AUF GOLDENEM G
AUF GOLDENEM GRUND.
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Ausstellung12.12.2008 - 14.04.2009
Seitens der Familie Liechtenstein bestand vor allem am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, verkörpert durch Fürst Johann II. von Liechtenstein (1858-1929), grosses Interesse an derartigen Objekten. Das Sammeln dieser Periode lag im Trend und erlangte zu dieser Zeit einen Höhepunkt. Johann II. konnte die bereits vorhandene Sammlung durch den Erwerb von bedeutenden Bildern der frühen italienischen Malerei erweitern, auch wenn es bereits damals nicht leicht war, diese Gemälde auf dem Kunstmarkt aufzuspüren. Der Fürst kaufte sehr oft direkt in Florenz und stützte sich bei seinen Ankaufsentscheidungen auf seinen Berater und „Fährtensucher" Wilhelm von Bode.
In ganz Europa unterwegs, war dieser nicht nur als Generaldirektor der königlichen Museen in Berlin für den Erwerb von Kunstwerken verantwortlich, sondern auch unterstützend für die Fürstlichen Sammlungen im Einsatz. Gemälde wie Lorenzo Monacos Maria mit dem Kind und zwei Engeln (um 1420) oder Naddo Ceccharellis Christus als Schmerzensmann (um 1347) konnten der Sammlung durch die Bemühungen des Fürsten hinzugefügt werden.
Der Grosszügigkeit des Fürsten Johann II. von Liechtenstein verdanken aber auch andere Museen in den ehemaligen Monarchieländern und in Wien ganz entscheidende Schenkungen. Viele der ehemals in den Fürstlichen Sammlungen befindlichen frühen italienischen Gemälde wechselten unter seiner Regentschaft den Besitzer. Seit 1879 trat der Fürst gegenüber der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien als Mäzen auf und überliess ihr rund 60 Schenkungen, darunter so bedeutende Gemälde wie den Tondo des Sandro Botticelli und Antonio da Fabrianos Marienkrönung. Anhand einer Leihgabe aus der Gemäldegalerie der Akademie, Jacopo del Sellaios Thronende Madonna mit Kind, dem Johannesknaben und Engeln, wird in der Ausstellung AUF GOLDENEM GRUND beispielhaft auf jene Beiträge des Fürsten sowie diesen speziellen Aspekt der Sammlungsgeschichte hingewiesen.
AUFWÄNDIGE TECHNIKEN UND VIELFÄLTIGE SCHICKSALE
Viele der Diptychen, Triptychen und Polyptychen sind heute in aller Welt verstreut. Um neueren und der Mode entsprechenden Altären Platz zu schaffen, wurden sie oftmals in Einzelteile zerlegt und andernorts wieder aufgestellt oder neuen Verwendungen zugeführt. Auch auf dem Kunstmarkt liess sich auf diese Art vor allem im 19. Jahrhundert mehr Profit machen. Nur wenige Altäre aus dem 14. und 15. Jahrhundert sind daher heute noch in ihrem ursprünglichen Zusammenhang zu bewundern. Isoliert und aus dem Gefüge gerissen, ist die Bedeutung und Verwendung der Täfelchen für den heutigen Betrachter oftmals nicht mehr nachvollziehbar. Die Rekonstruktion der Altäre ist eine grosse Herausforderung, die trotz profunder Forschungsarbeit auf diesem Gebiet vor allem aufgrund der Seltenheit der Werke leider nicht immer gelingt. Ziel der Ausstellung ist es daher auch, im Rahmen des derzeitigen Forschungsstandes auf
ursprüngliche Zusammenhänge hinzuweisen, und dem Publikum die besondere Pretiosität dieser Tafeln sowie deren ursprüngliche Verwendung und teils abenteuerlichen Schicksale bewusst zu machen.
Rekonstruktionen der Eingliederung von Einzeltafeln ergeben sich auf Basis der Provenienzen, des Stils, der Grösse, aber auch aufgrund der Goldgrundtechnik, des eingesetzten Materials, der Punzierungen oder aber der Anbringung von Scharnieren und Verbindungsstücken auf den Rückseiten. Einige der gezeigten Werke wurden mit Hilfe dieser Indikatoren mit anderen Gemälden in Verbindung gebracht und einem ursprünglichen Gefüge zugeordnet. So konnte unter anderem anhand der Punzierungen des Heiligenscheines des heiligen Markus (um 1410) von Andrea di Bartolo (um 1360/65-1428) aufgezeigt werden, dass dieser Teil einer Serie der vier Evangelisten war, von denen sich ein heiliger Matthäus und ein heiliger Johannes in einer Schweizer Privatsammlung erhalten haben. Caporales (um 1420- 1502/03) Tondi einer Predella mit den heiligen Petrus und Paulus (um 1467/70) wiederum wurden mit einem Vir
Dolorum aus dem Ashmolean Museum in Oxford in Verbindung gebracht. Das prominenteste Beispiel in diesem Kontext ist Der heilige Augustinus (1439-1444) von Stefano di Giovanni (gen.
Sassetta; um 1400-1450), der als Teil des berühmten Altares für San Francesco in Borgo San Sepolcro gilt. Dessen Platzierung im Gesamtzusammenhang des Polyptychons musste nach der Auffindung der so genannten scripta vom 23. Jänner 1439 (eine schriftliche Einigung der Auftraggeber mit dem Künstler über das inhaltliche Programm) neu überdacht werden. 2009 soll eine Publikation der Villa I Tatti - Harvard University Center for Italian Studies mit Beiträgen der führenden Sassetta-Experten die aktuellsten Erkenntnisse zu diesem Meisterwerk bringen.
Die Geschichte des Franziskusaltares scheint folglich noch lange nicht zu Ende geschrieben; für einige der in der Ausstellung gezeigten Altarfragmente, die noch nicht schlüssig zugeordnet werden konnten, öffnet sich künftig möglicherweise ebenfalls ein weiterführendes Kapitel.
Mehr als ein Drittel der gezeigten Werke datiert aus der Zeit vor 1400, jener Periode, aus der die wenigsten Gemälde bis heute überlebt haben. Diese Zeit repräsentiert beispielsweise die Tafel des bedeutendsten Malers aus Pisa, Francesco Traini (dokumentiert zwischen 1321 und 1345). Traini, dessen Madonna mit Kind (um 1325) eine unglaubliche Lebendigkeit vermittelt, stand in der Tradition der Sienesen Simone Martini und Lippo Memmi.