Gesicht, der Körper, wächst unter meinem Händen. Mit jedem Stück Ton fangen sie an ihr Eigenleben zu leben. Sie teilen mir mit, wie sie aussehen möchten. So entsteht ein nicht vorhergesehenes Abbild. Die Schönheit des Menschen liegt nicht in seiner Form, sondern in seiner Ausstrahlung. Sie offenbaren die Schönheit der menschlichen Gestalt. Mit meinen Plastiken beabsichtige ich nicht etwas Tieferes anzustoßen, doch meine Skulpturen leisten Gesellschaft, füllen den Raum und geben ihm Farbe und Lebendigkeit. Dies ist doch etwas. Ich liebe es nun Mal, mich mit Farben kolossal auszudrücken. Ich bin kein Freund von Beschreibung meiner Werke. Beschreibungen beeinflussen den Betrachter und nehmen ihm somit die Möglichkeit seine eigene Wahrnehmung ins Spiel zu bringen. Deswegen bekommen meine Damen nur Namen, keine Titel. Die Plastiken, die ich kreiere, bestehen aus Terre-Papier ( Französisch Papierton). Ich stelle es selbst her: Aus Tonmehl, Zellulosefasern und Wasser. Man kann Paperclay kaufen. Aber die gekaufte Modelliermasse entspricht nicht meinem Anforderungen. Das Terrepapier ist ein Tongemisch, das circa 85 - 95% aus Tonmehl und zu 5 - 15 % aus Zellulosefasern besteht. Das Fantastische an dieser Sache ist, dass die Zellulosefasern die Widerstandsfähigkeit der Modelliermasse erhöhen, die dann mit Finesse bearbeitet werden kann. Das Modellieren von Plastiken mit meiner Modelliermasse ist dank der Verwendung verschiedener Stützen beim Verfestigen des Terrepapiers möglich. Terre-papier erfüllt die ungewöhnlichsten Erwartungen, verleiht den Plastiken Feinheit und Festigkeit, nimmt Verformungen auf, dichtet Risse ab, eignet sich für alle Oberflächen und zeigt sich dabei auch ohne Brennen stabil. Ist die Plastik einmal fertig, gebe ich ihr die Farben, nach der sie verlangt, um lebendig, zeitgemäß und ausdrucksstark zu sein.
In Frankfurt am Main erblickte ich als Tochter des Künstlerehepaars, Alexander Hornung geb. Diez und Gisela Diez, die Welt. Mitte der 70er Jahre siedelten wir nach Frankreich um. Da meine Eltern alle Formen der Kunst intensiv lebten, versteht es sich, dass Kunst mich stark beeinflusste.
Meine Eltern wollten nicht, dass auch ich den ungepflasterten Weg der Kunst gehe.
Resigniert stürzte ich mich in die Welt, änderte meine Staatsangehörigkeit, bildete eine kleine Familie und lebte auf einer kleinen Insel im ägäischen Meer.
Als meine Eltern verstarben, konnte ich noch immer nicht Frieden mit meiner Vergangenheit schließen. Abermalige Schicksalsschläge forderten mich auf zum Umdenken und ich begab mich auf den Weg, die Wurzeln meiner verstorbenen Eltern wiederzufinden.
Die Bereitschaft mein ICH in einer künstlerischen Form auszudrücken, fand ich erst 2019. Schmerzen und Leiden engten meinen Bewegungskreis ein. Schon von jeher befasst sich der Künstler mit dem Thema Krankheit und Tod. Der Schmerz wird zum Motor der Schaffenskraft und die seelische Verletzlichkeit führt zu neuen Sichtweisen.
Heute, da ich mich dazu entschieden habe, mein Leben als Künstlerin fortzusetzen, weiß ich, dass die Kunst schon immer mein Lebensweg war. Die Essenz der Kunst selbst, mit all ihren verschiedenen Interpretationen und Ausdrucksformen, ist tief verankert in mir. Die außergewöhnliche und kreative Lebensgestaltung meiner Eltern hat meine Weltanschauung und mein Leben stark geprägt.
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