Frankfurt
STÄDEL ERWARB PORTRÄT PAPST JULIUS’ II. VON RAFFAEL UND WERKSTATT
-
Presse27.12.2011
Raffaels neuer Bildtypus des Papstporträts Am 27. Juni 1511 kehrte Julius – vollbärtig – in die Ewige Stadt zurück. Im Verlauf des nachfolgenden Dreivierteljahres ließ er sich von Raffael porträtieren, der mit dem Julius-Bildnis eines seiner einflussreichsten Werke schuf: Kein Papstbildnis bis hin zu denen des gegenwärtigen Papstes, kein Porträt eines hohen Kirchenfürsten, das sich nicht fortan am Vorbild von Raffaels Julius orientiert hat. Raffael stellt den Papst lebensgroß und in Dreiviertelfigur in einem Lehnstuhl vor einem grünen Vorhang sitzend dar. Leicht nach rechts gewandt, geht auch der konzentrierte Blick des Dargestellten in diese Richtung. Der Papst sitzt in sich gekehrt, doch nicht zuletzt der feste Griff der von einer Vielzahl von kostbaren Ringen geschmückten Linken um die Sessellehne lässt seine ungebrochene Energie erahnen. Über einem weißen Rochett, die sein bischöfliches Amt signalisiert, trägt der Papst Camauro und Mozzetta, einen kurzen, nur die Schultern bedeckenden Umhang mit Kapuze und eine eng anliegende Kappe. Aus purpurfarbenem Samt gefertigt und mit Hermelin gesäumt, machen diese beiden Kleidungsstücke Julius’ imperialen Machtanspruch unmissverständlich deutlich. Selbst das weiße Tuch in der Rechten des Papstes dürfte ein bewusste Anspielung auf jenes Tuch sein, mit dem antike Kaiser das Zeichen zur Eröffnung der Spiele im Circus Maximus in Rom gaben. Die großartige Farbkombination von Rot, Weiß und Grün wird durch das Braun und Gold des päpstlichen Sessels abgerundet, dessen Lehnen von zwei goldenen Eicheln bekrönt werden. Als Frucht der Eiche, des Wappenmotivs seiner Familie, diente die Eichel als allgegenwärtiges Emblem des Della-Rovere-Papstes.
Unterzeichnung und Detailgenauigkeit des Julius-Porträts im Städel Die vom Städel Museum erworbene Fassung des Porträts Julius’ II. besticht nicht nur durch ihre herausragende künstlerische Qualität. Außergewöhnlich sind – anders als bei den beiden bisher bekannten Versionen des Julius-Bildnisses in der National Gallery in London und in den Uffizien in Florenz – die umfangreichen, im Verlauf der Ausführung vorgenommenen schöpferischen Veränderungen, die durch gemäldetechnologische Untersuchungen wie Infrarotreflektografie und Röntgenaufnahme sichtbar gemacht werden können. So zeigt die mit einem Pinsel ausgeführte, überaus freie, die Komposition vorbereitende Unterzeichnung eine leicht von der endgültigen Lösung abweichende Position des Sessels. Die Eicheln der Sesselbekrönung, die auf das Familienwappen des Della-Rovere-Papstes anspielen, fehlen in der ersten Unterzeichnung und damit in der ersten Bildkonzeption noch ganz. Doch auch das unterzeichnete Gesicht des Papstes weicht in wichtigen Punkten von der gemalten Fassung ab; dies betrifft etwa die Gestaltung der Nase sowie des Mundes, dessen Winkel in der Unterzeichnung deutlich weiter nach unten gezogen sind als schließlich ausgeführt. Während die bisher beschriebenen Veränderungen bereits mit Beginn des Malvorgangs korrigiert wurden, brachte der Künstler die Rechte des Papstes anscheinend erst im Verlauf des Malprozesses in ihre heutige Position: Der Röntgenaufnahme zufolge scheint sie zunächst in Segenshaltung vor dem Oberkörper erhoben gewesen zu sein. Sie dürfte damit Raffaels Rollenporträt des Della-Rovere-Papstes als Gregor IX. bei der Übergabe der Dekretalen entsprochen haben, das er zur Entstehungszeit des Bildnisses in der Stanza della Segnatura freskierte.
„All diese Beobachtungen“, so Prof. Dr. Jochen Sander, „weisen dem Städel- Gemälde eine wichtige Position innerhalb des Vorgangs der Bildfindung dieser bedeutenden Komposition zu, an der Raffael selbst, aber vermutlich auch seine Werkstatt beteiligt war.“ Die Präzision und Sorgfalt, die auf die Ausführung der überaus lebendigen Gesichtszüge des Papstes und seiner Hände gelegt wurden, stehen in offenkundigem Gegensatz zur vergleichsweise simplen Art der Gestaltung des Rochetts – des weißen Gewandes – oder des Hintergrundes. Die Detailgenauigkeit, mit der die Fingerringe des Papstes ins Bild gesetzt wurden, übertrifft aber bei Weitem deren eher nachlässige Gestaltung in den beiden anderen bekannten Versionen, und auch die Verwendung von echtem Gold für die raffinierte Wiedergabe der Fassungen der Ringe und der feinen Goldfransen der Sesseldekorationen verdeutlicht gleichermaßen die herausragende Malkultur des Schöpfers dieses Gemäldes wie die exquisiten Erwartungen seines Auftraggebers.
-
Der Künstler lebte in dem kleinen Ort Hertogenbosch, also weit weg von jeder Kulturstadt. Die...
-
03.05.2024 - 01.12.2024Bereits seit den 1990er-Jahren arbeiten die beiden Künstler Markus Muntean (*1962, Graz,...
-
10.10.2024 - 12.01.2025Für die großen Meister des italienischen Barocks wie den Brüdern Agostino und Annibale Carracci,...
-
27.11.2024 - 23.03.2025Amsterdam – eine Stadt, viele Gesichter. Im 17. Jahrhundert ist Amsterdam die Metropole...
-
27.12.2011Presse »