Fotostudio
Vienna’s Shooting Girls – Jüdische Fotografinnen aus Wien
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Ausstellung23.10.2012 - 03.03.2013
Vor 1938 waren der größte Teil aller Fotostudios in Wien in weiblicher, jüdischer Hand. Das Ausstellungsprojekt „Vienna’s Shooting Girls. Jüdische Fotografinnen aus Wien“ geht den Gründen dafür nach und macht ein großartiges Kapitel jüdischerWiener Frauengeschichte wieder sichtbar. Eine Auswahl an Arbeiten von ca. 40 Wiener jüdischen Fotografinnen bietet ein repräsentatives Bild der Geschichte der österreichischen Fotografie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.
Blättert man die Magazine und Illustrierten der Ersten Republik durch, so gewinnt man den Eindruck, dass Wien zu diesem Zeitpunkt eine Stadt der Frauen war – vor allem der jüdischen Frauen. Jüdische Fotografinnen prägten das kulturelle Leben der Stadt maßgeblich mit ihren Arbeiten. Die anspruchsvolle Wiener Porträtfotografie war zu diesem Zeitpunkt von Frauen dominiert, die meist aus liberalen jüdischen Familien stammten. Höhere Schulbildung und eine Berufsausbildung waren Teil des jüdischen Selbstverständnisses und die Berufstätigkeit von Frauen gewann zunehmend an Bedeutung. Fotografie war vor allem deswegen ein sehr attraktiver Beruf für Frauen, weil er keine akademische Ausbildung erforderte, die damals noch sehr schwer zu erlangen war. Mit der Fotografie bot sich eine realistische Möglichkeit zu reüssieren und auch künstlerisch ernst genommen zu werden. Studiofotografie konnte sogar von zu Hause aus betrieben werden, lediglich in eine technische Ausrüstung musste investiert werden.
Als eine der ersten Wienerinnen des 20. Jahrhundert erkannte Dora Kallmus das Potenzial der Fotografie als Karrierechance für Frauen. Sie verstand es, als Madame d’Ora einen eigenen unverwechselbaren Stil zu kreieren und mit großem Erfolg von Wien nach Paris zu exportieren. Österreichs Fotografinnen waren vor allem in der Mode- und Porträtfotografie führend. Mit der Emigration der meisten jüdischen Fotografinnen nach dem „Anschluss“ erfuhr ihre Tätigkeit nur wenig später einen radikalen Bruch, denn nicht allen gelang es sich im Exil wieder ein Standbein zu schaffen.
Die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien folgt dem Weg der Fotografinnen ins Exil und somit an das willkürliche Ende dieser Ära für Wien, erinnert aber auch an die Fortführung in anderen Ländern und Kontinenten. Gezeigt werden Arbeiten nicht nur von Madame d’Ora, Trude Fleischmann oder Edith Tudor Hart, sondern auch von wenig bekannten Frauen wie Hilde Zipper-Strnad oder Claire Beck.
Zur Ausstellung erscheint ein reich illustrierter Katalog mit 224 Seiten im Metro Verlag, ISBN-Nr. 978-3-99300-089-9 zum Preis von 27,90 € und ist im Bookshop Singer erhältlich.
Vienna’s Shooting Girls wird von Andrea Winklbauer und Iris Meder kuratiert und ist von 23. Oktober 2012 bis 3. März 2013 im Jüdischen Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien zu sehen. Das zu den Kulturbetrieben der Wien Holding zählende Museum ist von Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Für beide Museen (Dorotheergasse & Judenplatz) gibt es ein gemeinsames Ticket zum Preis von € 10, ermäßigt € 8, Gruppen € 7, Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr frei, SchülerInnen (ab 15 Jahren), Lehrlinge, StudentInnen (bis 27 Jahre), Zivil- und Präsenzdiener € 5. Freier Eintritt für Schulklassen, für die Schülerführung ist ein Kostenbeitrag von € 20 zu leisten. Weitere Informationen unter www.jmw.at.
Zur Ausstellung:
Einleitend wird den BesucherInnen ein Einblick in die Rahmenbedingungen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts gegeben. Frauen engagierten sich bereits seit den Anfängen der Fotografie in Österreich auch innerhalb der Photographischen Gesellschaft. Bemerkenswerterweise gab es im 19. Jahrhundert in Wien mit Adele Perlmutter und Rosa Jenik bereits zwei Hoffotografinnen. Um 1903 kamen auch Olga Baczynska und zahlreiche von weiblichen Mitgliedern der Familie Weitzmann geführte Studios in Wien hinzu.
Mädchenbildung war im liberalen Wiener jüdischen Bürgertum seit dem späten 19. Jahrhundert ein wichtiges Thema. So war der Anteil jüdischer Schülerinnen an Wiener Mädchenlyzeen zu Anfang des 20. Jahrhunderts prozentuell etwa achtmal so hoch wie der jüdische Bevölkerungsanteil in Wien. In der Folge ergriffen auch deutlich mehr jüdische als nichtjüdische Frauen einen Beruf. Die Präsenz beruflich erfolgreicher jüdischer Frauen in der Wiener Gesellschaft illustrieren nicht zuletzt auch ihre Porträts aus den Ateliers von Fotografinnen, die sich ihrerseits eine eigene berufliche Existenz geschaffen hatten. Die gewerbliche Studiofotografie stand Frauen so weit offen, dass sich viele von ihnen unter den meistbeschäftigten und ästhetisch anspruchsvollsten Fotografen ihrer Zeit platzieren konnten. Dora Kallmus‘ Studio wurde zum Lernort für junge Fotografinnen, deren Fotografien auch Jahre später noch das Vorbild anzusehen ist. Parallel zur Entstehung von Fotostudios in weiblicher Hand waren Frauen auch in der Szene der Amateur- und Kunstfotografen ihrer Zeit äußerst aktiv. Cécile Machlup, Betti Mautner und Käthe Serog waren Mitglieder in Amateurfotografen-Vereinen, stellten Fotografien aus, veröffentlichten in Zeitungen und Zeitschriften und wurden von ihren Zeitgenossen geschätzt und geehrt.
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