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FERDINANDEUM

Alles fremd – alles Tirol

FERDINANDEUM

Stereotype
Kulturkontakte lassen Stereotype entstehen. In Abgrenzung zum Eigenen werden Vorstellungen vom Fremden festgeschrieben. Stereotype liefern eindeutige Strukturen und Einordnungssysteme. Sie reduzieren unterschiedliche Einflüsse auf überschaubare Größen und sind solchermaßen Orientierungshilfen und Vereinfachungen. Fixierte Vorstellungen können positiv wirken, das Gegenüber aber auch abwerten und erniedrigen. Dadurch sind Stereotype eine Grundlage von Nationalismus, Ausbeutung und Rassismus. Eine besondere Darstellung ethnischer Stereotype ist die sogenannte Völkertafel, die ein zentrales Objekt der Ausstellung ist. Die Tafel aus dem 18. Jahrhundert entstammt der Sammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien. Auf ihr sind die „in Europa befindlichen Völker“ aufgereiht und mit vermeintlichen Charaktereigenschaften versehen. Die Abgrenzung zum Anderen erfolgt auf der Völkertafel nicht nur über den Charakter, sondern auch durch Körper und Gesichter der Abgebildeten. Die Eigenschaften der westlichen Nationen sind durchwegs positiv, während beispielsweis der Moskauer als rauh und grob beschrieben wird.

Die Sammlung des Tiroler Volkskunstmuseum
Zahlreiche Objekte in der Sammlung des Tiroler Volkskunstmuseum wurden nicht in Tirol erzeugt oder verwendet. Die Anschaffung von Stücken ohne großen Tirol‐Bezug geht auf die Zeit zurück, als das Museum noch als Gewerbemuseum geführt wurde. Damals legte man Wert auf die Qualität der Erzeugnisse und ihre Vorbildfunktion. Nach der Eröffnung des Museums 1929 wollte man das größte Heimatmuseum der „deutschen Alpenländer“ sein – Fremdes fand solchermaßen kaum einen Platz. Karl C. Berger und Anna Horner, die beiden KuratorInnen der Ausstellung, betonen: „Es ist erstaunlich, von welch vielfältigen Einflüssen die Objekte aus unserer Sammlung berichten können. Wir versuchen, anhand ausgewählter Beispiele die Vielschichtigkeit der Tiroler Kultur zu zeigen. Es geht uns um neue Blicke auf bekannte Objekte, um die Wahrnehmung des Fremden und die Bedeutung dieser Austauschprozesse. Unser Ziel ist es, diese oft vernachlässigten Aspekte der Kulturgeschichte Tirols sichtbar zu machen.“

Die Ausstellung
Die Sonderausstellung erstreckt sich über zwei Räume im zweiten Obergeschoß des Museums. Das gestalterische Konzept wurde vom Architektenpaar Celia Di Pauli und Eric Sidoroff umgesetzt. Der erste Raum erinnert an einen Pop‐up Store. Schubladen und Rahmen greifen das ordnende und rasternde Prinzip des stereotypen Denkens auf. Die Gestaltung des zweiten Ausstellungsraumes nimmt sich ein Vorbild an der Studiensammlung des Museums, in der die Kernsammlung über Zunft und Handwerk strukturiert in Holzvitrinen aus den 1960er Jahren ausgestellt ist. Die Pultvitrinen in der Schau haben gegenläufige Schubladen eingebaut. Zieht man eine Schublade heraus, schiebt sie sich auf der anderen Seite hinein. Das Spiel soll Wechselwirkungen und Kommunikationsprozesse, die Kultur ausmachen, veranschaulichen. Indem die Schau auf bestehende Objekte und Kulturtransfers hinweist und Zusammenhänge sichtbar macht, bietet sie neue Deutungsmöglichkeiten. Die Ausstellung soll ein Ort des Fragens, des Diskurses und der Diskussion sein – nicht ein Ort vorgefertigter und vorgegebener Antworten.

