Radical Light:
Italiens divisionistische Maler 1891-1910 18. Juni - 7. September 2008

Sainsbury Wing
Eintritt kostenpflichtig

Am Ende des 19. Jahrhunderts erlebte der neuentstandene Staat Italien eine große wirtschaftliche Krise verbunden mit politischer Unsicherheit und weit verbreiteten sozialen Unruhen. Die Einigung Italiens, welche größtenteils im Jahr 1871 vollzogen wurde, hatte den Menschen die ideale Vorstellung von Demokratie und den nationalen Fortschritt versprochen. Die Realität jedoch offenbarte viele Enttäuschungen, verfremdete Visionen und desillusionierte Menschen.

Viele Künstler befürchteten zu dieser Zeit, dass die zeitgenössische italienische Kunst weit hinter der, der anderen europäischen Nationen zurück bleiben würde. Die Geschichte und die Kunst waren zu einem entscheidenden Wendepunkt gekommen.

Am Ende des Jahrhunderts schuf eine lose zusammenhängende Gruppe von Künstlern aus Norditalien, die später als Divisionisten bekannt wurden, eine radikale künstlerische Antwort auf die gegenwärtigen Situatuation. Was sie erreichten sollte ihr Zeitalter neu definieren.

Radical Light ist die größe Ausstellung dieser Art in Großbritannien und einer der Ersten ausserhalb Italiens, die sich mit dieser kraftvollen Kunstbewegung auseinandersetzt.

Die Ausstellung umfasst 50 Arbeiten der besten Divisionisten, unter ihnen seltene Leihgaben von privaten Kunstliebhabern (Umberto Boccioni, Workshops at Porta Romana, 1908) und öffentlichen Sammlungen aus Europa und Nordamerika.

Die Divisionisten versuchten durch ‘Die Erforschung der Farbe im Licht' (Giovanni Segantini), die Paradoxe der modernen Welt herauszufordern. Beeinflusst durch optische Studien, waren sie davon überzeugt, dass die reinen, unvermischten Fäden 'der geteilten' Farbe für den Zuschauer aus der Entfernung verschmelzen und somit die Bilder eine maximle Leuchtkraft erlangen. Diese technischen Innovationen sind für die einzigartige Intensität ihrer Bilder verantwortlich.

Viele dieser Künstler waren ebenfalls politisch engagiert. Von den frühen 90er Jahren an, nahmen unteranderem Giovanni Segantini, Angelo Morbelli und Emilio Longoni, sozialistische Ideen in ihre Arbeiten mit auf, verdeutlicht wird dies in Giuseppe Pellizza Zitat von 1892: „eine Kunst, nicht um der Kunst willen, aber der Menschheit".

Radical Light präsentiert mit Werken von Longonis " L'oratore dello sciopero di Longon", (Der Streikbrecher) 1890-1 (Private collection) und Boccionis hypnotischem Meisterwerk " La città che sale " (Die Stadt erhebt sich) 1910-11 (MoMA, New York) die Entwicklung des Divisionismus von den frühen Anfängen bis hin zur Entstehung des italienischen Futurismus im Jahre 1909, dessen einhundertsten Jahrestag im nächsten Jahr gefeiert wird.

Als tausende von Arbeitern von den Dörfern in die Städte abwanderten, gaben viele Divisionisten die trostlose Moderne von Mailand und Turin auf, um auf das Land zu ziehen. Segantini flüchtete in die Schweizer Alpen, deren Abgeschiedenheit ihn zu einigen seiner besten Werken inspirierte, darunter „Primavera sulla Alpi" (Frühling in den Alpen)1897 (Private Sammlung) und „La punizione della Lussuria"(Die Strafe der Wolllüstigen)1896/7 (Kunsthaus, Zürich).

Giuseppe Pellizza kehrte an seinen ländlichen Geburtsort Volpedo zurück. Dort wurde er der Vertreter für den sozialen Wandel indem er für die Rechte der Arbeiter auf seinem Grundbesitz eintratt. In seinem Werk " Quarto Stato" (Der vierte Stand), 1895-6 (Pinacoteca di Brera, Mailand), verdeutlicht er den unaufhaltsamen Vortschritt des Proletariats - er engagierte für dieses Werk seine eigenen Arbeiter als Modelle für die Darstellung der Menschenmenge im Hintergrund - und schritt damit vorran in Richtung soziale Gerechtigkeit. Er forderte mit diesem Werk gleichberechtigte Humanität und ein Recht auf Individualität.

Ganz in der Nähe, kehrte Angelo Morbelli zurück in die Reisfelder von Piedmont. Mit seinem Werk „Per ottanta centesimi!" ( Für 80 Cent) 1893-5 (Museo Borgogna)tratt er für die Rechte der unterdrückten Reisarbeiterinnen ein. In Mailand berichtete er ebenfalls über das Leben der Armen und Alten.