Keren Cytter, Mature Content
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Ausstellung26.01.2019 - 28.04.2019Museion »
Die Ausstellungssaison 2019 des Museion startet mit Mature content, der ersten umfassenden Einzelausstellung von Keren Cytter (*1977 in Tel Aviv, lebt und arbeitet in New York) in einem Museum in Italien. Als aufmerksame Beobachterin der Gegenwart, die geradezu obsessiv dokumentiert und verarbeitet, erzählt Keren Cytter in Videoarbeiten, Filmen, Zeichnungen, Installationen und Romanen von der heutigen Welt, die von den Medien und insbesondere den sozialen Medien geprägt ist.
Mit ihren Arbeiten, die sich durch einen hybriden Charakter auszeichnen und auf die französische Nouvelle Vague ebenso wie auf Dogma und die Telenovelas Bezug nehmen, untergräbt die Künstlerin herkömmliche Sprachkonventionen und Deutungsmuster. In ihren Montagen aus Impressionen, Erinnerungen und Fantasien bewegen sich vertraute Figuren in einem häuslichen Umfeld, das nur scheinbar heimelig ist. Cytter nutzt erzählerische Strategien wie Verfremdung und obsessive Wiederholung und erzeugt damit intensive, künstlich anmutende Szenen.
„Sie dekonstruiert, überlagert, lässt aus, überspringt, mischt, untertitelt, in Videos, die wie Fernsehen sind, wie Film, wie Seifenoper, wie Theater …, als wäre Vielschichtigkeit ihr zweiter Vorname“, so Marlene Dumas.
Das für das Museion entwickelte Ausstellungsprojekt spiegelt das obsessive Interesse der Künstlerin für das Verrinnen der Zeit wider – neben älteren werden auch neue Arbeiten sowie ortsspezifische Interventionen gezeigt. Der Titel Mature content spielt in ironischer Weise auf die Empfehlung für Filme „ab 18 Jahren“ an, auch wenn die Ausstellung sich auf die Lebensstufen des Menschen von der Kindheit über die Jugend bis zum Erwachsenenalter bezieht.
Die drei Lebensalter spiegeln sich im Ausstellungsrundgang wider: Ihnen sind drei Bereiche gewidmet, die eigens zu ihrer Versinnbildlichung eingerichtet wurden. Im Bereich zur Kindheit beispielsweise hängen auf Kinderaugenhöhe Zeichnungen auf Papier aus der neuen Serie Animal Farm: The Hamster’s dream (2018), die von Cytters Tätigkeit als Kinderbuchautorin zeugen.
Durch eine Öffnung auf Kindermaß, die also klein ist, gelangt man in einen geschlossenen Raum. Hier wird der erste Animationsfilm von Cytter überhaupt, The Coming (2018), erstmals gezeigt. Hauptfigur ist ein Hamster, der wie ein Schaf blökt und im Verlauf der Geschichte zwar berühmt wird, aber traurig und mutlos bleibt. Die Kindergeschichten von Keren Cytter sind wie immer auch für Erwachsene gedacht und bringen uns dazu, uns mit uns selbst auf eine Weise auseinanderzusetzen, wie wir es sonst eben nicht tun.
Auch die neuen, mit Filzstift direkt auf den Glasflächen der Fassade des Museion (an der Dantestraße) realisierten Farbzeichnungen sollen Verwirrung bei den Betrachtenden auslösen. Für diese lässt sich die Künstlerin von der umgebenden Kulisse und deren Reflexion auf dem Glas der Fassaden inspirieren.
Zu den ausgestellten Arbeiten zählen auch mehrere bekannte Filme, darunter Der Spiegel (2007), der sich mit dem Thema der Vanitas, der Sterblichkeit und der Vergänglichkeit der Existenz, befasst. Die Protagonistin, eine Frau knapp über 40, sieht sich mit ihrem eigenen Spiegelbild konfrontiert: Nachdem sie vom Objekt ihrer Begierde zurückgewiesen wurde, führt sie den Grund für ihr Unglück auf das Vergehen der Zeit zurück. In Four Seasons (2009) wiederum wird eine absurde Handlung erzählt, die Film noir, Thriller, Dokumentarfilm, Seifenoper und Melodram mischt. Die im Bereich „Jugend“ gezeigte Videoarbeit enthält diverse Referenzen auf Autorenfilme wie Endstation Sehnsucht nach einem Drama von Tennessee Williams oder Blow Up (1966) von Antonioni.
In The Coat (2010) sind Liebesbeziehungen das zentrale Thema. Hier inszeniert die Künstlerin eine dramatische Ménage-à-trois zwischen zwei dem Sudokuspiel verfallenen Brüdern und einer jungen Frau aus Ostdeutschland. Die Dreiecksbeziehung scheint der komplexen Logik des Zahlenspiels zu entsprechen. Wieder geht es Cytter darum, die Betrachtenden zu verwirren, indem sie der Dramatik des Inhalts und der Tonspur die Monotonie der Stimmen der Protagonist_innen gegenüberstellt.
Der jüngste Film Des Trous (2018) ist der dritten Lebensstufe, dem Erwachsenenalter zugeordnet und handelt von der Erinnerung. Als Instrument der Metamorphose, Transformation und Appropriation hat die Erinnerung in der Kunst von Keren Cytter eine stark funktionale Bedeutung. In ihrem Film lässt die Künstlerin ihr Leben in Israel Revue passieren, zeigt ihre Familie und Freunde in ihrem privaten Umfeld und erzählt parallel noch andere Geschichten wie die der Tel Aviver Rocksängerin Corinne Allal, deren französische Songs sie als Tonspur verwendet. Cytters Blick ist der distanzierte Blick einer Fremden, zugleich nisten sich Motten in den Bildern eines Freundes ein und fressen echte, aber auch metaphorische Löcher.
Abgerundet wird die Ausstellung mit Arbeiten über die Tätigkeit von Keren Cytter als Kuratorin von literarischen und poetischen Events sowie im Rahmen von A.P.E (art projects era), das sie gemeinsam mit den Kuratorinnen Maaike Gouwenberg und Kathy Noble gegründet hat. A.P.E unterstützt Projekte – Kunst, Performance, Publikationen–, die innerhalb institutioneller und traditioneller Formate nicht realisiert werden können. Die Ausstellung wird von einem Filmprogramm begleitet. Jeweils donnerstags wird die Videoarbeit Object (2016) im Wechsel mit den drei Filmen Experimental Film (2002), Game (2015) und Untitled (2009) gezeigt.
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INFO Keren Cytter, Mature content Kuratiert von Letizia Ragaglia Dauer der Ausstellung: 26/01–28/04/2019 Eröffnung: 25/01/2019, 19 Uhr. Die Künstlerin ist anwesend.
Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 10–18 Uhr; donnerstags 10–22 Uhr, ab 18 Uhr freier Eintritt und kostenfreie Führung um 19 Uhr. An den langen Donnerstagen sind ab 18 Uhr im Projektionsraum des Museion (Ebene -1) die Videoarbeit Object (2016) im Wechsel mit den drei Filmen Experimental Film (2002), Game (2015) und Untitled (2009) zu sehen.
Montags geschlossen. Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 3,50 Euro