Body Performance
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Ausstellung30.11.2019 - 20.09.2020
Am 29. November 2019 eröffnet in der Berliner Helmut Newton Stiftung die Ausstellung „Body Performance“ mit Werken von Vanessa Beecroft, Yang Fudong, Inez & Vinoodh, Jürgen Klauke, Robert Longo, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton, Barbara Probst, Viviane Sassen, Cindy Sherman, Bernd Uhlig und Erwin Wurm.
Performance ist eine eigenständige Kunstform, und die Fotografie ist ihr ständiger Begleiter. In dieser Gruppenausstellung werden erstmals Fotosequenzen vereint, deren Ursprung in Performances, in Tanz- und Bühnengeschehen liegt, ergänzt durch eine paraphrasierte Street Photography und konzeptionelle Bildserien. Stets steht der Mensch und sein Körper im Mittelpunkt, und der Fotograf oder die Fotografin hat die jeweilige Aktion dokumentiert oder interpretiert, häufig auch initiiert. Die enge Verbindung zwischen Performance, Happening und Aktionskunst mit der Fotografie besteht bereits seit vielen Jahrzehnten und reicht von den Dadaisten und Surrealisten über die Wiener Aktionisten bis zu den aktuellen Körperinszenierungen im öffentlichen Raum eines Spencer Tunick. Mit den Werken der dreizehn international renommierten Künstler*innen entsteht in den Ausstellungsräumen der Helmut Newton Stiftung eine multiple Bühne, auf der wir unterschiedlich agierende, fotografierte Menschen sehen, die in parallele, tagtraumartige Realitätsebenen zu rutschen scheinen. 
 Eine für das Werk von Helmut Newton relativ unbekannt gebliebene Serie, die seit den 1980er-Jahren in Monte Carlo entstand, sind die Aufnahmen des dortigen Balletts. Statt auf einer klassischen Bühne fotografierte er die Tänzer und Tänzerinnen auf den Straßen Monacos, den Treppenstufen hinter dem berühmten Casino, nahe eines Notausgangs im Theatergebäude oder nackt bei sich zuhause. So deklinierte er auch mit den Akteuren des Ballet de Monte Carlo eine Kompositionsidee durch, die unnachahmlich für sein Werk steht: Naked and Dressed – und thematisiert erneut das Wechselverhältnis von Exhibitionismus und Voyeurismus.
Dieses begegnet uns ebenfalls bei Bernd Uhlig und seinen Interpretationen der Tanzperformances von Sasha Waltz, die er seit vielen Jahren begleitet. Denn Waltz schickt ihre Tänzer und Tänzerinnen auch schon mal nackt auf die Bühne. Für die Tanzfotografie ist die Figur-Raum-Komposition ein entscheidender formaler Aspekt, doch die Dokumentation des Bühnengeschehens bleibt stets auch Interpretation; im Fall von Bernd Uhlig und Sasha Waltz findet die visuelle Materialisierung einer genuin flüchtigen Kunstform eine geradezu kongeniale Verbindung. Mal zeigt er uns nahansichtige, gleichsam eingefrorene Gesten, mal das gesamte Bühnengeschehen im Sekundenbruchteil. So spielen in Uhligs Aufnahmen, wie in Waltzs Inszenierungen, Architektur und die Sinnlichkeit des Körpers abwechselnd die Hauptrolle.
Die italienische Künstlerin Vanessa Beecroft stellt in ihren großangelegten Performances nackte oder bekleidete Frauen auf und aus, was einer Tanztheaterinszenierung nicht unähnlich ist. Dies geschieht meist in Galerien und Museen, und häufig sind es öffentliche Veranstaltungen. Die Frauen sitzen dort an langen Tischen oder bilden stehend eine Formation, sie bewegen sich während der stundenlangen Aktionen nur im Zeitlupen-Tempo, während Beecroft diese „bewegte Bewegungslosigkeit“ fotografisch dokumentiert. Die Performance und ihr Bild sind letztlich gleichberechtigt im Werk. In ihrer legendären Performance „VB 55“ in der Berliner Nationalgalerie hat sie im Jahr 2005 einige Dutzend Frauen in transparenten Nylonstrumpfhosen aufstellen lassen; sie waren bekleidet und doch nackt, was Helmut Newtons Bildidee Naked and Dressed interessant paraphrasiert.
Jürgen Klauke hat in seiner lebensgroßen „Viva España“-Serie (1976/1979) dagegen nur zwei Menschen interagieren lassen; einen Mann und eine Frau, die auf einer dunklen Bühne einen sonderbaren Tanz aufführen. Von beiden Protagonisten sehen wir nur die Körper: der Mann steht, die Frau wirbelt kopfüber gleichsam um ihn herum. Die sukzessive Betrachtung der mehrteiligen Sequenz führt allerdings zur Illusion einer Bewegung zurück. Klauke lässt die bekleideten bzw. halbbekleideten Körper von Mann und Frau gleichsam verschmelzen, ähnlich wie er es zeitgleich in zahlreichen Travestie-Selbstporträts, das Weibliche und Männliche nivellierend, realisiert hat.
Erwin Wurm geht einen absurd-humoristischen Schritt weiter, wenn er Menschen um eine Miniperformance vor der Kamera bittet, die nur eine Minute dauert. Die Mitspieler verwandeln die Straße, Innenräume oder eine Erwin Wurm- Ausstellung mit entsprechenden interaktiven Objekten zu einer Bühne für die „One Minute Sculptures“. Es sind mal kuriose, mal alberne Verrenkungen und Verdrehungen, die Wurm sich für die Besucher ausdenkt, die für einen kurzen Zeitraum selbst zu einem Kunstwerk werden. Nicht immer gelingen die Versuche, auf schmalen Flächen zu liegen, seinen Kopf in eine Kiste zu stecken oder zwei Tassen auf dem Rücken liegend auf den ausgestreckten Beinen zu balancieren.
Viviane Sassen begeistert seit Jahren die Modefotowelt. Auch sie arbeitet in erster Linie mit dem menschlichen Körper, etwa indem sie ihn aufs Äußerste für eine Aufnahme verdreht. Die Modelle werden von ihr eigenwillig choreographiert und inszeniert, beispielsweise farbig bemalt, verschattet, gespiegelt, durch Gegenstände überlagert und zumeist in fotografischen An- und Ausschnitten entindividualisiert, eine Methode, die wir aus dem Surrealismus kennen. Gelegentlich kehrt sie sogar das allgemein gültige statische Gefüge von oben und unten um, was zu einer gewissen Orientierungslosigkeit in der Rezeption führt.
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30.11.2019 - 20.09.2020
di, mi, fr, sa, so 11-19 uhr
do 11-20 uhr