GEFÄHRDET – KO
GEFÄHRDET – KONSERVIERT – PRÄSENTIERT Der Korbinianaltar von Friedrich Pacher
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Ausstellung16.04.2010 - 18.07.2010
Seit der Eröffnung des Schaudepots Schatzhaus Mittelalter im Prunkstall des Belvedere vor drei Jahren finden regelmäßig Studienausstellungen statt, die auf einzelne Objekte bzw. Ensembles fokussiert und im Besonderen der Restaurierung und der damit verbundenen wissenschaftlichen Forschung gewidmet sind. Präsentiert werden neben aktuell restaurierten Werken der hauseigenen Sammlung auch bedeutende mittelalterliche Kunstwerke aus ganz Österreich – in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt.
DER KORBINIANALTAR VON FRIEDRICH PACHER Nur selten gelingt die Zusammenführung eines gotischen Flügelaltars, der vom Schicksal der Zerteilung betroffen war. Ein solches jüngst wiedervereinigtes Altarwerk wird nun im Schaudepot im Prunkstall erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: der Korbinianaltar der Wallfahrtskirche St. Korbinian in Assling im Osttiroler Pustertal. An diesem herausragenden Werk aus der Zeit um 1480 waren die Werkstätten zweier Meister tätig, die zu den führenden Künstlerpersönlichkeiten des ausgehenden Mittelalters in Südtirol zählen: Friedrich Pacher und seine Werkstatt schufen die gemalten Teile, die Skulptur des hl. Korbinian im Altarschrein wird dem in Brixen tätigen Bildschnitzer Hans Klocker zugeschrieben. Das Retabel diente ursprünglich als Hochaltar von St. Korbinian, wurde 1660 durch einen barocken Hochaltar ersetzt und hat heute seinen Standort an der Südwand der Kirche.
Der Freisinger Lokalheilige Korbinian (gest. um 730), der als Kirchenpatron in der Diözese Bozen- Brixen bekannt ist, war der erste Abt von Weihenstephan und Begründer des Bistums Freising. Dargestellt wird er als Bischofsfigur in Pontifikalgewändern mit seinem üblichen Attribut, dem Bären. Die Predella des Korbinianaltars zeigt mehrere Wunderszenen aus dem Leben des Heiligen. Im Vordergrund bezähmt er auf dem Weg nach Rom einen Bären, der sein Pferd gerissen hat und von Korbinians Diener Anserich das Gepäck aufgebürdet bekommt. Daneben schlägt Korbinian Wasser aus dem Felsen von Weihenstephan. Links im Hintergrund errettet er den Raubmörder Adalpert vor dem Tod durch den Galgen, daneben bringt ihm ein Adler einen Fisch als Fastenspeise, und schließlich weist Korbinian seinen Diener Anserich an, einen zahm nahe dem Ufer schwimmenden Fisch zu fangen.
Bis vor Kurzem war der kostbare Altar ein Torso: Der Schrein mit der Skulptur des hl. Korbinian und den Standtafeln der Heiligen Petrus und Paulus war vorhanden, zudem die Predella mit den Wunderszenen. Die Flügel waren jedoch bereits kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts aus der Kirche verschwunden und in den Kunsthandel gelangt. Sie galten bis zu ihrer Wiederentdeckung 1999 durch Ulrich Söding als verschollen. Der Münchner Kunsthistoriker fand die in vier Einzelbilder gespaltenen Flügel im Stedelijk Museum in Zutphen in den Niederlanden. Im Juli 2007 konnten die Flügeltafeln von der Landesgedächtnisstiftung Tirol bei Christie’s in London erworben werden, nachdem sie ein Jahr zuvor vom niederländischen Staat restituiert worden waren. Die Flügel zeigen entsprechend den Schreintafeln stehende Heilige in illusionistisch gemalten Nischen: auf den mit Goldgrund reicher ausgestatteten Flügelinnenseiten Florian und Magdalena unter gotischen Maßwerkbaldachinen, auf den Außenseiten Andreas und Korbinian in Muschelkonchen, die schon ganz der Renaissance verpflichtet sind und von Friedrich Pachers in vielerlei Hinsicht erkennbarer Auseinandersetzung mit italienischen Vorbildern zeugen.
DIE RESTAURIERUNG Der bedeutende Ankauf für das Land Tirol gab Anlass zur Restaurierung und zu naturwissenschaftlichen Untersuchungen des gesamten Altars. Aus konservatorischer Sicht stellte sich das Problem der unterschiedlichen Erhaltungszustände des Schreins und der Predella einerseits und der Flügeltafeln andererseits, die durch ihre lange Odyssee besonders stark gelitten hatten. Die Rekonstruktion des Retabels, bei der die vier gespaltenen Tafeln in neuen Rahmen entsprechend ihrer ursprünglichen Position zusammengefügt sind, ist keine authentische Wiederherstellung dessen, was an Material und Malsubstanz unwiederbringlich verloren ist. Nach den aktuellen Grundsätzen der Restaurierung und Denkmalpflege waren die Zusammenführung der Einzelteile sowie die Integration der heterogenen Restauriergeschichte und der Auswirkungen der ereignisreichen Geschichte des Altars in einer ästhetisch nachvollziehbaren Gesamterscheinung die entscheidenden Herausforderungen. Kein anderes Werk der Friedrich Pacher-Werkstatt wurde bislang in restauratorischer, kunsttechnologischer und naturwissenschaftlicher Hinsicht derart gründlich untersucht wie der Korbinianaltar. So konnten durch unterschiedliche Aufnahmetechniken (IR-Fotografie und IR- Reflektografie) die Unterzeichnungen sichtbar gemacht werden, die in der kunsthistorischen Auswertung interessante Einblicke in die Komposition und den Entstehungsprozess eines Bildes bieten und für die Autorenfrage von besonderem Interesse sind. Die aufwändigen Arbeiten – finanziert durch die Landesgedächtnisstiftung Tirol, das Amt der Tiroler Landesregierung (Abteilung Kultur) und das Bundesdenkmalamt – erfolgten in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamts mit dem Ziel, das Altarensemble künftig in einer möglichst einheitlichen Präsentation wieder in St. Korbinian aufzustellen.
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