Migration als Teil der Kulturgeschichte Tirols
Die Ausstellung „Alles fremd – alles Tirol“ ist Ausgangspunkt einer intensiven Beschäftigung mit der Migrationsgeschichte Tirols. Die Initiative hat zum Ziel, Migration als wichtigen Teil der Kulturgeschichte zu präsentieren und erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für MigrantInnen Tirol (ZeMiT), der Universität Innsbruck, dem Tiroler Bildungsforum, dem Land Tirol und der Stadt Innsbruck. Das Begleitprogramm zur Ausstellung bietet u. a. zweisprachige Führungen, Workshops und Erzählcafés. Ein Höhepunkt ist das Fest der Vielfalt am 21. Mai, das in Zusammenarbeit mit der Stadt Innsbruck organisiert wird. Zentrale Bedeutung kommt einem Sammelaufruf zu, der gemeinsam mit dem ZeMiT Ende März gestartet wurde. Die Bevölkerung ist dazu auffordert, Objekte, die in Zusammenhang mit dem Thema Zuwanderung stehen, zur Verfügung zu stellen. Gesammelt werden Fotos, Briefe, Musikkassetten, Spielzeug, Handarbeiten, Dokumente, Werkzeuge, Kleidungsstücke etc. Besonders alltägliche Objekte und deren Geschichten sind für die Sammlung interessant. Man kann die Gegenstände als Schenkung oder als Leihgabe im ZeMiT übergeben.

BEGLEITPUBLIKATION
Zur Ausstellung erscheint die Begleitpublikation „Alles fremd – alles Tirol“; mit Beiträgen von Karl C. Berger, Hubert Bergmann, Franz Gratl, Edith Hessenberger, Gerhard Hetfleisch, Helene Hoffmann, Christina Hollomey‐Gasser, Anna Horner, Peter Huemer, Anita Konrad, Konrad Köstlin, Gabriele Marcon, Helmuth Oehler, Annemarie Regensburger, Dirk Rupnow, Walter Sauer, Wilfried Schatz und Ingo Sauer. ISBN 978‐3‐900083‐66‐3, 176 Seiten, Preis € 24,90






  • 22.04.2016 - 06.11.2016
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    FERDINANDEUM
    Archäologie, Kunst vom Mittelalter bis in die Gegenwart, Musikinstrumente
    DI - SO, 9 - 17 UHR
    BIBLIOTHEK DI - FR, 10 - 17 UHR

    MUSEUMSTRASSE 15
    6020 INNSBRUCK



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  • Völkertafel, um 1725, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien (Ausschnitt)  © Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien / Birgit & Peter Kainz, faksimile digital
    Völkertafel, um 1725, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien (Ausschnitt) © Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien / Birgit & Peter Kainz, faksimile digital
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  • Druckmodel Pfau, Holzschnitt mit Messingstiften, 19. Jh.  © Gerhard Watzek
    Druckmodel Pfau, Holzschnitt mit Messingstiften, 19. Jh. © Gerhard Watzek
    Tiroler Landesmuseen
  • Blick in die Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum, 22.4. - 6.11.2016. Färbetechnik, Farbstoff sowie Muster des indischen Blaudrucks gelangten Mitte des 16. Jahrhunderts nach Holland und England und auch nach Tirol.  © Wolfgang Lackner
    Blick in die Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum, 22.4. - 6.11.2016. Färbetechnik, Farbstoff sowie Muster des indischen Blaudrucks gelangten Mitte des 16. Jahrhunderts nach Holland und England und auch nach Tirol. © Wolfgang Lackner
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  • Blick in die Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum, 22.4. - 6.11.2016. Um eine Andersartigkeit vor Augen zu führen, werden Körper und Gesicht zum Kriterium.  © Wolfgang Lackner
    Blick in die Ausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum, 22.4. - 6.11.2016. Um eine Andersartigkeit vor Augen zu führen, werden Körper und Gesicht zum Kriterium. © Wolfgang Lackner
    Tiroler Landesmuseen
  • Schild eines Tabakladens, Klausen, um 1820  © Gerhard Watzek
    Schild eines Tabakladens, Klausen, um 1820 © Gerhard Watzek
    Tiroler Landesmuseen
  • Krippenfiguren einer Papierkrippe, 1. Drittel 19. Jh., Georg (1772-1838) und Felix Haller (1808-1883) Götzens/Terfens  © Gerhard Watzek
    Krippenfiguren einer Papierkrippe, 1. Drittel 19. Jh., Georg (1772-1838) und Felix Haller (1808-1883) Götzens/Terfens © Gerhard Watzek
    Tiroler Landesmuseen
  • Völkertafel, um 1725, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien  © Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien / Birgit & Peter Kainz, faksimile digital
    Völkertafel, um 1725, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien © Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien / Birgit & Peter Kainz, faksimile digital
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