"Katja Stuke/Oliver Sieber. Fotografie neu ordnen: Japanese Lesson"
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Ausstellung07.12.2018 - 02.06.2019
In den individuellen Arbeiten, die Katja Stuke und Oliver Sieber für die Ausstellung im MKG ausgewählt haben, konzentrieren sich die Künstler auf die einzelne Person und die Auseinandersetzung mit dem fotografischen Porträt, zeigen aber auch hier Reisende zwischen den Kulturen. Das Verhältnis von Mensch und Stadt, das gesellschaftliche Zusammenleben, aber auch die Assoziationen, die bestimmte Techniken der Bilderzeugung auslösen, thematisiert Katja Stuke in ihrer Arbeit CCTV (2000–2005). Hinter der Abkürzung verbirgt sich die im Englischen gebräuchliche Bezeichnung „Closed Circuit Television“ für die Videoüberwachung privater und öffentlicher Räume. Als Touristin getarnt fängt Katja Stuke auf Straßen und Plätzen unbemerkt Alltagsszenen mit dem Zoom der Videokamera ein. Aus dem Material wählt sie einzelne Szenen aus, die sie vom Bildschirm abfotografiert, um so aus wenigen flüchtigen Augenblicken die Geschichte einer fast zärtlichen Observation zu machen. Den selbstvergessenen japanischen Punk hebt sie mit ihrer Kamera so in einem scheinbar unbeobachteten Moment aus der Menge der anonymen Passanten hervor. Oliver Sieber zeigt einzelne Werke aus der Reihe J Subs (2006) – eine Anspielung auf eine der ersten britischen Punkbands UK Subs –, in der er in klassischen Brustporträts junge Frauen und Männer aus Osaka porträtiert, die sich Jugendkulturen zwischen Punk und Rockabilly zugehörig fühlen. In Kleidung, Accessoires, Frisuren, Haarfarbe und Make-up spiegelt sich zum einen die Suche nach der eigenen Individualität und Identität, zum anderen lassen sich diese Zeichen einer Gruppenzugehörigkeit aber auch als Absage an Normen und Konventionen einer stark reglementierten Gesellschaft verstehen.
Die Bilder aus den Serien CCTV und J Subs veranschaulichen zusammen mit einzelnen in die Ausstellung integrierten Stadtansichten, wie Stuke und Sieber die ganze Bandbreite fotografischer Techniken zwischen Installation, Serie, Fotofilm, Künstlerbuch und Einzelbild für ihr Projekt nutzen. Zugleich dienen ihnen diese Werke dazu, eigene Themen und Interessen mit Fotografien aus dem Bestand des MKG in Beziehung zu setzen und zu verschränken. Ein Augenmerk liegt dabei auf der konstanten Veränderung der Stadt Tokyo und dem Kontrast zwischen traditionellen Formen der Architektur und ihrer heutigen Erscheinung. Ihren eigenen Bildern aus Tokyo – etwa der Ansicht einer Brücke, unter der Obdachlose provisorische Hütten gebaut haben – stellen Stuke und Sieber Fotografien aus der Meji-Zeit, Bilder aus den 1930er Jahren von Kuwabara Kineo und 1977 entstandene Aufnahmen traditioneller Häuser von Takanashi Yutaka an die Seite. Stuke und Sieber haben außerdem auf den Spuren von Ishiuchi Miyako die Stadt Yokosuka besucht, in der sich noch heute die größte US-amerikanische Marinebasis in Japan befindet. In unmittelbarer Anknüpfung an die ebenfalls in der Ausstellung gezeigte Serie Yokosuka Story der Fotografin aus den Jahren 1977/79 gehen die Künstler dem in Japan weiterhin stark diskutierten Einfluss der Amerikaner auf Politik und Kultur des Landes nach. Die Bilder ihrer Arbeit Activism and Landscape kontrastieren Stuke und Sieber mit Fotografien von Kurita Kaku, der beginnend mit den Studentenprotesten der späten 1960er Jahre politische Demonstrationen in Japan fotografiert hat. Ihren Porträts und der Auseinandersetzung mit den popkulturellen Einflüssen auf Outfits und Auftreten japanischer Jugendlicher stellen Stuke und Sieber die Figur der Geisha aus der Meji-Zeit gegenüber. Diese Fotografien aus dem späten 19. Jahrhundert stechen noch heute durch ihre Handkolorierung hervor und wurden in Japan in großen Mengen vor allem für den touristischen Markt produziert. In dem Umstand, dass sie vor allem die westlichen Vorstellungen von der japanischen Frau spiegeln und weniger die tatsächliche Realität der sich zu dieser Zeit bereits radikal wandelnden japanischen Gesellschaft darstellen, verweisen sie noch einmal auf die Schwierigkeit, eine fremde Kultur mit Mitteln der Fotografie zu begreifen.
Katja Stuke (*1968 in Telgte) studierte Visuelle Kommunikation in Düsseldorf. Oliver Sieber (*1966 in Düsseldorf) studierte Visuelle Kommunikation in Bielefeldt und Düsseldorf. Seit 1999 arbeiten die beiden Künstler an gemeinsamen Projekten, darunter das Foto-Fanzine Frau Böhm, in dem sie eigene Werke unter einem Titel kontrastieren. Stuke und Sieber beschäftigen sich in erster Linie mit Fragen rund um das Porträt, das medial vermittelte Bild und die vom Pop beeinflussten Ausdrucksformen verschiedener Jugendkulturen. Unter den Pseudonym BöhmKobayashi sind sie in einer Vielzahl von Rollen als Fotografen und Künstler, als Kuratoren, Ausstellungsmacher, Gestalter und Verleger von Künstlerbüchern aktiv. Ihre Arbeiten wurden zuletzt im Kunstmuseum Bonn, im Museum Folkwang Essen, in der Kunsthalle Bremen und im Museum for Contemporary Photography Chicago ausgestellt. Unter dem Titel Innere Sicherheit / The State I Am In kuratierten Stuke und Sieber das Photoszene-Festival Köln 2016. Seit 2010 organisieren sie die Ausstellungsreihe ANT!FOTO und versammelten 2013 63 Statements unterschiedlicher Akteure zum Ant!foto-Manifest, einer Bestandsaufnahme zur Fotografie in Zeiten ihrer digitalen Omnipräsenz.
Neben den Arbeiten von Katja Stuke und Oliver Sieber zeigt die Ausstellung Fotografien von Enari Tsuneo, Hosoe Eikō, Ishiuchi Miyako, Kurita Kaku, Kuwabara Kineo, Robert Lebeck, Narahara Ikkō, Takanashi Yutaka, Tamamura Kihei und unbekannten Fotografen aus der Meji-Zeit.
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07.12.2018 - 02.06.2019
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr | Eintritt: 12 € / 8 €, Do ab 17 Uhr 8 €, bis 17 J. frei