Sammlung
Christentum im Mittelalter. Neueröffnung
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Presse24.03.2013
Mit der Neupräsentation der Mittelalter-Sammlung setzt das MKG den Fokus auf eine weitere Weltreligion: das Christentum. Religion und Kunst sind in der christlichen Gesellschaft des Mittelalters besonders eng miteinander verbunden. In einer Zeit, in der nur wenige Menschen lesen und schreiben können, übernehmen Kunstwerke die wichtige Aufgabe, die zentralen Inhalte der christlichen Lehre zu vermitteln. Die rund 100 gezeigten Objekte – sakrale Bildwerke, Schatzkunst, liturgisches Altargerät und Devotionalien – ermöglichen auch aus heutiger Sicht einen emotionalen Zugang zum Weltbild, zu den Glaubensvorstellungen und -praktiken im Mittelalter. Sie erschließen die drei Grundpfeiler des christlichen Glaubens – die Menschwerdung Gottes, den Opfertod Christi und die Auferstehungsverheißung. Diese Grundsätze gelten bis heute für Christen aller Glaubensrichtungen und bilden die Schwerpunktthemen der neuen Sammlungspräsentation. Jeder der drei Hauptausstellungsräume ist ein Aspekt gewidmet und beinhaltet ein zentrales Werk: Das spätgotische Christuskind von Gregor Erhart (1470—1540) veranschaulicht die Geburt des Messias. Eine Gebetsnuss mit der Darstellung der Kreuzigung verweist auf den Tod Christi. Der berühmte Osterteppich aus dem Kloster Lüne schließlich, der erstmals der Öffentlichkeit dauerhaft präsentiert werden kann, steht für die Auferstehung Christi. Weitere Hauptwerke der Ausstellung sind die Thronende Madonna aus Elfenbein, die Muttergottes auf der Mondsichel von Tilman Riemenschneider (um 1460—1531), die Stehende Madonna mit Kind von Nikolaus Gerhaert von Leyden (1420—1473) und das Lektionar aus der St. Petrikirche in Hamburg von Hinrik Lampspring (Meister 1378—nach 1418).
Geburt: Gott wird Mensch
Den Auftakt der Ausstellung bilden Objekte zur Geburt Christi. Am Anfang des Christentums steht die Geburt des Messias, die Inkarnation (Fleischwerdung) Gottes: Gott wird Mensch. Die Hauptfigur ist das Christuskind aus dem Zisterzienserinnenkloster Heggbach. In der Skulptur zeigt sich, dass Gott zum Menschen geworden ist, ein kleines Kind aus Fleisch und Blut. Weltkugel und Segensgestus deuten auf die göttliche Schöpfung und auf Christus als Heil bringenden Erlöser und künftigen Weltenrichter hin. So wird die Zwei-Naturen-Lehre anschaulich, die besagt, dass Christus Mensch und Gott zugleich ist.
Auch Christi Mutter Maria erfährt als Gottesmutter und Fürsprecherin für das Seelenheil der Gläubigen besondere Verehrung. Das Verhältnis von Mutter und Kind wird in seiner Entwicklung von der repräsentativen Haltung eines segnenden Gottes hin zur zärtlichen Mutter-Kind-Beziehung gezeigt anhand der beiden frühen Elfenbein-Madonnen, der spätgotischen Steinmadonna von Niklas Gerhaert van Leyden und der Maria auf der Mondsichel von Tilmann Riemenschneider. Das Überirdische, das Göttliche, wird im Laufe der Jahrhunderte in eine naturalistische Bildsprache umgesetzt und so für den Gläubigen nachvollziehbar. In der Ausstellung werden große Kultbilder aus dem Kirchenraum kleinformatigen Bildwerken der privaten Andacht gegenübergestellt.
Einen kleinen Exkurs zur Marienverehrung bildet die Rosenkranztafel. Besonders im Spätmittelalter ist die Praxis des Rosenkranzgebets zur Fürbitte der Muttergottes beliebt. Ein Gebet vor dem Bild der heiligen Maria, die hier zusammen mit dem Christuskind und den Engeln Rosenkränze an geistliche und weltliche Würdenträger verteilt, bietet Schutz vor der Pest und anderen Krankheiten. Doch Gebeten müssen auch gute Taten folgen: das französische Minnetäschchen dient zur Aufbewahrung von Münzen für mildtätige Zwecke. Gebete allein reichen für das Seelenheil nicht aus. Es ist der konsequente Sinneswandel, der in guten Werken – wie Almosen für die Armen – seinen Ausdruck finden muss, denn neben der Liebe zu Gott ist die Nächstenliebe zum Mitmenschen zentral für das christliche Handeln. Der französische Klappaltar aus Elfenbein leitet über zum nächsten Thema. Auf dem kleinen Hausaltar sind in der Mitte die Anbetung des Christuskindes durch die heiligen drei Könige und die Kreuzigung dargestellt.
Tod: Die Kreuzigung – Der Opfertod Christi
Hier wird das nächste christliche Dogma thematisiert: Der Opfertod des Gottessohnes. Der Raum ist auf wenige Objekte reduziert. Ein gotisches Kruzifix mit dem leidenden Gekreuzigten wird einer Abfolge von zehn kleinen Gekreuzigten gegenübergestellt, die ursprünglich vergoldete Altar- und Vortragekreuze geziert haben. Sie verdeutlichen die Entwicklung des Christusbildes vom triumphierenden Gott mit Königskrone am Kreuz hin zum leidenden Menschen Jesus Christus mit der Dornenkrone, der qualvoll stirbt. Im Zentrum des Raumes steht eine kleine aufklappbare Gebetsnuss ein. Filigrane Mikroschnitzereien im Innern zeigen die historische Kreuzigung auf dem Kalvarienberg und die liturgische Gregorsmesse. Betnüsse werden für die private Andacht genutzt und sind zugleich ein beliebtes Sammelobjekt. Die Betrachtung des Gekreuzigten gehört zu den wichtigsten Mitteln der Passionsandacht. Man räumt ihr im Mittelalter einen hohen Stellenwert für die Kontemplation ein. Die Intimität des kleinen, in Dunkelheit getauchten Ausstellungsraumes und die Konzentration auf wenige, aussagekräftige Werke erzeugt eine Art kontemplative Situation.
Auferstehung: Die christliche Paradiesverheißung
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