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JOHN CAGE. MUSEUMCIRCLE

Die Notation von John Cages Museumcircle aus dem Jahr 1991 lautet: „Im Museum (einer bestimmten Stadt) eine Ausstellung von Objekten aus anderen Museen (derselben Stadt) zu machen, die an zufällig bestimmten Positionen gehängt oder platziert werden. Um dies zu erreichen, stellt jedes Museum etwa ein Dutzend Gegenstände zur Verfügung. Aus diesen potenziellen Quellen werden durch Zufallsoperationen die tatsächlich zu verwendenden Exponate ausgewählt.“ Dieses einfache, aber überaus präzise Konzept zielt auf die vollkommene Enthierarchisierung von Objekten aus unterschiedlichsten Sammlungen ab. Die Ausstellung zeigt die Leihgaben nichtchronologisch, ahistorisch und dekontextualisiert. Der Komponist und Künstler entzieht die Objekte damit der vermeintlichen Deutungshoheit und Macht von Museen, die sich in der Anordnung, Rekonstruktion und Wertung historischer Artefakte und Zusammenhänge äußert.

Die endgültige Auswahl der Objekte und ihre Platzierung im Raum beruht auf einem Zufallsprinzip, das John Cage von Marcel Duchamp entlehnt hat. Er referiert hier auf Werke Duchamps wie Erratum Musical (1913) oder 3 stoppages étalon (1913/14). Bei der Arbeit Erratum Musical wurden die Noten für eine Komposition nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und bei 3 stoppages étalon ließ Duchamp einen horizontal gehaltenen Faden von einem Meter Länge aus einem Meter Höhe fallen. Der Künstler wiederholte diesen Vorgang drei Mal und fixierte die zufällig vorgefundenen Fadenverläufe mit Firnis. Auf hölzerne Messlatten übertragen, entstanden neue Maßstäbe des Zufalls als Richtschnur für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Dem verleiht Cage mit seinen 26 Statements Re Duchamp (1963) Ausdruck. Eines davon lautet: “One way to write music: study Duchamp.”

Ausgehend von I Ging, dem altchinesischen Buch der Wandlungen, entwickelte John Cage zusammen mit dem Komponisten Andrew Culver in den späten 1970er-Jahren einen sogenannten „Random Generator“ – ein computergeneriertes Zufallsprotokoll, um das Werfen von Würfeln oder einer Münze zu ersetzen. Unabhängig von Epoche, Format, Material oder Gattung insistiert diese Methode auch auf den ästhetischen Eigensinn der einzelnen Objekte im Sinne des objet trouvé. Laut Aussage des Künstlers ist der Museumcircle keine Ausstellung im traditionellen Sinne, sondern vielmehr eine Komposition für ein Museum: eine Art Quodlibet, ein gleichzeitiges Erklingen, wie Cage es schon 1949 anwendete. Subtil anarchisch und gleichzeitig befreiend, impliziert bereits der Titel einen Reigen, in dem mehrere Akte simultan stattfinden. Ganz nach Belieben können die Betrachter_innen selbst entscheiden, welchen Objekten sie besondere Aufmerksamkeit schenken möchten und welche Vergleiche oder Analogien, welche Dissonanzen oder auch überraschenden Koinzidenzen sich für sie einstellen.

Das MUSEUMMMKFÜR MODERNE KUNST vereint anlässlich dieses Ausstellungsprojekts von John Cage erstmals alle Frankfurter Museen.






  • Das MUSEUM GIERSCH widmet sich der Erforschung und öffentlichen Präsentation der Kunst im Rhein-...
  • 10.12.2021 - 20.03.2022
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