Wayne Thiebaud
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Ausstellung29.01.2023 - 21.05.2023
In einem weiteren Raum sind Spielautomaten das Hauptmotiv. Jackpot, 2004, präsentiert einen sogenannten«Einarmigen Banditen», der für kleines Geld die Chance auf den Hauptgewinn verheisst. Ähnlich wie die Kuchen lockt auch dieses Stillleben mit heimlichen Glücksgefühlen. Daneben gewähren spiegelnde Farbtöpfe mit herabtropfender Farbe und bunte Pastellkreiden, die den Abschluss des Themenkreises «Stillleben» markieren, einen fast intimen Einblick in ein weiteres Sujet: den Arbeitsalltag des Künstlers und seine Malutensilien.
In Thiebauds Figurenbildern bleibt die Nähe zu seinen Stillleben weiterhin sichtbar, die Personen wirken zwar realistisch erfasst, posieren aber in ungewöhnlichen, statischen Körperhaltungen –in der Badewanne bis zum Kopf versunken, in Badeanzügen nebeneinander kniend oder Eiscreme essend. Girl with Pink Hat, 1973,orientiert sich an prominenten Bildnissen der Renaissance etwa eines Sandro Botticelli oder eines Giorgione. Doch im Unterschied zu diesen lassen Komplementärkontraste und leuchtend farbige Konturen das «Mädchen mit dem pinken Hut»erstrahlen. Eating Figures, 1963, dagegen ist jene Komik unterlegt, die man in vielen von Thiebauds Bildern vorfindet: Ein Mann im Anzug und eine Frau im Kleid sitzen auf Barhockern sehr eng nebeneinander und blicken scheinbar lustlos auf ihre Hotdogs, die sie in den Händen halten. Der Heisshunger auf Fast Food und der Genuss des beliebten Imbisses wird hier mit den Mitteln der Ironie ad absurdum geführt.
Weniger bekannt sind die Bilder von Städten und Landschaften. Rock Ridge, 1962, und Canyon Mountains, 2011/12, zeigen steile Felswände, die von Hochplateaus abfallen, auf denen sich zuweilen detailliert gemalte Landschaften erstrecken. In den 1960er-Jahren begann Wayne Thiebaud erste Landschaftsbilder zu malen. Dabei konzentrierte er sich auf atemberaubende Darstellungen von San Francisco, abgeflachte Vogelperspektiven auf das Flussdelta des Sacramento River und wuchtige Panoramen der Berge und Gebirgsketten der Sierra Nevada. Die gemalten Abgründe vermitteln den Eindruck, als ob man in die Abgründe der Farben stürze. Für seine Stadtansichten liess sich Thiebaud massgeblich von San Francisco inspirieren. Die Stadt mit ihren achterbahnartigen Steigungen und steilen Strassen hat er auf fantasievolle Weise mittels starker Kontraste und von Diagonalen beherrschter Kompositionen verbildlicht. Schwindelerregend sind die Strassenzüge in die Höhe gekippt, sie versetzen die Betrachtenden in atemloses Staunen und regen dazu an, darüber nachzusinnen, ob sie überhaupt begeh-oder befahrbar sind. Es sind symbolhafte Bilder der zeitgenössischen US-amerikanischen Stadtlandschaft, die von einem dicht ausgebauten Strassennetz und von Ballungszentren geprägt ist und wo selbst noch die unwirtlichste Natur vom Menschen technisch erschlossen wird und trotzdem seltsam entleert wirkt. Die später entstandenen Gemälde Ponds and Streams, 2001, Flood Waters,2006/2013, oder auch White Riverscape, 2008–2010, wiederum zeigen künstliche Seen und Flusslandschaften. Ab den 1990er-Jahren liess sich Wayne Thiebaud von landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen in der Nähe seines Wohnorts Sacramento zu einer Reihe von panoramaartigen Motiven inspirieren. Ponds and Streamspräsentiert eine typische nordkalifornische Kulturlandschaft, fernab der touristisch bekannteren Gegenden. Die Felder, Baumgruppen und Wasserreservoirsgeben die Topografie nicht exakt wieder. Sie fügen sich vielmehr zu einer bruchstückhaften, sich aus zahlreichen Erinnerungen speisenden Komposition, die durch die Verwendung der Pastellfarben verfremdet erscheint.
In seinen Werken hat Thiebaud die Eindrücke seines Lebens verarbeitet. Auf einzigartige Weise erweckt er mit seinen flimmernden Farbwelten, harmonisch wirkenden Kontrasten und vibrierenden Linien Torten, Landschaften und Menschen zum Leben. Obwohl die Motive gleichsam humorvoll und ironisch anmuten –wie Comics regen sie zum Schmunzeln an, unterhalten oder bringen das kindliche Staunen zurück –, bergen Thiebauds Bilder etwas Nostalgisches und Melancholisches in sich. Nach den ersten Glücksgefühlen beim Anblick der prächtigen Bäckereiauslagen oder Stofftier-Regale mischt sich mitunter ein Anflug von unerwarteter Traurigkeit in die Betrachtung –eine Sehnsucht nach einer vergangenen Welt oder einer längst verflossenen Liebe. Über diese nostalgische Anwandlung hinausgehend, lösen Thiebauds Bilder aber durchaus auch Gefühle der Beklemmung aus, die sich an der Künstlichkeit seiner Stilleben, Figuren und Landschaften entzünden. Gerade angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen in der heutigen Zeit fällt die Absenz des Natürlichen und des Gesunden in den Darstellungen geradezu ins Auge, sodass Thiebauds Bildwelten trotz all ihrer Verheissungen und ihrer Farbenpracht durchaus auch als künstliche, einsame und toxische Orte wahrgenommen werden können.
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Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr