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Maria Lassnig – Zwiegespräche

Albertina

Maria Lassnig (1919–2014) zählt zu den bedeutendsten und außergewöhnlichsten Kunstschaffenden der Gegenwart. Konsequent verfolgte sie mit ihrem Werk das Ziel, ihre ureigene Körper-Wahrnehmung und Emotion auf Papier zu bannen. Es sind tiefgreifende Empfindungen, die im Zentrum ihrer Bilder stehen.
Die Albertina würdigt drei Jahre nach Maria Lassnigs Tod ihr zeichnerisches Werk mit einer Retrospektive und führt rund 100 der schönsten Zeichnungen und Aquarelle der Künstlerin zusammen. Bislang völlig unbekannte Blätter erweisen sich in der Schau als Schlüsselwerke – gemeinsam mit Vertrautem werfen sie ein neues Licht auf ihr Konzept der „Body Awareness“ und erschließen neue Einblicke in das vielseitige Werk der Österreicherin.

Blick nach Innen
Lange bevor Körperbewusstsein und das Verhältnis von Mann und Frau zentrale Themen der internationalen Avantgarde werden, macht Maria Lassnig ihren eigenen Körper zum Mittelpunkt ihrer Kunst. Das Sichtbarmachen von körperlichen Emotionen und das Nachspüren der Körperwahrnehmung bilden den Mittelpunkt ihrer „Body Awareness Paintings“. Humorvoll und ernst, sehnsuchtsvoll und gnadenlos zugleich bannt die Künstlerin ihre Selbstempfindungen auf das Papier. Nicht was sie sieht, sondern wie sie sich spürt, wird zum Bild. „Man malt wie man ist“, sagt die Künstlerin und bestätigt damit auch die ihr innewohnende Widersprüchlichkeit, mit den äußeren und inneren Wirklichkeiten unabdingbar im Gespräch zu sein.

Schon die eindringlichen Porträts, die noch zu ihrer Schulzeit in Kärnten entstehen, zeigen Lassnigs herausragende Begabung: Der genau beobachtende und schonungslos kritisch fragende Blick – anfangs noch in den Spiegel – dominiert markant das eigene Porträt und begleitet sie durch alle Jahrzehnte. Das Selbstbildnis bleibt das zentrale Thema der Künstlerin, wobei sie diesem kunsthistorisch verankerten und traditionsreichen Motiv völlig neue Dimensionen verleiht.

Bereits in den späten 1940er-Jahren entstehen die ersten „Körpergefühlszeichnungen“, die Lassnig noch „Introspektive Erlebnisse“ nennt. Sie stellt somit weit vor allen vergleichbaren Positionen in Europa und Amerika den eigenen weiblichen Körper in den Mittelpunkt ihres Schaffens. Zeichensprache und Umrisslinien definieren nicht nur die Form des abgebildeten Gegenstands, sondern transportieren schon bald verdichtete Spannung.

Künstlerin als Seismograf
Ende der 1960er-Jahre übersiedelt Lassnig nach New York. Die pulsierende Kunstszene, die Präsenz feministischer Positionen und Gruppierungen animieren sie dazu, Neues zu gestalten: Sie besucht einen Zeichentrickkurs, doch statt des angestrebten Nebenjobs bei den Walt Disney Studios resultieren daraus Zeichentrickfilme, in denen sie mittels „Körpergefühlszeichnungen“ ihre privaten Erlebnisse, Sehnsüchte und Erfahrungen umsetzt. Nach einem Aufenthalt in Berlin folgt die inzwischen 60-Jährige 1980 der Berufung an die Wiener Hochschule für angewandte Kunst als Professorin für Gestaltungslehre – experimentelles Gestalten. Wieder zurück in Wien dringt die Erkundung der Körperempfindungen bis zu den Nervenbahnen vor. Die Darstellungen vermitteln eine hochgradige innere Spannung, die die Künstlerin wie einen Seismografen reagieren lässt. Zahlreiche Arbeiten thematisieren den oft grausamen Umgang mit Tieren und der Natur, in ihnen werden Tiere allein oder gemeinsam mit menschlichen Figuren, oft Selbstporträts, dargestellt. Die beiden Realitätsebenen – das Gesehene sowie das innen Wahrgenommene – existieren dabei nebeneinander.

Kompromisslose Arbeitsweise
„Die Zeichnung kommt der Idee am nächsten“, meint Lassnig. So entstehen auch in den letzten Lebensjahren vorwiegend Bleistiftzeichnungen. Sie stellen die Essenz ihres Schaffens dar und sind zudem berührende Dokumente ihres Willens, sich dem schwächer werdenden Körper und dem daher filigraner und zittriger werdenden Strich zu stellen, der Empfindung schonungslos und unerbittlich durch die Spitze des Bleistifts Ausdruck zu verleihen. In ihrer Kunst bleibt sie bis zum Schluss frei, innovativ, visionär und kompromisslos. Ihr eigenständiger Beitrag, der ihre Entschlossenheit und ihre Aggressivität, ihre Verletzlichkeit wie auch ihre Brutalität und Härte sich selbst gegenüber in sich trägt, wird erst heute zunehmend international gewürdigt.

Eine Ausstellung der Albertina in Kooperation mit dem Kunstmuseum Basel.






  • 05.05.2017 - 27.08.2017
    Ausstellung »
    Albertina »

    Täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
    Mittwoch 10.00 bis 21.00 Uhr

     

    Erwachsene 11,90



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  • Maria Lassnig Gesichts-schichtenlinien, 1996 Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
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  • Maria Lassnig Kopf, 1963 Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
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  • Maria Lassnig Das Erinnern - das ist Liebe, 1997 Albertina, Wien © 2017 Maria Lassnig Stiftung
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  • Maria Lassnig Illustration eines Gedankens - "Les Antagonistes", 1963 Albertina - Dauerleihgabe der Oesterreichischen Nationalbank © 2017 Maria Lassnig Stiftung
    Maria Lassnig Illustration eines Gedankens - "Les Antagonistes", 1963 Albertina - Dauerleihgabe der Oesterreichischen Nationalbank © 2017 Maria Lassnig Stiftung
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  • Maria Lassnig, Juni 1983 Foto: © Kurt-Michael Westermann / Maria Lassnig Stiftung
    Maria Lassnig, Juni 1983 Foto: © Kurt-Michael Westermann / Maria Lassnig Stiftung
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