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Als Kitsch noch Kunst war. Farbendruck im 19. Jahrhundert 10. Januar 2013 bis 17. März 2013

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Eine immer wichtigere Rolle in der ausufernden Bilderwelt spielten im letzten Drittel des Jahrhunderts die Plakate. Zunächst waren anspruchsvoller gedruckte Bildplakate selten. Im Format entsprachen sie bis in die 1890er Jahre hinein den Wandbilddrucken – das heißt sie waren in der Regel 50-70 cm breit – und wurden auch wie diese fast ausschließlich im Innenraum gehängt. Plakate, die in leuchtend hellen Farben für den Straßenanschlag gedacht waren, kamen erst mit dem Jugendstil nach 1890 auf. In der Frühzeit des Plakates dominierten die traditionellen Chromolithografien, deren Oberflächen nicht wetterfest waren und die daher mit Gemälden und Wandbilddrucken als Dekoration im Raum konkurrieren mussten. Entsprechen sorgfältig und voller Details wurden sie entworfen. Um trotz des kleinen Formates aufzufallen, wählte man oft humorvolle, mitunter auch absurde Motive, und nicht selten kam es zu unfreiwilliger Komik. So segelt beispielsweise auf einem Prager Plakat eine Weltkugel über dem Meer, darauf sitzt ein Indianer, der ein Klavier auf den Schultern trägt. Das sollte kundtun, dass die Piano-Fabrik Stingl in alle Welt exportiert. Die Werbung lag noch in den Kinderschuhen, und Strategien, wie wir sie von heute kennen, mussten erst entwickelt werden.

Ein letztes Kapitel ist dem künstlerischen Farbendruck gewidmet. Er setzte dort ein, wo die Ausstellung eigentlich aufhört: in den Jahren um 1890. Der Erfolg des industriellen Bilderdrucks hatte bewirkt, dass die führenden Künstler im 19. Jahrhundert sich von der Druckgrafik fernhielten. Lediglich die sogenannten Maler-Radierer schufen seit den 1860er Jahren in Kleinstauflagen Radierungen, einfarbig und individuell gezeichnet. Der Farbendruck war unter Künstlern völlig verpönt, galt er doch als rein industrielle Massenware. Erst um 1890 wagte sich eine junge Generation von Künstlern, unter dem Eindruck des Plakats, aber auch unter Berufung auf den hoch geschätzten japanischen Farbholzschnitt, an die farbige Grafik. Toulouse-Lautrec und seine Zeitgenossen leiteten damit die moderne Künstlergrafik ein.

Zuvor aber hatten Chromos, wie sie manchmal liebevoll genannt werden, einen Siegeszug um die Welt angetreten. Ein Vertreter des amerikanischen Lithografen-Verbandes sagte 1893 in New York: „Innerhalb weniger Jahrzehnte erhob sich der öffentliche Geschmack aus der Missachtung des Schönen (...) und schätzt nun die dekorativen Angebote, die eine großzügige Industrie so günstig gemacht hat, dass sie in die Reichweite Aller kamen, um ihr Heim zu verschönern. Die deprimierende Monotonie leerer Wände hat hellen Farben Platz gemacht. (...) Es gibt keinen Ort mehr, arm oder reich, wo man keine Bilder sieht.“

Die Ausstellung erzählt diese Erfolgsgeschichte in anschaulichen Beispielen. Die meisten Drucke, die damals in großen Auflagen erschienen, sind heute äußerst selten, und es gibt wahrscheinlich kein zweites Museum, das diese Geschichte ähnlich ausbreiten könnte. Umso wichtiger ist es, diesen Bestand bekannt zu machen, ihn zu veröffentlichen und damit einen gleichermaßen interessanten wie unterhaltenden – und auch bedeutsamen – Teil der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts wieder ans Licht zu holen. Die ungebremste Erzählfreude vieler Blätter lässt die rosigen Seiten des Industriezeitalters auferstehen.

Künstler: George Auriol, Paul Beckert, Hans Bohrdt, Ludwig Burger, Jules Chéret, Walter Crane, Godefroy Engelmann, Tony Faivre (Fotograf), Kate Greenaway, Peter Herwegen, Theodor Hosemann, David Levy-Elkan, Ludwig Lindenschmit, Henri Rivière, Edgardo Saporetti, Caspar Scheuren, Paul Signac, Heinrich Soltau, Henri de Toulouse-Lautrec, Bernhard Zickendraht und andere.

Stationen: Die Ausstellung „Als Kitsch noch Kunst war. Farbendruck im 19. Jahrhundert“ ist im Anschluss an die Präsentation im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg vom 22. März bis 9. Juni 2013 im Käthe Kollwitz Museum Köln zu sehen.

Katalog: Zur Ausstellung erscheint der Katalog „Als Kitsch noch Kunst war. Farbendruck im 19. Jahrhundert“ von Jürgen Döring im Deutschen Kunstverlag, hrsg. vom Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 128 Seiten, ca. 200 farbige Abbildungen, , 24,90 Euro

Kurator: Dr. Jürgen Döring








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    Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg