Alberto Giacom
Alberto Giacometti - Sehen im Werk.
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Ausstellung11.03.2011 - 22.05.2011
Vom 11. März bis 22. Mai präsentiert das Kunsthaus Zürich die Ausstellung «Alberto Giacometti. Das Sehen im Werk». Das Sehen ist die Basis aller bildenden Kunst. Wie kaum ein zweiter rückte der Schweizer Plastiker, Maler und Zeichner Alberto Giacometti (1901-1966) den Sehvorgang ins Zentrum seiner künstlerischen Suche. Anhand von rund 100 Skulpturen, Gemälden und Zeichnungen aus allen Schaffensphasen zeigt die Ausstellung, wie es Giacometti gelingt, den psychischen Vorgang des Sehens zu vergegen- wärtigen.
Am Beginn steht die genialisch frühreife Selbstverständlichkeit, mit welcher der im Bergell aufgewachsene junge Giacometti das Gesehene in künstlerische Formen umsetzen kann. An der Akademie in Paris, im wachsenden Bewusst- werden der Probleme des Wahrnehmens, verliert er diese Sicherheit. Diese tiefgreifende Schaffenskrise führt 1925 zu abstrahierender Formgebung und zum Surrealismus. Aufgeladen von den zwischen Eros und Tod oszillierenden Interpretationen der surrealistisch psychologisierenden Literaten wird das Sehen in zeichenhaften und metaphorischen Motiven ein zentrales Thema seiner Arbeit. Diese Überlegungen zum Wahrnehmungsprozess wirken über die Rückkehr zum Modellstudium um 1935 weiter und öffnen einen inneren Vor- stellungsraum, in dem die phänomenologischen Untersuchungen stattfinden können. Eine erste, langwierige Phase führt zur Formauflösung und immer kleiner werdenden Figürchen; erst in der zweiten findet Giacometti ab 1947 in den ganz schlank aufstrebenden Gestalten eine Möglichkeit, sein inneres Bild des Menschen zu fassen. Nach 1951 intensiviert er die Begegnung mit dem Gegenüber und vermag dessen Präsenz auch in der Körperhaftigkeit und im realen Raum zu steigern.
Mit einer präzisen Auswahl und Zusammenstellung «sprechender Werke» und knapper Texte soll der Besucher erleben können, wie der Künstler durch be- stimmte Überlegungen und Verfahren seinen Arbeiten den psychischen Vorgang des Sehens einschreibt.
VOM UNMITTELBAREN SEHEN ZUR BEWUSSTEN WAHRNEHMUNG Ausgangspunkt der von Christian Klemm kuratierten Ausstellung sind frühe Zeichnungen und Aquarelle – erstaunliche Zeugen für die Intensität, mit der Alberto schon als Jugendlicher seine Umwelt sah und in unreflektierter Un- mittelbarkeit erfasste. Schon jetzt dominieren die Augen und der Blick in den Selbstbildnissen und den Gesichtern der Eltern und Brüder. Im Übergang zum professionellen Künstler werden die Probleme der Wahrnehmung und der künstlerischen Umsetzung bewusst: Fragen der Grössenverhältnisse, der ver- schiedenen Stilisierungsmöglichkeiten, der Spannungen zwischen Fläche und Tiefe, zwischen Optischem und Haptischem. Das analytische Vorgehen Giacomettis bringt diese Fragestellungen für den Betrachter im Werk nach- vollziehbar zur Geltung, vor allem in den Aktstudien der Akademie und in einer Serie von Köpfen nach dem Vater.
VON DER ABSTRAKTION ZUM SURREALISMUS 1925 gerät Giacometti in eine tiefgreifende Schaffenskrise: er wendet sich von dem abbildenden Vorgehen zu dem von Kubismus und Stammeskunst ge- prägten modernen Stil. Das Sehen aber bleibt, nun als formbestimmendes in- haltliches Motiv, gerade in den wichtigsten Werken zentral. Der emblematische «Tête qui regarde», mit dem Giacometti zur Phalanx der innovativen Avantgarde-Künstler vorstösst, markiert zugleich die Schwelle zum Surrealis- mus. Hier sind das Auge und der Blick ein psychologisch hoch aufgeladener Bereich; in zeichenhaften Konstruktionen gestaltet Giacometti irritierende Metaphern für die unlösbaren Spannungen zwischen erotischer Aggression und tödlicher Fixierung.
DIE SUCHE NACH DEM PHÄNOMENOLOGISCHEN REALISMUS Die Auseinandersetzung mit den Surrealisten und ihrem Bemühen, das «Surreale», psychologische Vorgänge und innere Visionen ins Sichtbare zu heben, machte Giacometti deutlich, dass das Sehen primär ein mentaler Vor- gang ist. So sucht er, nachdem er sich 1934 von diesem Zirkel gelöst und sich wieder der sichtbaren Realität zugewendet hatte, das aus den äusseren Sinnes- reizen aufgebaute innere Bild zu erfassen. Im virtuellen Raum des Gemäldes gelang ihm dies erstmals mit dem Bildnis der Mutter von 1937. Schwieriger ist dies in der Skulptur zu erreichen: im Abbau herkömmlicher Stilisierungen drohen sich die Figuren ins Amorphe aufzulösen. Der Versuch, das plötzliche Erscheinen einer Person in weiter Ferne zu erfassen, führt zu winzigen Figür- chen auf übergrossen Sockeln: Skulpturen, die das optische Phänomen der starken Verkleinerung bei zunehmender Distanz thematisieren. Erst nach dem Krieg führen visionsartig überdeutliche Wirklichkeitserfahrungen zu überlangen Figuren, in denen Giacometti eine äussere Entsprechung für die innere Vorstellung findet. «La cage» und andere Kompositionen, die vor einem grossen Kopf kleine Figuren erscheinen lassen, bringen diese Subjekt-Objekt- Relation modellhaft zur Anschauung.
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