Rottweil
Pulverfabrikation seit dem Mittelalter
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Presse30.06.2011
Bis 1994 wurde auf dem Areal Im Neckartal in Rottweil Pulver produziert. Heute ist das lange Zeit leerstehende und verfallende Gelände Produktionsstätte neuer Ideen. Denkmalgeschützt sind dort 40 Objekte der Fabrikanlage. Sie sollen durch das ambitionierte Modell eines Industriepfades zu einem touristischen Anziehungspunkt werden, wobei auch die Vermarktung des Areals zur gewerblichen Nutzung mit in die Überlegungen eingeschlossen ist.
Für die Gesamtsanierung des denkmalgeschützten ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Pulverfabrik in Rottweil stellt dabei die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro. Für Hermann Klos von der Neckartal 100 Projekt GbR eine sehr erfreuliche Nachricht. Neben der DSD beteiligt sich überdies das Land Baden-Württemberg an den anstehenden Maßnahmen.
Sprengstoff wurde in Rottweil vermutlich bereits im 14. Jahrhundert hergestellt. Doch die Pulvermühle, die Vorläufer der Rottweiler Fabrik wurde, übernahm Max Duttenhofer erst 1863 von seinem Vater. Mit der Erfindung des rauchfreien Pulvers 1884, des sogenannten RCP (Rottweiler Chemisches Pulver), gelang Duttenhofer der internationale Durchbruch. Die Pulverfabrik wurde eine der größten privaten Rüstungsbetriebe im Deutschen Reich. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung erlangte die Fabrik in der Zeit vor und während des Ersten Weltkriegs, aus der auch noch die meisten erhaltenen Gebäude stammen. Die "Industrieidylle mit Fluss, Brücke, Platz, Repräsentationsarchitektur und Duttenhofer-Denkmal", so die Kunsthistorikerin Kerstin Renz, wurde zum Teil in anspruchsvoller Architektur von bedeutenden Architekten geschaffen, so von Paul Bonatz, Albert Staiger oder Heinrich Henes. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte der neue Eigentümer die Produktion auf Kunstfaser um. Beim ehemaligen Verwaltungsgebäude Neckartal 100 der Rottweiler Pulverfabrik handelt es sich um das älteste Gebäude auf dem Gelände. Der zweigeschossige, langgestreckte Putzbau entstand 1840 als Wohn- und Verwalterhaus der einstigen "Unteren Pulvermühle". Der symmetrisch gegliederte, klassizistische Baukörper hatte ein niedriges Mezzaningeschoss und ein flaches Vorwalmdach, in zwei kleinen Seitenflügeln waren die Werkstätten eingerichtet. 1922 wurde ein Seitenflügel aufgestockt und ein Anbau auf der linken Seite errichtet, in den 1930er Jahren erweiterte man das Gebäude abermals nach der anderen Seite hin.
Die Pulverfabrik ist eines von über 160 Projekten, die die 1985 gegründete Bonner Denkmalschutz-Stiftung dank privater Spenden und Mitteln der GlücksSpirale, der Rentenlotterie von Lotto, allein in Baden-Württemberg fördern konnte. Dazu gehören auch der ehemalige Gasthof zum Hirschen in Frickingen-Altheim, Haus Kleeblatt in Biberach und das Schloss in Haigerloch.
Bonn, den 30. Juni 2011/Schi