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Kunsthaus Züri

Kunsthaus Zürich zeigt mittelalterliche Plastik in der Reihe Bilderwahl!

Kunsthaus Züri

«Falke auf Schildkröte» ist das zentrale Objekt der Ausstellung Bilderwahl!, die das Kunsthaus Zürich vom 17. Oktober bis 4. Januar 2009 präsentiert.

Mittelalterliche Plastiken sind vor allem in ihren sakralen Formen bekannt, etwa als Schnitzaltäre mit Statuen von Heiligen und biblischen Gestalten. Geschnitzte Tiere finden sich als Dekorationen an Chorgestühlen oder als Attribute von Heiligen. Ein vollplastischer, überlebensgrosser Falke dagegen, der auf einer Schildkröte steht, ist eine Ausnahme, die Rätsel aufgibt. Dieses Objekt, welches zur Altmeister-Sammlung im Kunsthaus Zürich gehört, wurde von den Mitgliedern der Zürcher Kunstgesellschaft zum Zentrum einer kleinen Ausstellung gewählt. Gastkuratorin Sibyl Kraft stellt dieses aussergewöhnliche Kunstwerk in seinen kulturhistorischen Zusammenhang, geht möglichen Deutungen nach und sucht nach Hinweisen, die seine Entstehung erklären.
Die Zürcher Kunstgesellschaft erhielt die Skulptur 1960 zunächst als Dauerleihgabe; seit 2005 ist sie in ihrem Besitz. In einem Mitteilungsblatt des Trägervereins aus dem Jahr 1961 wird als «vorläufige und flüchtige Einordnung» des «Falken auf Schildkröte» eine Entstehung in Oberitalien um 1440 angenommen, eine Datierung und Lokalisierung, die seither nicht mehr hinterfragt worden ist. Für die Ausstellung wird die aus Holz geschnitzte, 62 cm hohe und rot-blau bemalte Skulptur nun erstmals einer gründlichen restauratorischen und naturwissenschaftlichen Untersuchung unterzogen. Das Kunsthaus hofft, Aufschluss über den Aufbau und die Art der Herstellung sowie über das Alter der Farbschicht zu erhalten, die präzisere Rückschlüsse auf den Zeitraum und den Ort der Entstehung des Kunstwerks zulassen.

Falken auf Schildkröte

ZUR SYMBOLIK VON FALKE UND SCHILDKRÖTE
Als Wappentier ist der Falke, anders als der Adler, selten. Er hatte jedoch im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine wichtige Funktion als Statussymbol des Adels. Im Hochmittelalter galt die Beizjagd, die über den arabischen Raum nach Europa gekommen war, als edelste Form der Jagd. Kaiser Friedrich II., der intensiven Kontakt zur arabischen Kultur pflegte, verfasste in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sein grundlegendes Buch über die Falkenjagd. Die Illustrationen in den erhaltenen Abschriften dieses Textes zeigen alle Einzelheiten des Umgangs mit den kostbaren Vögeln: von der Zähmung über die Abrichtung bis zur Pflege eines kranken Tieres. Noch im 18. Jahrhundert unterhielten die europäischen Fürstenhäuser Falkenhöfe für die kostbaren Beizvögel und Falkenmeister zu deren Pflege. Es erstaunt daher nicht, dass Darstellungen der Falkenjagd auf Wandmalereien, Teppichen, aber auch in Büchern und in der Kleinkunst ausserordentlich häufig sind. Der Falke wurde als Zeichen für den Adel so prägend, dass er auf vielen Bildern auch ausserhalb des Zusammenhangs mit der Jagd zu sehen ist. Berühmte Beispiele finden sich in der Manessischen Liederhandschrift, die im 14. Jahrhundert in Zürich illustriert wurde.

Der geschnitzte Falke des Kunsthauses ist ebenfalls im Zusammenhang mit dieser exklusiven, adligen Beschäftigung zu sehen. Wäre da nicht die Schild­kröte, könnte seine Bestimmung einfach in der Dekoration eines Falkenhauses liegen. Doch ein Falke schlägt Vögel im Flug und keine kriechenden Tiere. Demzufolge kann die Schildkröte keine Jagdbeute sein. Die Zusammenstellung der beiden Tiere lässt sich also nicht mit deren Natur oder Ernährungs­gewohnheiten erklären, sondern erfordert neue Ansätze der Erklärung - beispielsweise die Symbolik.

Die Bedeutung der Schildkröte ist geprägt von einer ausgesprochenen Ambivalenz, reicht sie doch von Sünde und Trägheit bis zu Unsterblichkeit, Keuschheit und Geduld. In einem Emblembuch aus dem 16. Jahrhundert erscheinen die beiden Tiere gemeinsam auf einem Bild. Die Schnelligkeit des einen und die Langsamkeit des anderen dienen zur Illustration der Einsicht, dass es in jeder Situation eine angemessene Geschwindigkeit gibt. Möglicherweise war die Figur also auch eine Ermahnung zur fürstlichen Tugend. Schon Friedrich II. sah im idealen Falkner zugleich den idealen Herrscher. Ob diese Spur zum Ursprung der Skulptur «Falke auf Schildkröte» führt, wird die Ausstellung zeigen.

Unterstützt durch Albers & Co.

BESUCHERHINWEISE
Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1, 8001 Zürich, www.kunsthaus.ch
Offen: Sa/So/Di 10-18 Uhr, Mi/Do/Fr 10-20 Uhr. Feiertage: 24./26. Dezember: 10-18 Uhr. 25.12. geschlossen. 1./2. Januar 2009: 10-18 Uhr
Eintritt: CHF 12.- / 8.- reduziert
Vorverkauf: Kombi-Ticket RailAway/SBB mit Ermässigung auf Bahnfahrt und Eintritt. Erhältlich am Bahnhof und beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min.), Gruppentarife möglich. Magasins Fnac, Tel. +33 1 4157 3212, www.fnac.ch

Kristin Steiner, Kunsthaus Zürich, Presse und Kommunikation
Tel. +41 (0)44 253 84 13


Ausstellung






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