Maler und Modell
Kissing und Kerstin
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Ausstellung04.02.2018 - 01.05.2018
Die Kunsthalle Rostock richtet dem Leipziger Künstler Erich Kissing vom 4. Februar bis 1. Mai 2018 eine große Werkschau aus. Unter dem Titel "Erich Kissing und Kerstin. Maler und Modell“ werden etwa 60 Gemälde von Erich Kissing gezeigt und damit nahezu sein gesamtes malerisches Werk. Ein zweiter Teil der Ausstellung thematisiert die Bedeutung des Leipziger Modells Kerstin für Kissing und eine Reihe weiterer Künstler, darunter Michael Triegel und Günter Rössler.
Selten gezeigt: Erich Kissing
Die Gemälde Erich Kissings sind nur selten öffentlich zugänglich; die letzte große Einzelausstellung richtete 2010 das Panorama Museum Bad Frankenhausen aus. Nun ergibt sich in der Kunsthalle Rostock die seltene Möglichkeit der Entdeckung dieses einzigartigen Werkes. Kissing (* 1943) studierte Malerei an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer. Die Überschaubarkeit seines 64 Gemälde umfassenden malerischen Oeuvres liegt begründet in der aufwendigen, feinmalerischen Technik, in der Kissing oft mehrere Jahre an einem Bild arbeitet. In ihnen entspinnen sich zumeist surreale Szenen: vom Künstler erfundene Flugapparate, gezähmte Mischwesen, Mondlandungen und Kentauren bevölkern die Bilder. Erich Kissing steht mit seinem Schaffen zweifellos in der Tradition des Symbolismus, doch fehlt seinen Gemälden jenes Dunkle, Religiöse, Sündige und Halluzinative, welches so charakteristisch ist für die Künstler jener Richtung. Vielmehr verhandelt er in seinen Bildern - mal sensibel, mal ironisch - die Beziehung zwischen Mann und Frau. Insbesondere wird dies in seinen Kentaurenbildern deutlich, wo aus den wilden, wollüstigen antiken Kreaturen, freundliche und umsorgende weibliche Mischwesen werden.
Kerstin. Ein Modell und seine Leipziger Künstler
Im zweiten Teil beschäftigt sich die Ausstellung mit der langjährigen Verbindung Kissings zu dem Leipziger Modell Kerstin: dieser zarte, ätherische Frauentypus, der in insgesamt 17 Gemälden Erich Kissings auftaucht: seit 1998 ist Kerstin sein Lieblingsmodell. Seit jeher haben weibliche Modelle eine besondere Bedeutung für Maler, Bildhauer und Fotografen. Die Kunstgeschichte kennt zahlreiche berühmte und teilweise berüchtigte Künstler-Modell-Konstellationen, in denen das Modell als ästhetische oder erotische Muse, als Maßstab des eigenen Schönheitsbegriffs, nicht selten als Lebensgefährtin des Künstlers wirkte. Die Besonderheit der Ausstellung liegt in der neuen Sichtweise auf Leipziger Kunst aus der Perspektive eines Modells. Leipzig und seine Kunstentwicklung nimmt dabei eine Sonderstellung ein: Die traditionelle Ausbildung an der dortigen Kunsthochschule, der Fokus auf gegenständliche, metaphorisch-fabulierende Malerei bildet die Voraussetzung für die Entwicklung der Bedeutung eines einzelnen Modells für eine Vielzahl Leipziger Künstler.
So zeigt die Ausstellung Arbeiten von Michael Triegel, Leif Borges und Dietrich Wenzel sowie Fotografien von Günter Rössler und Stefan Hoyer. Der Blick Leipziger Künstler auf Kerstin ist ein figurativer Blick, der sehr unterschiedlich ausfällt:
Die Arbeit Persephone und Orpheus (2012) von Michael Triegel (* 1968) zeigt Kerstin als Herrscherin der Unterwelt auf einem primitiven Holzthron. Michael Triegel kreiert seine Bildwelten aus Versatzstücken der Literatur, Kunst- und Kulturgeschichte, die von ihm neu kombiniert und interpretiert werden. Während Kerstin in den Werken Kissings häufig als Kentaur auftritt, so nimmt sie bei Triegel die Rolle der kühlen Persephone ein.
Der junge Leipziger Maler Leif Borges (* 1988) beschäftigte sich 2017, anlässlich seiner Meisterschülerprüfung, in einem Zyklus von acht Gemälden mit dem Modell Kerstin. In seinen Bildern sieht der Betrachter das Modell in traumhaften, fast surrealistischen Szenen. Im Gemälde Lucid Dreamer liegt Kerstin nackt auf einem Ausziehsofa in einer Pose, die an Tizians Venus, Manets Olympia oder Goyas Maja erinnert. Als würde sie sich selbst im Traum betrachten, tritt eine zweite Kerstin im Nachthemd an die Szene heran. Ihr Traumgefährte – ein Mann im lila Hasenkostüm – scheint sie durch diesen beunruhigenden Klartraum zu führen und legt ihr den Arm um die Schulter.
Die Zeichnungen von Dietrich Wenzel (* 1943) sind akribisch und präzise ausgearbeitete Porträts des Modells. Dem genauen Auge des Künstlers bleibt kein Makel, keine Unebenheit verborgen. Durch ein differenziertes Ausloten von Hell-Dunkel und dem genauen Beobachten des Lichtspiels auf der Haut oder den Oberflächen der Gegenstände entstehen Zeichnungen im naturalistischen Stil und von malerischer Qualität.
Die beiden Fotografen Günter Rössler (1926 – 2012) und Stefan Hoyer (* 1974) kreieren mit dem Medium der Fotografie einen weiteren Blickwinkel zum Thema Künstler und Modell. Anfang der 2000er entstehen die sehr kühl wirkenden Schwarzweißaufnahme Stefan Hoyers. Kurze Zeit darauf fotografiert auch der berühmteste Aktfotograf der ehemaligen DDR, Günter Rössler, das Modell. Kerstin wirkt auf seinen Fotos fast wie eine Skulptur, die aus dem dunklen Hintergrund herausgearbeitet ist. Doch wider Erwarten besitzen die Fotografien nicht die Perfektion und Austauschbarkeit jener Modelle der Mode- und Kosmetikfirmen, sondern zeigen eine sehr individuelle Frau mit ausgeprägten Zügen. Kerstin ist für die Maler und Fotografen eine Projektionsfläche, eine Figur, die in verschiedenste Rollen verwandelt werden kann.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog „Erich Kissing und Kerstin - Maler und Modell“ mit Gemälden und Fotografien von Erich Kissing sowie von Leif Borges, Stefan Hoyer, Günter Rössler, Michael Triegel, Günter Wentz und Dietrich Wenzel. (160 Seiten)
ISBN 978-3-932830-72-3, Preis: 19,90 Euro
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04.02.2018 - 01.05.2018
Öffnungszeiten der Kunsthalle Rostock:
Dienstag – Sonntag 11-18 Uhr
Montag geschlossenEintrittspreis:
8 Euro
6 Euro ermäßigt