Rembrandts Lan
Rembrandts Landschaften - 400 Jahre Rembrandt
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Ausstellung23.06.2006 - 17.09.2006
Letzter Teil der Ausstellungstrilogie 400 Jahre Rembrandt widmet sich erstmals der Landschaftsmalerei des Meisters
Mit der Ausstellung „Rembrandts Landschaften“ vom 23. Juni bis 17. September 2006) schließen die Staatlichen Museen Kassel ihre Trilogie anlässlich des 400. Geburtstags von Rembrandt ab. Der verhältnismäßig kleine und eigenständige Themenbereich in Rembrandts Oeuvre wurde noch nie in einer Ausstellung behandelt und erfährt nun erstmals eine umfassende Würdigung.
Lediglich acht Landschaftsgemälde von der Hand des Meisters sind bekannt. Davon sind sechs in der Ausstellung zu sehen, daneben über 20 Zeichnungen sowie alle 32 Radierungen mit Landschaftsdarstellungen. Ehemals Rembrandt zugeschriebene Werke und Schülerarbeiten ergänzen die Schau, darunter Gemälde und Zeichnungen von Govert Flinck, Ferdinand Bol, u.a. Die Zusammenführung dieser Werke aus Sammlungen in Washington, London, Cambridge, Dublin, Paris, Madrid, Oslo und anderen Städten ermöglicht eine einzigartige neue Sicht auf Rembrandts Landschaften, ihre Typik und ihren Einfluß.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Städtischen Museum De Lakenhal in Rembrandts Geburtstadt Leiden, wo sie im Anschluss vom 6. Oktober 2006 bis 7. Januar 2007 zu sehen ist.
Landschaftsmalerei zu Rembrandts Zeit
Die Darstellung von Landschaften hatte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer eigenen Gattung entwickelt. Zuvor im Fensterausschnitt oder als Hintergrundfolie für Historienbilder stark eingeschränkt, hatten Künstler wie Joachim Patinir und Herri met de Bles das Verhältnis zugunsten der Landschaft umgekehrt: Nun fand man die Figuren in weiten Landschaften klein eingebettet. Die holländischen Maler im 17. Jahrhundert spezialisierten sich mehr und mehr auf einzelne neuartige Gattungen der Landschaft: Bei dem einen sind es die Flussufer, beim nächsten die Dünen, selbst norwegische Gebirge oder der nächtliche Mondschein konnten zur Spezialität eines Malers werden. Gemeinsam ist den meisten dieser Landschaftsmaler das Ziel, eine möglichst wahrhaftige Wiedergabe der Natur zu schaffen.
Landschaftsgemälde waren meist wesentlich preiswerter als Porträts oder Historien. Der Grund liegt sicher in der traditionellen Hierarchie der Gattungen, die die Historien- und Porträtmalerei über die Landschaftsmalerei stellte. Rembrandt selbst wird sich als Historienmaler gesehen haben. Landschaften zeichnete er bei Wanderungen in der Umgebung Amsterdams eher zu seinem persönlichen Vergnügen. Dies erklärt auch, warum er nur wenige Landschaftsgemälde schuf, die sich darüber hinaus sehr von denen seiner Zeitgenossen unterscheiden.
Wanderungen mit Rembrandt
Erst gegen Ende der 1630er Jahre beschäftigt sich Rembrandt mit der Landschaft, um ebenso abrupt Anfang der 1650er Jahre wieder damit zu enden. In dieser Zeit muß er mehrere Skizzenbücher mit Zeichnungen gefüllt haben, die auf Spaziergängen entstanden. Im Insolvenz-Inventar zu Rembrandts Bankrott 1656 werden drei Alben „vol lantschappen naer ’t leven geteeckent van Rembrant“ (voller Landschaften, nach dem Leben gezeichnet von Rembrandt) genannt, die sicher für seinen privaten Gebrauch bestimmt waren.
Rembrandts Wege auf seinen Wanderungen lassen sich noch heute anhand der Zeichnungen nachvollziehen. So hat er mehrere Mühlen auf den Bollwerken entlang des Amsterdamer Stadtgrabens gezeichnet. In der Stadt selbst interessierten ihn altertümliche Gebäude oder bestimmte Grachten, die er in schnellen Skizzen festhielt. Der Weg aus Amsterdam heraus führte entlang der Amstel zu beliebten Ausflugszielen. Die Polderlandschaft konnte über die Deiche erwandert werden.
Es fällt auf, dass Rembrandt die modernen, geradlinig angelegten Kanäle zur Entwässerung oder die schnellen Verkehrsverbindungen nicht interessieren. Sein Blick richtet sich auf die altertümlichen Winkel der Gegend, die er – wieder zuhause – zum Teil in sorgsamen Zeichnungen oder Radierungen verarbeitete.
Verfallene Gehöfte und verwachsene Bäume – Rembrandts Motive
Rembrandts Besuche der Polderlandschaft vor Amsterdam lassen sich anhand seiner Naturstudien verfolgen. Überwiegend zeichnete er Orte und Gebäude, die einen altertümlichen Charakter aufwiesen. Auf zahlreichen Zeichnungen finden sich einzelne Gehöfte und Hütten abgebildet, die schon zu Rembrandts Zeit wie Relikte aus vergangener Zeit wirken mußten. Sie waren alt und verfallen oder wiesen sonst eine ungewöhnliche Form auf. Eine weitere Vorliebe waren von Wind und Wetter geprägte, verwachsene, knotige Bäume. Und genau aus diesen Motiven gestaltete er bevorzugt seine Radierungen zur Vervielfältigung. Auch in Amsterdam reizten ihn entsprechend nicht die neuen Fassaden der Patrizierhäuser, sondern alte Wehrtürme und die Ruine des abgebrannten Rathauses.
Die Bildwürdigkeit solcher verfallener Gehöfte berührt eine kunsttheoretische Diskussion, die vor allem nach Rembrandts Tod heftig geführt worden ist: Was ist „malerisch“ (oder, wie es in Holland hieß, „schilderachtig“): das Verwinkelte, Verfallene, Altertümliche oder das Gerade, Übersichtliche, Moderne? Argument für Letzteres war der Rang, den man der Malerei als einer hohen und edlen Kunst beimaß, deren Themen demnach nur hohe und edle Motive umfassen konnten. Gerard de Lairesse schildert in seinem umfassenden Lehrbuch der Malerei (1707) das abschreckende Beispiel einer „unschönen und verfallenen Landschaft, die zu Unrecht malerisch genannt“ werde. Dabei führt er zahlreiche Merkmale auch von Rembrandts bevorzugten Motiven auf und steht dabei deutlich konträr zu Rembrandts Auffassung des „Malerischen“.
Rembrandts gemalte Landschaften – Inszenierte Wirklichkeit im Gemälde
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