RUEF – Landshut
Einzug osmanischer Sultane
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Auktion28.03.2020
Drei bedeutende und äußerst seltene Porträts osmanischer Sultane, die der Nachfolge Paolo Veroneses (1528–1588) zugeschrieben werden, kommen pünktlich zur Frühjahrsauktion bei Ruef zum Aufruf. Unter feinen, edlen Turbanen herausgeputzt und in seidene Gewänder gehüllt, blicken die Sultane Bajozeth I, Selim II und Ciriscelebei den Betrachter streng an. Steht doch an der Außenfassade des Hauses am Dreifaltigkeitsplatz in 3 m Höhe "Maria vom Siege", (Sancta Maria de Victoria), die Papst Pius V nach dem erfolgreichen Sieg in der Schlacht bei Lepanto (1571) die "Obsiegerin" gegen die Türken genannt hat und die alljährlich am 7. Oktober beim Fest "Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz" verehrt wird. Allerdings sind die einzigen Schlachten, die hier am Dreifaltigkeitsplatz geschlagen werden die nun schon legendär gewordenen "Bieterschlachten" im Hause Ruef.
Corona: Die Auktion findet ohne Saalpublikum statt!
Porträtreihen orientalischer Herrscher waren in den Sammlungen Westeuropas des 16. Jahrhunderts keine Seltenheit und gehörten sozusagen zum guten Ton oder zum "Must-Have" der Zeit und auch des Adels. Sie dienten meist repräsentativen Zwecken in Galerien, Palästen und Schlössern, wurden der Öffentlichkeit und geladenen Gästen gerne präsentiert und belegten den Umfang des kulturellen Rahmens ihres Besitzers in dem sich ein Fürst, oder Adeliger selbst sah oder sehen mochte.
Die ersten Vertreter der Porträtmalerei waren die Italiener Gentile Bellini (1429–1507) und Costanzo da Ferrara (1450 – nach 1524). Ferrara fertigte eine Porträtmedaille Mehmets II. und nahm mit diesem Werk großen Einfluss auf die Bildnisse der nachfolgenden osmanischen Herrscher in Europa. Bellini ist auch der Schöpfer des berühmten Porträts Mehmets II. des Eroberers (er eroberte 1453 Konstantinopel), das man in der Londoner National Gallery bewundern kann. Dieses Werk gilt als sog. Prototyp für sämtliche Herrscherdarstellungen der osmanischen Kunst. Allerdings wurden erst im 19. Jahrhundert Bildnisse der Herrscher öffentlich zur Schau gestellt. Nakkas Osman, dessen Arbeit zwischen 1560 und 1592 in Istanbul nachweisbar ist, erhielt von Sultan Murat III. (1674–1595) den Auftrag, eine Ahnengalerie anzufertigen. Höchstwahrscheinlich bediente er sich hierbei westlicher Vorbilder.
In einem christlichen Hafen ging im Jahre 1543 unter der Herrschaft des Großadmirales Hayreddin Barbarossa eine osmanische Flotte vor Anker. Man wollte diesen Hafen nicht erobern, sondern sich mit den Franzosen im Kampf gegen Kaiser Karl V. vielmehr vereinigen, nachdem die Osmanen ohnehin durch den Seesieg bei Preveza die Vorherrschaft im Mittelmeer innehatten. Der Großadmiral übergab dem Kapitän der französischen Flotte, Virginio Orsini, als Gastgeschenk ein kleines hölzernes Kästchen, das mit Ebenholz und Elfenbein intarsiert war und "elf Porträts osmanischer Sultane" auf feinstem Papier gemalt enthielt. Diese Porträts bekam der Kardinal Alessandro Farnese (1520–1589), ein Verwandter Orsinis, zu Gesicht und fand mehr als Gefallen daran. Er zeigte sie dem Bischof von Nocera, Paolo Giovio (1483-1552). Der Bischof, Sammler von Porträts und berühmter Persönlichkeiten, ließ diese elf Porträts für seine Sammlung kopieren. Ob nun dieses Geschenk vielleicht schon damals europäischer Herkunft war, da der Großadmiral überdies auch gute Kontakte zur christlichen Flotte Europas unterhielt, lässt sich nicht mehr klären, da diese Miniaturen verschollen sind. Als Grundlage muss man die Kopien Giovios nehmen, von denen allerdings nur noch eine erhalten ist und sich im Museum in Como befindet. Dieses Gemälde stellt das Porträt des Sultans Mehmed I (1413–1420) dar. Zwei italienische Künstler haben allerdings die Porträts Giovios noch im 16. Jahrhundert kopiert. Cristofano dell’Altissimo (1525–1605) und Tobias Stimmer (1539–1584) aus Schaffhausen. Cristofano kopierte sie für die Medici und Stimmer für einen Verleger namens Peter Perna. Noch heute hängen (nur) sieben Kopien Cristofanos in den Uffizien in Florenz. Drei der Sultane, Osman, Orhan und Murad I. gelten als verschollen.
Der venezianische "Bailo" Nicolo Barbarigo unterschrieb 1578 einen Brief an den venezianischen Dogen, dass sich der Großwesir Sokollo Mehmed Pascha (1565–1579) an ihn gewandt habe, damit er ihm Kopien der in Venedig vorhandenen Porträts der Sultane beschaffe. Der italienische Autor Ubaldo Meroni bekam heraus, dass nach dem Tode Tizians einzig die Werkstatt des Paolo Veronese (1528–1588) einem solchen Großauftrag gewachsen war und er fand vierzehn Sultanporträts, die bereits dem Umkreis Veroneses zugeschrieben worden waren. Er fand diese in München – heute in Würzburg –, nicht im Sultanpalast in Istanbul.
Anmerkung:
In der Staatsgalerie Würzburg befinden sich 14 Porträts osmanischer Sultane aus der Werkstatt (Nachfolge) Veroneses, wobei hier ebenso genau diese identischen "Drei Sultane" dargestellt werden. Weitere Kopien dieser Porträts osmanischer Sultane befinden sich u.a. in der Sammlung des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol auf Schloss Ambras, des Kunsthistorischen Museums in Wien, sowie im Schloss Reinhardtshausen bei Eltville, das im Besitz des Hauses Hohenzollern steht. Man kann also abschließend durchaus von einer kleinen "Sensation" auf dem Deutschen Kunstmarkt sprechen, da die letzten Jahrzehnte keine derartigen herausragenden Porträts osmanischer Sultane auf dem internationalen Kunstmarkt angeboten wurden.
Kunst & Auktionshaus Ruef OHG
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28.03.2020Auktion »
Auktionsdaten
Titel Frühjahrsauktion
Corona: Die Auktion findet ohne Saalpublikum statt
Datum 28.03.2020, 10:00 Uhr
Besichtigung Freitag 20. März 10 - 18 Uhr Samstag 21. März 10 - 16 Uhr Sonntag 22. März 10 - 16 Uhr Montag 23. März 10 - 18 Uhr Dienstag 24. März 10 - 18 Uhr Mittwoch 25. März 10 - 18 Uh