Nadim Vardag
Nadim Vardag
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Ausstellung16.09.2010 - 28.11.2010
Nadim Vardag ist Preisträger des BostonConsulting & BelvedereContemporary Art Award 2009, ihm ist nun eine Personale im Augarten Contemporary gewidmet. Der mit 20.000 Euro höchstdotierte von der Privatwirtschaft vergebene Preis für zeitgenössische Kunst in Österreich wurde von der Boston Consulting Group gemeinsam mit dem Belvedere etabliert. Er wird in regelmäßigen Abständen verliehen und soll jungen Gegenwartskünstlern aus Österreich durch eine Ausstellung im Augarten Contemporary, einen Katalog und die Unterstützung durch eine hochkarätige Jury zu internationaler Aufmerksamkeit und Vernetzung verhelfen. Die international besetzte Jury hat Nadim Vardag für seine sehr präzise und eigenständige künstlerische Arbeit ausgezeichnet, die sich mit Formen der Wahrnehmung in Bezug auf das Kino auseinandersetzt. Ihn interessieren die Zwischenbereiche ästhetischer Erfahrung, die oft nicht genau beschrieben oder gefasst werden können. Wie wird man von einer bestimmten Szene eingenommen, wo findet das Drama statt, wie entstehen Wirkung und Intensität?
Vardag beschäftigt sich mit den Anfängen des Kinos, den Maschinen und Apparaten, mit denen die ersten bewegten Bilder erzeugt wurden. Das Besondere an dieser historischen Recherche liegt im zeitgenössischen Blick auf die Geschichte. Um alle technischen Möglichkeiten der Gegenwart wissend, zielt Vardag auf die Übertragungen ab, die zwischen analogen und digitalen Technologien stattfinden. So verwendet er beispielsweise die fotografische Aufnahme eines Zoetrops – dabei handelt es sich um eine sich drehende Trommel, in deren Seitenwand Schlitze eingeschnitten sind, durch die hindurch man aufgrund der Drehung die an der Innenseite der Trommelwand angebrachten Bilder als bewegt wahrnehmen kann –, die er digital verändert. In einer Videoarbeit lässt er den Vogel, dessen Flug im Modell des Zoetrops das bewegte Bild anzeigt, um seine eigene Achse fliegen.
Für die Ausstellung im Augarten Contemporary hat Vardag eine Reihe neuer Arbeiten entwickelt, die sich auf den Ort selbst beziehen. So integriert er in seine Ausstellungskonzeption Displayelemente vorangegangener Ausstellungen. Mit grauer Wandfarbe umfasste Projektionsflächen, die für die Präsentation einer Video- und einer Diainstallation angebracht wurden, werden belassen, die weißen Flächen bleiben leer, werden zu Malerei. Reste von an der Wand affichierten Fotografien verweisen auf eine Installation des Bühnenbildners Bert Neumann, die zuvor im Augarten Contemporary zu sehen war. Vardag benützt hier das Vokabular des Ausstellungsbetriebs. Anders als zum Beispiel Michael Asher geht es ihm dabei aber nicht bloß um die Offenlegung der Mechanismen und Methoden, die den institutionellen Bedingungen unterliegen, vielmehr gilt sein Augenmerk den ästhetischen Implikationen, die der Ausstellungsarchitektur eingeschrieben sind. Wandeinbauten oder Farbanstriche sind für sich stehende Entitäten. Die abgerissenen Papierflächen inszeniert Vardag als grafische Fläche, deren Weiß sich subtil vom Weiß der Wand abhebt und deren Risse als zeichnerische Qualitäten wahrgenommen werden können. Und eine Schiebetür umschließt ein Wandelement derart, dass Lücken und Spalten zwischen den Formen sich vom Negativ- in den Positivraum verkehren.
Das Hin- und Herzappen zwischen den Künsten, zwischen Film, Malerei, Grafik, Design, Architektur und Skulptur, eröffnet für Vardag ein Bezugssystem, das seine abstrakte Formensprache als Drama des Abwesenden in Szene setzt. Als Gegenpart zu Narration und Figuration kommen den Nichtfarben Schwarz und Weiß, Schatten und Graustufen, Licht und Dunkel und dem Flackern besondere Rollen zu. Die gezeichnete Linie hat bei Vardag als Konstruktionselement und als Sichtlinie ihren Auftritt. Die Komposition entnimmt der Künstler Fotohintergründen, wie sie in der klassischen Porträtfotografie zum Einsatz kommen. Linienbündel und Graustufen verdichten sich zu Bildatmosphären – bilden eine Architektur für das imaginierte Bild. Eine zentrale Stellung in Vardags Arbeiten nehmen filmische Projektionsflächen ein. Die Maße dieser Flächen entsprechen unterschiedlichen technischen und ästhetischen Seitenverhältnissen (wie 16:9, 4:3 oder Cinemascope) und stellen Bildverhältnisse dar, die über Fernsehen, Video oder Film codiert sind. Jeder kennt die veränderten Bildausschnitte, wenn ein Film, der im Verhältnis von 4:3 gedreht wurde, auf einem Bildschirm mit einem Verhältnis von 16:9 gezeigt wird. Diese Überlagerungen von unterschiedlichen Seitenverhältnissen überträgt Vardag wiederum in die dritte Dimension und fertigt Skulpturen aus Stahlrohren, die die Seitenverhältnisse nachzeichnen. Die Stahlrohre dienen als Stütze und Gestell, zugleich stehen sie für den filmischen Apparat und können darüber hinaus als Raumzeichnung gelesen werden. Während Tony Conrad in seinen Yellow Movies auf die standardisierten Formate von Foto- und Filmmaterial hingewiesen hat, befragt Vardag den Projektionsraum als gebaute Architektur, als Voraussetzung für den Erfahrungsraum Kino.
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